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Kommerner Schicksale

Gedenkrundgang am Samstag, 10. November, ab 16 Uhr, erinnert an die jüdischen Familien – Pogromnacht jährt sich zum 80. Mal

Mechernich-Kommern – Der Himmel brannte in der Nacht – auch im beschaulichen Kommern. 80 Jahre ist die Pogromnacht nun schon her. Am Samstag, 10. November, findet deshalb ein Gedenkrundgang durch die Gassen von Kommern statt. Mit ihm wollen allen voran Rainer Schulz und Gisela Freier an die Familien erinnern, die dem Hass zum Opfer fielen, nur weil sie Juden waren.

Treffen ist an der Gedenkstele vor der ehemaligen Synagoge in der Pützgasse, um 16 Uhr. Die Häuser der Familien Kaufmann, Frohwein/Eiffeler und Horn bilden die Stationen. Am Ende, in der Gielsgasse 20, wird eine Gedenktafel enthüllt werden, die an die Familie Kaufmann erinnert. „Der dazugehörige Stolperstein ist auch schon in Auftrag gegeben. Er hat eine Vorlaufzeit von anderthalb Jahren“, so Schulz.

Insgesamt 29 jüdische Familien gab es nach heutigem Wissensstand im Ortskern von Kommern. Mit einem Gedenkrundgang wollen allen voran Rainer Schulz (l.) und Gisela Freier (r.) an die Familien erinnern, die dem Hass zum Opfer fielen, nur weil sie Juden waren. Auf einer Leinwand ist „Wer wohnte wo?“ verewigt. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Schülerinnen der Marienschule erzählen Wissenswertes und geben Einblick in die Schicksale der Menschen. Insgesamt 29 jüdische Familien gab es nach heutigem Wissenstand im Ortskern von Kommern.

„Es ist wichtig, das Geschehene immer wieder in den Köpfen zu wecken, solche Geschichten auszutauschen. Jude ist heute leider schon wieder ein Schimpfwort unter den Jugendlichen. Man muss da sensibilisieren“, so Marienschul-Lehrerin Elke Höver. Im Unterricht hatten die Schüler das behandelt und daher gerne ihre Teilnahme an der Gedenkveranstaltung zugesagt.

Kommerner Schicksale

Man hat bereits viel über die Schicksale herausfinden können, wie über die Familie Eiffeler. Ihr Leidensweg konnte nachgezeichnet werden.

Auf dem Pappschild, das um den Hals gebunden war, stand die Nummer 167, auf den nächsten Schildern 168 bis 170, jeder der vierköpfigen Familie Eiffeler aus Kommern musste diese sogenannte Transportnummer tragen: Ruth, ihre Schwester Hannah, Mutter Helene und Vater Alfred. Die Familie wurde von Nazi-Schergen nach Minsk deportiert. Dort wurden die Eiffelers noch am gleichen Abend erschossen beziehungsweise in umgebauten Bussen vergast.

Das „Judenhaus“, wie es genannt wurde, steht heute noch mitten in Kommern. Es gehörte der Familie Frohwein. 1941 mussten alle Juden ihre Häuser verlassen und in das „Judenhaus“ an der Kölner Straße ziehen. „Die Juden durften nur eine Matratze, eine Hose, ein Hemd und eine private Kleinigkeit mitnehmen“, fanden die Schüler heraus. 1942 wurden alle Bewohner des „Judenhauses“ nach Minsk deportiert.

Die Schüler der Marienschule haben sich mit der Geschichte der Juden in Kommern beschäftigt. An den Stationen des Gedenkrundgangs am Samstag, 10. November, ab 16 Uhr, werden sie den Teilnehmern Einblick geben in die Schicksale der jüdischen Familien Kaufmann, Frohwein/Eiffeler und Horn. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Alte Steine gibt es an der Kommerner Synagoge zu entdecken, denn Teile der religiösen Stätte stehen heute noch. Das Gebäude wurde in der Pogromnacht 1938 angezündet und brannte bis auf die Grundmauern nieder. Weil Baumaterial nach dem Krieg knapp war, integrierten die späteren Käufer die Mauerreste in die Außenwände ihres neuen Hauses.

Die damals zwölfjährige Maria Klee übernachtete manchmal gegenüber der Synagoge bei der Oma. Sie fand in dieser Nacht in der Asche der noch qualmenden Ruine einen Synagogenleuchter und versteckte ihn in ihrem Bett. Später wurde er an Emmy Golding, geb. Kaufmann in London übergeben.  Nachfahren von Emmy Golding werden vielleicht auch zu Besuch kommen. „Emmy und Lilly, die beiden Jüdinnen, um deren Familien es hauptsächlich geht, waren auch Marienschülerinnen“, weiß Höver.

Carl Horn versteckte sich im Heuwagen

Gisela Freier hat sich intensiv mit der Geschichte der Kommerner Juden auseinandergesetzt und hält die Erinnerung wach. Carl Horn habe nur durch Glück überlebt, er war ins heutige Israel geflohen – auf abenteuerlichen Wegen: „Aufgehetzte Kommerner wollten ihn in der Pogromnacht mit dem Auto überfahren“, berichtet Freier. „Er rannte um sein Leben und suchte Hilfe bei seinem besten Freund in Firmenich.“

In einem Heuwagen versteckt, brachte ihn die Familie nach Luxemburg. In Israel war er bis 1975 Herbergsvater der Jugendherberge am See Genezareth. Carls Vater Abraham starb im KZ Theresienstadt, seine Mutter Ida, sein Bruder Leo und Schwester Bertha starben in Auschwitz.

pp/Agentur ProfiPress