Aktuelles

ProfiPress

Agentur für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, journalistische und redaktionelle Dienstleistungen.

Nachrichten

Mechernicher im Zentrum jüdischer Gemeinden

Mechernicher im Zentrum jüdischer Gemeinden
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Hauptschullehrerin Gisela Freier waren mit einer kleinen Delegation vom Bleiberg freundschaftliche Gäste beim Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Nordrhein in Düsseldorf – Anerkennung für die Aufarbeitung der eigenen jüdischen Vergangenheit in Mechernich – “Bürgermeister ein mutiger Mann”
Mechernich/Düsseldorf – Eine kleine Mechernicher Delegation um Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Hauptschullehrerin Gisela Freier war Gast beim Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein in Düsseldorf.
Eingeladen hatte sie Wilfried Johnen, der Geschäftsführer dieses Verbandes, der die jüdischen Kultusgemeinden Aachen, Bonn, Düsseldorf, Duisburg, Mülheim/Oberhausen, Mönchengladbach, Krefeld, Essen und Wuppertal umfasst. Die jüdische Gemeinde Köln gehört nicht dazu, sie bildet einen eigenen Landesverband.
Die Mechernicher kamen zu der Ehre, sämtliche Einrichtungen einschließlich Synagoge und Schule zu besichtigen und gemeinsam mit Erwachsenen und Kindern koscher Mittag zu essen. Wilfried Johnen legte ausgesprochenen Wert auf eine unspektakuläre und familiäre Atmosphäre. Bereits seit Jahren beobachtet er mit einigem Wohlwollen die Auseinandersetzung in der Stadt Mechernich mit ihrer ausgesprochen blühenden jüdischen Vergangenheit und ihrem jähen und brutalen Ende in der NS-Zeit.
Johnen war schon vor Jahren bei der Errichtung eines Grabsteins für die Kommerner Familie Levano durch die Grundschule Kommern mit von der Partie. Er verfolgt und begleitet auch die von dem Kölner Künstler Gunter Demning und der Mechernicher Lehrerin Gisela Freier initiierte Stolpersteinaktion, während der auch in Kommern und Mechernich vor den Häusern früherer jüdischer Mitbürger symbolisch Stolpersteine ins Pflaster eingelassen wurden.
Bei seinen Besuchen in der Stadt Mechernich, unter anderem bei Aktionen und Ausstellungen, die Gisela Freier mit ihren Schülern von der städtischen Hauptschule Mechernich vorbereitete und umsetzte, fiel Wilfried Johnen immer wieder Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick auf, der offen und ziemlich unerschrocken mit der jüdischen Vergangenheit Mechernichs und ihrer brutalen Auslöschung im Holocaust umgeht.
Den Ausschlag für die jetzt ausgesprochene freundschaftliche Einladung ins Herz der jüdischen Gemeinden von Nordrhein hatte die Einweihung des neuen Mechernicher Rathauses gegeben. Bei seiner Ansprache hatte der Bürgermeister noch einmal das alte Rathaus in den Blick genommen, das dem modernen Neubau hatte weichen müssen. Vor falscher Nostalgie warnend ging der Rathauschef auf die Nazizeit ein, während der die Ungeheuerlichkeiten gegen die Mechernicher Bürger jüdischen Glaubens und andere Regimegegner im Rathaus bürokratisch verwaltet worden waren.
“Was für ein mutiger Mann”, befand der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein, der ebenfalls zur Rathauseinweihung eingeladen worden war. Kurze Zeit später, so Gisela Freier, folgte die Einladung ins Herz der jüdischen Gemeinden des Rheinlandes nach Düsseldorf. Mit Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Gisela Freier reisten unter anderem auch Wolfgang Freier, Hauptschulleiter Heinz Wolfgarten und Christine Hiller aus Kommern mit nach Düsseldorf. Letztere hat sich im Andenken an die Kommerner Juden, unter anderem bei der dortigen Stolpersteinaktion, Verdienste erworben.
Wilfried Johnen stellte den Mechernichern die Verwaltung des Landesverbandes ebenso vor wie Synagoge, Gemeindezentrum, Schule und Kindergarten der jüdischen Gemeinde von Düsseldorf. Auch soziale Probleme klammerte der Geschäftsführer keineswegs aus. Die Auswanderung Hundertausender Menschen jüdischen Glaubens aus der früheren Sowjetunion ließ allein die jüdische Gemeinde von Düsseldorf von 1500 auf 7500 anwachsen.
“Integrieren Sie mal 6000 in 1500”, sagte Johnen den Mechernichern, um die bis heute andauernden Sprach- und Sozialprobleme anzudeuten. Die Wohlfahrt sozial schwacher Gemeindemitglieder ist heute eine der Hauptaufgaben.
Gleichwohl genießt die Jüdische Grundschule im weiten Düsseldorfer Umfeld ausgezeichneten Ruf, auch in christlichen Elternhäusern. Die Zahl der Anmeldungen übersteigt die Kapazität regelmäßig um das Doppelte. Die Kapazität der Grundschule umfasst 150 Schüler, die des jüdischen Kindergartens 100 Kinder.
“Erziehungsziel ist es, den jungen Menschen eine stabile jüdische Identität zu vermitteln”, sagte Jonathan Grünfeld, Religionslehrer und Koordinator für die jüdischen Fächer, den Mechernichern. In der Grundschule wird im Kontext mit den an staatlichen Schulen üblichen Fächerkanon Religion unterrichtet, außerdem lernen bereits die Grundschulkinder Althebräisch, um die Tora, die fünf Bücher Mose, zu verstehen – und wahlweise auch Neuhebräisch. Eine stramme Leistung, wenn man bedenkt, dass sich gerade die Kinder von Neuankömmlingen aus dem Osten parallel auch noch Deutsch als erste Fremdsprache aneignen müssen.
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick dankte Wilfried Johnen nicht nur für die Einladung und die Gastfreundschaft, sondern vor allem dafür, “dass jüdische Menschen nach dem Krieg in Deutschland geblieben sind, neue Freundschaften geschlossen und neue jüdische Gemeinden begründet haben.” Jüdische Menschen, so Schick, hätten deutsche Geschichte und Kultur maßgeblich beeinflusst, ehe ein deutsches Unrechtsregime Vernichtung über sie verhängte. Es sei wichtig, zu zeigen, dass dies trotz des beispiellosen Verbrechens des Holocaust nicht gelungen ist.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

03.12.2009