Dörfer mit Menschen, die anpacken
Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“: Kommission besuchte Bergbuir, Floisdorf und Eiserfey und Eicks
Mechernich – Wie funktioniert das Miteinander von Jung und Alt? Was geschieht mit alter Bausubstanz? Wie ist es insgesamt um die Lebensqualität im Dorf bestellt? Unter diesen und anderen Kriterien nahm die Bewertungskommission des Kreiswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ im Stadtgebiet Mechernich die Ortschaften Bergbuir, Floisdorf, Eiserfey und Eicks unter die Lupe.
Der Fokus auf soziale, kulturelle, wirtschaftliche, bauliche und ökologische Aspekte macht deutlich, wie sehr sich die Intention des einst als „Blumenwettbewerb“ belächelten Dörfer-Contests inhaltlich gewandelt hat hin zu einem Wettbewerb, der das gemeinschaftliche Engagement für einen lebenswerten ländlichen Raum würdigt.
Bei ihren Besuchen erhielt die Kommission einen überzeugenden Eindruck davon, dass die Menschen in allen vier Dörfern enorme Anstrengungen unternehmen, damit diese sich weiterentwickeln. Das stellte beide Seiten vor besondere Herausforderungen: Die Vertreter der Dorfgemeinschaft hatten für die Präsentation samt Ortsbegehung ein bis anderthalb Stunden Zeit, um die Fachleute von ihren Konzepten zu überzeugen. Die sechsköpfige Kommission unter der Leitung von Franz Unterstetter bereiste vier Wochen insgesamt 60 teilnehmende Dörfer und steht nun vor der schwierigen Aufgabe zu entscheiden, wer die Sieger des Kreiswettbewerbs sind.
Bergbuir
Als „Menschen, die anpacken“ beschrieb Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick die Bewohner im „Wilden Westen“ des Kreises Euskirchen, als er und Christof Marx, Diplomingenieur für Landespflege bei der Stadt Mechernich, das Komitee in Bergbuir willkommen hießen. Während es vielerorts Probleme gebe, Traditionsveranstaltungen aufrecht zu erhalten, sei dies in Bergbuir dank eines sehr aktiven Vereinslebens nicht der Fall, lobte Schick das Engagement der Bergbuirer.
Insbesondere werde hier kulturell viel unternommen, eine große Rolle spielten Musik- und Theaterverein. Zudem existiere im Ort noch eine Kneipe, der eine wichtige soziale Funktion als Kommunikationspunkt zukomme, informierten Bruno Groß, verantwortlich für die Dorfverschönerung in Bergbuir und Peter Gransow vom Vereinsbund „De Hommele“. Sie präsentierten auf ihrem Rundgang die mit enormem Aufwand renovierte Jugendhalle, Ort zahlreicher Dorffeste, den neu angelegten Spielplatz, die hoch über dem Ort stehende St.-Barbara-Kapelle und den Bolzplatz, Schauplatz der jährlich stattfindenden offenen Stadtmeisterschaft im Hufeisenwerfen.
Eiserfey
„Eiserfey packt an“ – dieser Slogan der Dorfgemeinschaft gibt auch hier treffend die Worte von Bürgermeister Schick wieder. Als „Perle im Feytal“ präsentierten Stephan Wiegmann und Johannes Mießeler vom 2016 gegründeten, rührigen Bürgerverein den Ort, der aktuell sein 1150-jähriges Jubiläum mit einer Vielfalt an Veranstaltungen feiert. Rund 50 Bürger sind aktiv an den Planungen und der Durchführung der Feierlichkeiten involviert.
Auf 420 Einwohner kommen 806 Vereinsmitgliedschaften – ein Zeugnis für das auch hier sehr rege Vereinsleben. Neben den monatlichen Altentagen und diversen Straßenfesten finden im Jahresverlauf regelmäßig neun große Veranstaltungen statt, von denen der Lichterzug zu Karneval und das Musikfestival „Feykultur“ überregional bekannt sind.
Über den kulturellen Bereich hinaus engagiert sich die Dorfgesellschaft in vielen anderen Bereichen wie etwa in der Landschaftspflege und bewies bei der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr eindrucksvoll Gemeinschaftssinn. Mit viel bürgerlicher Eigeninitiative gelingt es außerdem, zahlreiche Projekte für den Fremdenverkehr umzusetzen.
Floisdorf
In Floisdorf präsentierte Christian Heitmann, Vorsitzender des Ortskartells, die Stärken des Ortes. Dazu zählen beispielsweise der jahrelange Umbau der maroden alten Schule zum vielgenutzten Dorfgemeinschaftshaus und die gemeinsamen Anstrengungen der acht Dorfvereine, viel für das Miteinander der Generationen zu tun. „Darauf sind wir stolz“, sagte Heitmann und verwies unter anderem darauf, dass hier auch die 16- bis 18-Jährigen ihren Beitrag leisten.
Er präsentierte der Kommission einige besonders schöne Renovierungsbeispiele alter Bausubstanz, so etwa ein Mehrgenerationen-Wohnhaus, das aus einem nicht mehr genutzten landwirtschaftlichen Gebäude entstanden ist und die originalgetreue Sanierung eines 300 Jahre alten Hauses.
Eicks
„Jetzt haben wir, ohne zu laufen, ganz Eicks gesehen“, sagte Franz Unterstetter. Denn Ortsvorsteherin Tanja Hüllenkrämer hatte der im malerischen Schlosshof versammelten Jury mittels Tablet-PC ein Drohnenflug-Video über den Ort gezeigt.
Schick berichtete von den Herausforderungen an Schlossherrn Achim Bacher, das spätbarocke Wasserschloss zu erhalten. Dabei gehe er bei der Vermarktung der historischen Anlage, so Schick, vorbildlich und „in ortsverträglichem Rahmen“ vor. Nicht Gewinnmaximierung, sondern tatsächlich der Erhalt der Anlage sei seine Absicht, ergänzte Tanja Hüllenkrämer.
Die Ortsvorsteherin gab den sechs Mitgliedern der Kommission Einblick in das rege Vereinsleben des Ortes, und zwar auch zum Allgemeinwohl. So engagiert sich beispielsweise der Musikverein St. Martin nicht nur stark in der Jugendarbeit, sondern führt die Altpapiersammlung durch und pflegt die Grünflächen im Dorf. Darüber hinaus ist er Ausrichter des auch überregional bekannten Burgfestes auf Schloss Eicks zu Pfingsten. Hier, aber auch bei allen anderen Veranstaltungen, arbeiteten die Vereine, Einwohner und der Schlossherr Hand in Hand zusammen, betonte Hüllenkrämer.
Angetan zeigte sich die Jury von der „Zeitung ohne Namen“, für deren dreimaliges Erscheinen im Jahr die IG Eicks „Die Zeitung ohne Namen“ sorgt. Nomen est omen: Das Blatt heiße so, weil man sich nicht auf einen Namen einigen konnte, so Hüllenkrämer. „Schon lange vor dem nächsten Termin fragen uns vor allem die Älteren im Dorf, wann denn das nächste Heft kommt“, berichtete die zum Redaktionsteam gehörende Ortsvorsteherin. Das über Spenden finanzierte, werbefreie Heft wird kostenlos an alle Haushalte verteilt. Als vorrangiges Projekt für die Zukunft nannte sie den barrierefreien Umbau des vielgenutzten Dorfgemeinschaftshauses.
Bei Franz Unterstetter wurden bei der Besichtigung in Eicks Kindheitserinnerungen wach, denn er ist dort geboren und aufgewachsen. Dass sich Eicks als 60. Dorf im Kreis Euskirchen für den Wettbewerb noch nachgemeldet hatte, freute ihn aber auch aus einem anderen Grund. „Der 60. Teilnehmer berechtigt den Kreis Euskirchen, vier Orte für den Wettbewerb auf Landesebene zu melden“, erklärte er und bedankte sich bei Tanja Hüllenkrämer für den kurzfristigen Aufsprung.
„Wir bemühen uns, das gerecht über die Bühne zu bringen“, sagte Unterstetter zum Abschied in Bergbuir. Die Bekanntgabe der Ergebnisse und die Preisverleihung finden auf der Herbsttagung des Kreisverbandes der Gartenbau- und Verschönerungsvereine im November statt. Anschließend werden die Siegerdörfer und für den Landeswettbewerb 2018 gemeldet, und die Dörfer erfahren, wie sie im Kreiswettbewerb bewertet wurden.
pp/Agentur ProfiPress