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Holzheimer Pastor zieht weiter

Holzheimer Pastor zieht weiter
Pfarrer Winfried Reidt (70) wurde am Samstag von seiner Gemeinde verabschiedet – Rund 15 Jahre war der Priester Seelsorger von Weiler, Holzheim, Nöthen und Harzheim
Mechernich-Holzheim – “Ich wollte nie mehr als 15 Jahre bei einer Pfarrstelle bleiben”, sagt Pfarrer Winfried Reidt. Denn zu oft habe er gesehen, wie ein Pfarrer einen notwendigen Wechsel nicht mehr habe vollziehen wollen. Fast 15 Jahre ist der 1939 geborene Geistliche in den Gemeinden Holzheim, Weiler, Nöthen und Harzheim tätig gewesen. Jetzt zieht Pastor Reidt weiter, und zwar in die Nähe von Montabaur, wo der 70-Jährige Messen im Altersheim der Schwestern “Arme Dienstmägde Jesu Christi” lesen und als Subsidiar die Priester im Dekanat Montabaur unterstützen will.
“Eigentlich wollte ich Pilot werden”, verrät Pfarrer Reidt im Gespräch mit der “KirchenZeitung für das Bistum Aachen”. Aber eine Sehschwäche ließ das nicht zu. Als er dann kurz vor dem Abitur in Exerzitien ging, stand für ihn seine Berufung fest: Winfried Reidt wollte Priester werden. Er studierte Theologie in Frankfurt und ging danach an das Priesterseminar in Aachen. “Die Professoren hätten mich gerne weiter an der Uni gesehen, aber ich wollte lieber Seelsorger werden”, sagt der Geistliche. 1968 wurde er zusammen mit 14 weiteren Seminaristen zum Priester geweiht. Seine Kaplan-Stelle trat er in Aldenhoven an. Reidt: “Das war damals das kinderreichste Dorf Deutschlands. Ich hatte dort einmal 130 Kommunionkinder.” Kaum ein Sonntag sei ohne Taufe vergangen. “Und wenn doch, das war das ein Wunder”, so Pastor Reidt schmunzelnd. Bis zu sechs Taufen habe es an einem Tag gegeben.
Für ein Dreivierteljahr trat Reidt seine erste Pfarrstelle in Mönchengladbach-Hardt an, ehe er am 31. Oktober 1976 nach Reifferscheid ging. Gut 15 Jahre war Pastor Reidt dort tätig, unterrichtete am Bischöflichen Clara-Fey-Gymnasium, übernahm zwischendurch zusätzlich die Pfarren Hollerath, Udenbreth und Rescheid und nahm Hellenthal und Blumenthal hinzu, als der dortige Pfarrer wegging.
Pfarrer Reidt machte wahr, was er “von Anfang an in Aachen” gesagt hatte: Nach 15 Jahren wollte er an eine andere Gemeinde. Und so kam der Seelsorger 1992 nach Blankenheim. Doch in Reetz, Rohr und Uedelhoven fühlte sich der engagierte Priester nicht ausgelastet. Bischof Hemmerle habe aber gemeint, er solle bleiben. Und so dauerte es bis 1994, ehe das Bistum ihm eine neue Aufgabe gab: Pfarrer Reidt zog im November nach Mechernich Holzheim.
Dort leistete er in den Gemeinden Holzheim, Weiler, Harzheim und Nöthen im mehrfachen Wortsinn handfeste Arbeit. “In Nöthen gab es seit zehn Jahren Pläne, das Pfarrheim umzubauen. Ich machte den Gemeindemitgliedern klar, was die angedachten Eigenleistungen im Wert von 50 000 Mark bedeuteten.” Auch der Priester selbst hat kräftig mit angefasst. Manches Gemeindemitglied habe sich staunend gefragt, wieso ein Geistlicher so viel über das handwerkliche Arbeiten wisse, dass er sogar Handwerkern noch etwas zeigen könne. “Am Ende hatten wir dann Eigenleitungen im Wert von 150 000 Mark geleistet”, so Reidt.
Besondere Freude habe ihm immer der Religionsunterricht gemacht. Nicht nur am Gymnasium, sondern auch etwa in Förderschulen hat der Priester unterrichtet. Eines Morgens habe ein Schüler gesagt: “Schon wieder Religion, so ein Driet!”. Daraufhin antwortete Reidt: “Wenn ich das höre, wird mir kotze-driet!” Die Schüler waren empört, weil ein Geistlicher so etwas ihrer Meinung nach nicht sagen durfte. Als später ein noch schlimmeres Wort gefallen sei, habe der Priester zu dem betreffendem Schüler gesagt: “Wenn ich dieses Wort jetzt auch benutzen muss, bist Du es schuld.” Daraufhin der Kommentar eines Schülers: “Aber bitte nicht in der Predigt!”. Seit diesem Tag seien keine Kraftausdrücke mehr in dem Unterricht gefallen.
Als Jugendlicher habe er immer fotografieren wollen, was aber mit vier Geschwistern und dem Maurerlohn seines Vaters nicht möglich gewesen sei. Von seinem ersten Kaplangehalt habe er sich dann eine Super-8-Kamera gekauft und Naturaufnahmen gemacht. Auch heute noch hält Winfried Reidt die Schöpfung im Film fest – allerdings mit einer modernen Videokamera und Schnittprogrammen auf dem Computer. Damit erstellt der Pastor beeindruckende Natur-Filme, die er mit klassischer Musik sowie fundierten Kommentare zu Tier- und Pflanzenwelt unterlegt. Besonders beliebt sind die Filmvorführungen bei den Altentreffs – immer wieder fragen die Gemeindemitglieder, ob der Pastor wieder etwas Neues habe.
Auf die Frage, was er zur Zukunft der Kirche im Angesicht der Neuordnung der Gemeinden halte, sagte der Holzheimer Pastor: “Ich bin froh, dass ich damit nichts zu tun habe. Aber als Priester muss ich auch bereit sein, vier Messen an einem Tag zu halten, auch wenn es schwer fällt. Als Pfarrer bin ich für die Menschen da, wenn ich alles nach Schema und Arbeitsrecht mache, komme ich nicht zurecht.” Eines sei dem Priester allerdings nicht gelungen: “Den Glaubensschwund zu stoppen. Wie kann es sonst möglich sein, dass man kaum noch eine Antwort erhält, wenn es in der Andacht heißt: `Brot vom Himmel hast Du uns gegeben.´ Das zeigt doch, wie sehr die religiöse Praxis bei Alt und Jung abhanden gekommen ist.”
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

06.07.2009