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Erdbeben jederzeit möglich

Katastrophenschutzübung in Mechernich und Euskirchen zeigt Verbesserungsmöglichkeiten auf, vor allem in der privaten Vorsorge für den Fall des Falles

Mechernich/Euskirchen – „Das vermeintlich Undenkbare denken“, schrieb Tom Steinicke in der „Kölnischen Rundschau“ zur jüngsten Katastrophenschutzübung im Kreis Euskirchen, an der auch die Freiwillige Feuerwehr Mechernich und Stadtbrandmeister Jens Peter Schreiber teilnahmen.

Simuliert wurde ein schweres Erdbeben der Stärke 6,5. Es erschütterte den Nordkreis. In Euskirchen, Zülpich, Weilerswist, Bad Münstereifel und Teilen von Mechernich, so die angenommen Situation, kam es zu massiven Schäden. Infrastruktur war zerstört, Wasser- und Stromversorgung ausgefallen, Gebäude eingestürzt. Das Marien-Hospital in Euskirchen war stark betroffen, zahlreiche Menschen mussten gerettet, medizinisch versorgt und evakuiert werden.

Rund 100 ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Hilfsorganisationen, Polizei, Bundeswehr sowie der Kreisverwaltung waren im Einsatz, rechts Mechernichs Stadtbrandmeister Jens Peter Schreiber. Foto: Feuerwehr/pp/Agentur ProfiPress
Rund 100 ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Hilfsorganisationen, Polizei, Bundeswehr sowie der Kreisverwaltung waren im Einsatz, rechts Mechernichs Stadtbrandmeister Jens Peter Schreiber. Foto: Feuerwehr/pp/Agentur ProfiPress

Nach Angaben des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) kommt ein derartiges Erdbeben statistisch einmal alle 1000 bis 10.000 Jahre vor. Die Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 hatte den gleichen statistischen Wert.

In der Realität ereignete sich 1951 ein solches schweres Neben in Euskirchen und der Nordeifel. Das Gewölbe der altehrwürdigen Martinskirche stürzte ein. Das Erdbeben in Düren am 18. Februar 1756 ist das stärkste historisch belegte in dieser Gegend. Gegen 8 Uhr morgens bebte die Erde so stark, dass in den Bereichen um Köln, Aachen, Jülich und Bad Münstereifel zahlreiche Gebäude schwer beschädigt wurden. Vereinzelte Schäden an Gebäuden zogen sich bis Brüssel, Gießen und Osnabrück, heißt es von der Erdbebenstation Bensberg. Zu spüren war das Beben noch in London, Magdeburg und Straßburg.

Köln-Bonner Bucht ein Hotspot

Im April 1992 erschütterte das mit einer Stärke von 5,9 bisher stärkste gemessene Erdbeben in der Region weite Teile von Nordrhein-Westfalen. 30 Menschen wurden verletzt, Sachschäden in Höhe von 100 Millionen Euro waren die Folge. Das Epizentrum lag in Roermond (Niederlande). Auch in der Eifel gab es Schäden.

Das jetzige Übungsszenario sei aus Sicht der Katastrophenschützer so realistisch, dass der Bundestag 2019 eine entsprechende Risikoanalyse erstellen ließ, so der „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Ergebnis: An einem Montagvormittag im Mai wären durch ein Erdbeben der Stärke 6,5 mit dem Epizentrum etwas südlich von Erftstadt etwa 2,4 Millionen Menschen direkt betroffen. Noch einmal 600.000 Menschen mehr wären vom anschließenden Stromausfall in der Region bedroht.

Bei diesem Szenario geht das Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in seiner theoretischen Risikoanalyse von 1000 bis 10.000 Toten und mehr als 10.000 Verletzten aus. Die Hilfsbedürftigen beziffert das BBK auf mehr als 100.000 Menschen für einen Zeitraum von mehr als einen Monat.

Mit diesem theoretischen Fall haben sich nun der Krisen- und der Führungsstab des Kreises Euskirchen in einer anspruchsvollen Großübung praktisch beschäftigt. Rund 100 Einsatzkräfte von Feuerwehr, THW, Hilfsorganisationen, Polizei, Bundeswehr und Kreisverwaltung trainierten die Bewältigung der Katastrophenlage. Geübt wurde im neuen Lagezentrum, das direkt an die vor wenigen Monaten in Betrieb genommene Leitstelle im Kreishaus anschließt.

„Das neue Lagezentrum bot für die Übung ideale Voraussetzungen: Kurze Wege, großzügige Räumlichkeiten und modernste Technik unterstützten die Stabsarbeit“, sagte Geschäftsbereichsleiterin Julia Baron der Presse. Sie müsste in derartigen Lagen den Krisenstab führen. Es gab die eine oder andere „Kinderkrankheit“, an der man in den kommenden Wochen arbeiten wolle, sagte Baron: „Wir hatten den Anspruch, gerade im Bereich Krisenstab rein digital zu arbeiten. Das hat gut funktioniert, aber wir kleinen Verbesserungsbedarf.“

80 Prozent kommen nicht zur Arbeit

Wie es um den Altbau des Kreishauses in einem solchen Katastrophenfall im Nachgang eines Erdbebens bestellt sei, könne nicht gesagt werden, berichtete Kreispressesprecher Wolfgang Andres der „Rundschau“. In das Szenario sei eingeflossen, dass nur 20 Prozent der Kreismitarbeiter überhaupt arbeitsfähig waren. Die meisten seien selbst vom Erdbeben betroffen – und hätten nicht zur Kreisverwaltung fahren können. Entsprechend viele Einsatzkräfte haben man zusätzlich vlon außerhalb anfordern müssen.

Zudem mussten logistische Herausforderungen gelöst werden: Wie werden Verletztentransporte organisiert, wenn Verkehrswege zerstört oder unpassierbar sind? Wie funktioniert die Evakuierung und Unterbringung von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern? Wie die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung?

„Das vermeintlich Undenkbare denken“, schrieb Tom Steinicke in der „Kölnischen Rundschau“ zur jüngsten Katastrophenschutzübung im Kreis Euskirchen, an der auch die Freiwillige Feuerwehr Mechernich und Stadtbrandmeister Jens Peter Schreiber beteiligt waren. Hier ein Blick ins Lagezentrum am Kreishaus. Foto: Feuerwehr/pp/Agentur ProfiPress
„Das vermeintlich Undenkbare denken“, schrieb Tom Steinicke in der „Kölnischen Rundschau“ zur jüngsten Katastrophenschutzübung im Kreis Euskirchen, an der auch die Freiwillige Feuerwehr Mechernich und Stadtbrandmeister Jens Peter Schreiber beteiligt waren. Hier ein Blick ins Lagezentrum am Kreishaus. Foto: Feuerwehr/pp/Agentur ProfiPress

„Entscheidend bleiben die Kommunikation und das Zusammenspiel der handelnden Personen“, schreibt Tom Steinicke: „Gerade bei der Kommunikation hat der Kreis Euskirchen aus der Flutkatastrophe viele Schlüsse gezogen. Nachdem damals die Funkverbindungen weitestgehend ausgefallen waren, stehen nun darüber hinaus das Starlink-System sowie Satellitentelefone zur Verfügung. Durch diese soll im Katastrophen- und Zivilschutz die Kommunikation gesichert werden. Bei der jetzigen Übung lief die Kommunikation nur über diese Wege.“

Landrat Markus Ramers zeigte sich beeindruckt vom Engagement aller Beteiligten: „Insbesondere der ehrenamtliche Einsatz der Feuerwehren, der Hilfsorganisationen und des Technischen Hilfswerks im Führungsstab verdient höchste Anerkennung. Gemeinsames Üben schafft Sicherheit.“

Notfallrucksack packen

Geht es nach dem BBK, sollte die Bevölkerung für Erdbeben sensibilisiert werden. Für Schulen und Kindergärten sollte Bildungsmaterial entwickelt werden. Einen speziellen Erdbeben-Flyer will der Kreis Euskirchen aber nicht erstellen – es soll nicht unbedingt um derart konkrete Szenarien gehen. „Wir müssen die Menschen weiter im Allgemeinen für mögliche Krisen sensibilisieren. Unterm Strich ist es egal, warum der Strom länger nicht da ist. Wichtig ist, dass man auf diese Situation vorbereitet ist und Essensvorräte, Trinkwasser und beispielsweise Kerzen im Haus hat“, sagt Martin Fehrmann, der Leiter der Gefahrenabwehr im Kreis Euskirchen.

Zentrale Elemente im Bevölkerungsschutz sind nach Angaben der Kreisverwaltung die Notfallmeldestellen. 174 gibt es davon im Kreis Euskirchen. Die Installation dieser Stellen ist ebenfalls eine Lehre, die man im Kreis aus der Flutkatastrophe gezogen hat. Oft sind sie in den Feuerwehrgerätehäusern zu finden, immer sind sie an der orangefarbenen Plakette mit einem blauen Dreieck zu erkennen.

Die Notfallmeldestellen sollen die erste Anlaufstelle für die Bevölkerung sein, da sie in der Regel energieautark sind, weil sie etwa über Stromaggregate verfügen. Die Feuerwehren üben ein solches Szenario regelmäßig.

Von diesen Meldestellen aus sollen im Katastrophenfall – vor allem dann, wenn Telefon, Internet und Smartphone nicht mehr funktionieren – Notrufe abgesetzt werden. „Die Stellen sollen alle eine Funkverbindung haben“, so Wolfgang Fuchs, der seit gut einem Jahr die Stabsstelle Brand- und Katastrophenschutz bei der Stadt Schleiden leitet. In kleinen Orten könnten auch Fahrzeuge der Feuerwehr oder des THW als Anlaufstelle für die Menschen dienen.

„Leuchttürme“ sollen hingegen dazu dienen, Menschen zu versorgen und für einige Tage unterzubringen. Solche Anlaufpunkte haben viele Kommunen bereits eingerichtet oder vorgeplant. In Weilerswist ist es beispielsweise die Erft-Swist-Halle, in Euskirchen die Jahnhalle und in Palmersheim das Dorfgemeinschaftshaus.

Mit vorbereitetem Notgepäck kann alles Wichtige mit einem Griff mitgenommen werden, wenn man das Haus schnell verlassen muss. Denkbare Szenarien sind ein Brand oder eine Evakuierung. Wie und wo eine Unterbringung erfolgt, ist möglicherweise unklar. Dann bleibt nicht viel Zeit zu packen. Selbst wenn die Zeit reichen sollte, beispielsweise bei einer Evakuierung, noch einige Dinge einzupacken, ist es aufgrund der Stresssituation nicht einfach, an alles zu denken.

Essen, Trinken, Kerzen im Haus

Kleidung sollte nach dem „Zwiebelprinzip“ zusammengestellt werden, um für verschiedene Situationen richtig ausgestattet zu sein. Das bedeutet, dass mehrere Schichten Kleidung eingeplant werden – beispielsweise Unterwäsche, T-Shirt und Stoffjacken oder Pullover. „Wichtig sind auch Wetterschutzbekleidung wie eine Regenjacke oder ein Regenmantel sowie wetterfeste Schuhe oder Gummistiefel“, so die Tageszeitungen.

In einen Notfallrucksack gehören Medikamente, Erste-Hilfe-Material, batteriebetriebenes Radio, Reservebatterien, Dokumentenmappe, Verpflegung für zwei Tage in staubdichter Verpackung, Wasserflasche, Essgeschirr und -besteck, Dosenöffner und Taschenmesser, Taschenlampe, Schlafsack oder Decke, Kleidung , Wetterschutzbekleidung, Kopfbedeckung, Arbeitshandschuhe, Hygieneartikel für ein paar Tage, Schutzmaske, für Kinder ein Brustbeutel oder eine SOS-Kapsel mit Name, Geburtsdatum und Anschrift. SOS-Kapseln gibt es in Apotheken und Drogerien.

„Das neue Lagezentrum bot für die Übung ideale Voraussetzungen: Kurze Wege, großzügige Räumlichkeiten und modernste Technik unterstützten die Stabsarbeit“, sagte Geschäftsbereichsleiterin Julia Baron der Presse. Foto: Feuerwehr/pp/Agentur ProfiPress
„Das neue Lagezentrum bot für die Übung ideale Voraussetzungen: Kurze Wege, großzügige Räumlichkeiten und modernste Technik unterstützten die Stabsarbeit“, sagte Geschäftsbereichsleiterin Julia Baron der Presse. Foto: Feuerwehr/pp/Agentur ProfiPress

Erdbeben-Risikogebiete in Deutschland finden sich südlich von Tübingen in der Schwäbischen Alb, im südlichen Rheingraben, in der Umgebung von Gera sowie in der Kölner Bucht. Die Kölner Bucht, die den zentralen Teil der Niederrheinischen Bucht bildet, gehört zu den am stärksten erdbebengefährdeten Gebieten in Mitteleuropa. Vor allem rund um Köln. Einige Male pro Woche bebt hier die Erde, wie Daten des Geologischen Dienstes NRW zeigen. Jedoch sind die meisten der Erdbeben nicht zu spüren.

Warum es zu den Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht kommt, erklärt der Geologische Dienst so: „Im Untergrund finden Bewegungen an Störungsflächen, sogenannten Verwerfungen, statt, die die Bucht in Schollen unterteilen. Erfolgt die natürliche Bewegung dieser Schollen ruckartig, ist sie als Erdbeben wahrnehmbar.“

Nach Angaben des Mechernicher Feuerwehrsprechers Alexander Kloster fand die Erdbebenübung zum Abschluss der Fortbildungsreihe „Nachhaltige Stabsarbeit“ des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe statt. „Daran waren auch Einsatzkräfte der Feuerwehr der Stadt Mechernich beteiligt.“ Insgesamt nahmen rund 100 ehren- und hauptamtliche Einsatzkräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Hilfsorganisationen, Polizei, Bundeswehr sowie der Kreisverwaltung teil.

Mechernicher Experten im Stab

„Es mussten auch logistische Fragen gelöst werden, etwa wie Verletztentransporte organisiert werden können, wenn Verkehrswege zerstört oder unpassierbar sind“, schreibt Kloster: „Auch die Evakuierung und Unterbringung von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern sowie die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung standen im Fokus.“

Und weiter: „Der Führungsstab des Kreises Euskirchen ist der operativ-taktische Arbeitsmuskel des Kreises Euskirchen im Falle von Großeinsatzlagen und Katastrophen nach dem Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz in Nordrhein-Westfalen. Abgebildet wird dabei die Führungsstufe D im Sinne der Feuerwehrdienstvorschrift 100. Teile des Stabs können aber auch zur rückwärtigen Führungsunterstützung oder zur Bewältigung von exponierten Lagen in den elf Stadt- und Gemeindefeuerwehren angefordert werden.“

Bereits Anfang dieses Jahres trainierten der Führungsstab und die Koordinierungsstelle der Feuerwehr Mechernich anhand eines Szenarios zum Wintereinbruch. Personell wird der Führungsstab von Einsatzkräften aus allen kommunalen Feuerwehren des Kreises ergänzt um weitere Fachberater zusammengesetzt. Aus der Feuerwehr der Stadt Mechernich nehmen Frank Eichen, Gerd Geller, Oliver Geschwind, Alexander Kloster, André Leisten, Achim Nießen, Jens Schreiber und Michael Züll unterschiedliche Funktionen wahr.

pp/Agentur ProfiPress