Anfrage bringt alles ins Rollen
Musiker des MV „Harmonie“ Weyer spielen vor dem Grab von Hilarius Kreuser auf dem Alten Friedhof in Bonn das Steigerlied – Stadt Mechernich sorgt für Restaurierung des demontierten Grabtores – Peter Lorenz-Könen wollte mehr über den Verbleib und Geschichte eines alten Hochkreuzes herausfinden und findet als Kenner der Stadt-Historie, dass die Kreuser-Brüder als Motor des „Neuen Mechernichs“ und des wirtschaftlichen Aufschwungs der Stadt am Bleiberg heute mehr Anerkennung verdient hätten
Mechernich/Bonn – „Diese seltsame Anfrage von Peter Lorenz-Könen nach einem Hochkreuz hat alles ins Rollen gebracht“, erinnert sich Eva Hüttenhain, Vorsitzende der Fördergesellschaft „Alter Friedhof Bonn“ noch genau an den Moment, als die Mail des Mechernicher Historikers beim Leiter des Bonner Stadtarchivs und der dortigen Historischen Bibliothek, Dr. Norbert Schloßmacher, vor etwa einem Jahr eintrudelte.
Aus dem ersten losen Kontakt wurde mehr: ein gemeinsames Stöbern in der Historie, ein Ziehen am selben Strang, was auch die Stadt Mechernich mit Rat und Tat unterstützte, und ein langersehntes Konzert, das schließlich vergangenen Sonntag stattfinden konnte.
Als die Posaunen und Tenorhörner auf dem Alten Friedhof in Bonn erklingen, ist es ein Gänsehautmoment für die Besucher. Das gespielte Steigerlied ist eng mit der Geschichte Mechernichs verbunden und wurde nicht grundlos an diesem besonderen Ort und vor genau dieser Grabstätte von den Musikern des Musikvereins „Harmonie“ Weyer angestimmt.
Grabstätten sind Spiegelbild des 18. bis 20. Jahrhunderts
Der alte Friedhof ist ein Kleinod in der Bonner Innenstadt. Seine alten Grabstätten sind ein Spiegelbild der Bonner Kultur- und Geistesgeschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts. Außerdem ist der Friedhof für seine herausragende Grabmalkunst bekannt. Viele Persönlichkeiten Deutschlands fanden dort ihre letzte Ruhestätte, so auch ein Sohn der Stadt am Bleiberg, wie sich herausstellen sollte.
Zu Könens Anfrage habe man spontan nichts Konkretes sagen können, bekennt Hüttenhain. Die Bonner hätten zunächst sogar die Vermutung gehegt, dass das Grab der Familie Kreuser, die die letzte Ruhestätte 1874 gekauft hatte, leer sei. Neugierig geworden begaben sich die Historiker in der ehemaligen Landeshauptstadt daraufhin aber auf Spurensuche.
Einmeißelung entziffert
Hüttenhain versuchte gemeinsam mit Könen die letzten Reste der Einmeißelung am Grabstein zu entziffern. „Das war sehr schwer“, erzählt Hüttenhain. Doch ihre Mühen wurden belohnt. Sie fanden heraus, dass „mit Sicherheit“ dort zwei Personen, ein Mann und eine Frau, bestattet worden sind. Wenig später wurde klar, dass es sich um Hilarius Kreuser und seine Frau Josepha handeln muss.
Hilarius Kreuser war einer der vier Mechernicher Kreuser-Brüder, die als Väter des Bleierzabbaus, Begründer der Blütezeit Mechernichs und Motor wesentlicher Entwicklungen dieser Zeit gelten. „Hilarius, dessen Name komplett Johann Hilarius laut Geburtsregister lautete, verstarb im Januar 1888 in Folge eines Herzleidens im Alter von 78 Jahren in Bonn“, weiß Könen. Von 1851 bis 1853 sei er sogar Bürgermeister von Eicks, von 1859 bis 1961 (da zog er nach Bonn) stellvertretender Gemeindevorstand von Glehn gewesen.
Mit seiner Anfrage an die Bonner hat der Mechernicher Heimatforscher mehr erfahren zur Geschichte der Familie Kreuser, nämlich, dass sie in Bonn lebte, und wo sie beerdigt wurde, doch offen blieb die Frage: „Wo hat das Hochkreuz in Bonn gestanden?“
Hochkreuz vor 50 Jahren abgebaut
Bisher kann Könen belegen, dass die Familie Kreuser ihr auf dem „neuen Bonner Kirchhofe“ stehendes Grabdenkmal der Pfarrgemeinde Mechernich als Kirchhofkreuz schenken wollte und sogar unter bestimmten Bedingungen bereit sei die Kosten der Transloration und Aufstellung zu tragen. So ist es zu lesen in einem Auszug aus dem Protokollbuch des Katholischen Kirchenvorstandes in Mechernich zur Sitzung vom 11. März 1903. Am 6. Oktober 1970, vor ziemlich genau 50 Jahren, sei das Hochkreuz allerdings auf dem Mechernicher Friedhof abgebaut worden. Und dann verliere sich dessen Spur.
Locker lassen will Könen aber nicht. Mit der Historie der Kreusers arbeitet er auch die Geschichte Mechernichs weiter auf. Er betont: „Die vier Brüder gaben den Startschuss für die Entwicklung zum heutigen Mechernich.“
Begründer des Aufschwungs in Mechernich
Erst mit den Kreuser-Brüdern, Hilarius, Werner, Wilhelm und Karl, blühte der Bergbau, insbesondere in den Jahren 1877 bis 1886, auf und die Stadt erfuhr einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Kreusers sorgten für den Bahnanschluss, den Ausbau des Ortes Mechernich in westlicher Richtung, für die neue Kirche und das Krankenhaus, zusätzlich für neue Straßenzüge und diverse Schulgebäude.
„Geht man durch das Mechernich, so sucht man vergebens nach einer Erinnerung an die Begründer des neuen Mechernichs. Kein Straßen- oder Platzname erinnert an diese vier Gebrüder“, bedauert Könen. Obwohl sie sogar an allen erdenklichen Fortschritten im 19. Jahrhundert die treibenden Auslöser gewesen seien.
Die Gruft von Hilarius und seiner Frau zeugt vom einstigen Ruhm der „Bergleute“. Als „besonders“ und „eindrucksvoll“ beschreibt Hüttenhain sie. Die aufwändig gearbeitete Steinplatte ziere außerdem ein hübscher Kranz aus Mohnkapseln. „Eine solche Verzierung ist sehr selten und sehr schön“, so die Bonnerin weiter. Mohn habe damals schon als Symbol für Schlaf, Traum, Tod, Vergessen und Schmerzlinderung gegolten.
Ein neobarockes, wertvolles Grabgitter fasst die Gruft ein, das Tor sei abgebrochen, aus den Angeln gehoben und einfach am Kreuz hinter dem Grabstein abgestellt worden. „Wir hatten Angst, dass es geklaut wird. Das wäre traurig“, so Hüttenhain. „Ihr“ Förderverein hat sich die Pflege der historisch bedeutenden Grabstätten auf dem Alten Friedhof zur Aufgabe gemacht.
Stadt unterstützt Engagement
So suchte sie auch den Kontakt zur Stadt Mechernich. Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sagte sofort seine Unterstützung zu. „Die Familie Kreuser hat an der Geschichte und Entwicklung Mechernichs einen sehr großen Anteil. Wir fühlen uns der Tradition verpflichtet und werden das Engagement gerne unterstützen.“ Ordnungsamtsleiter Peter Kern nahm inzwischen das metallene Fundstück vor Ort in Augenschein und auch mit nach Mechernich, um das gute Stück in der Heimatstadt Hilarius Kreusers fachmännisch aufarbeiten zu lassen.
Mit dem Konzert auf dem Bonner Friedhof ging gleichzeitig aber auch ein weiterer Traum in Erfüllung, nämlich der von Werner Knaus, ein enger Freund des Weyerer Dirigenten Peter Züll. Die tiefen Blechbläser spielten speziell für Knaus mehrere „Equale“ von Beethoven, sehr feierliche und schwere Werke, am Grab der Mutter des Komponisten. Ebenso machte der Musikertross an der Ruhestätte von Robert und Clara Schumann musikalisch Halt.
Während des Konzertes wurde darauf hingewiesen, dass Spenden für die Restaurierung zum Erhalt der Gräber notwendig sind. Wer spenden möchte, insbesondere für das Grab der Eheleute Kreuser, kann das gerne tun, unter: Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE33370501980000017475, BIC: COLSDE33. Für die Zeile „Zahlungsempfänger“ reiche der verkürzte Eintrag: „Ges. Alter Friedhof Bonn, Verwendungszweck: Grabstätte Kreuser“.
pp/Agentur ProfiPress