Europäische Edelkrebse ausgesetzt
Großes Medienecho auf versteckte Wiedereinsetzung eines vom Aussterben bedrohten Wasserbewohners in Mechernicher Baggersee
Mechernich – Auch Rundfunk und Fernsehen berichteten dieser Tage über die Wiederansiedlung von Edelkrebsen in einem versteckt liegenden Baggersee des Stadtgebietes Mechernich. Hinter der Züchtungs- und Einsetzungsaktion stecken der Biologe Dr. Harald Groß, Nabu und Fischereiverband Euskirchen.
Sie engagieren sich laut Bericht des Autors Stephan Everling in den in Mechernich erscheinenden Kölner Tageszeitungen bereits seit 2004 gegen die Verdrängung des Europäischen Edelkrebses durch die Krebspest. Diese Krankheit, gegen die das Immunsystem der hiesigen Krebse machtlos ist, wurde von amerikanischen Krebsen oder Signalkrebsen eingeschleppt, die Aquarianer in der Natur ausgesetzt hatten.
„Etwas unentschlossen sitzen die Edelkrebse in dem ungewohnten Teichwasser, gerade so, als hätten sie eine Idee davon, dass ihre Reise erstmal ein Ende hat“, schreibt Stephan Everling in der „Kölnischen Rundschau“. Auf die Welt gekommen sind sie in einem Aufzuchtbecken, vor wenigen Stunden in eine Transportwanne gepackt und in einem Eimer in ihr neues Zuhause im Stadtgebiet Mechernich getragen worden.
„Die kommen hier super klar“, erklärte Dr. Harald Groß dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Seit mehr als 20 Jahren widmet er sich als Leiter des Edelkrebsprojektes beruflich dem Überleben der stark vom Aussterben bedrohten Tierart. Deren eigentlicher Lebensraum, die kleinen Bäche und Flüsse in der Region, sind bereits von amerikanischen Konkurrenten besetzt worden.
400 Exemplare freigelassen
2004 haben der Fischereiverband NRW und der Nabu gemeinsam das Edelkrebsprojekt ins Leben gerufen. „Wir haben zuerst versucht, die letzten natürlichen Vorkommen der Art zu schützen“, berichtet Harald Groß. Je durchlässiger die Bäche für Fische gemacht worden sind, desto leichter war es den amerikanischen Krebsarten möglich, sich bis in die letzten Winkel auszubreiten und die Krebspest einzuschleppen.
Daher setzten die Tierschützer auf eine andere Taktik, so Everling: „In mehreren großen Becken werden die Krebse nachgezüchtet.“ Ungefähr 15 000 Tiere hat Groß bereits herangezogen und in geeigneten Gewässern ausgesetzt. Es müssten nicht unbedingt Fließgewässer sein, so Groß. Die Tiere kämen auch in Baggerseen gut zurecht: „Da die Seen abgeschlossen sind, kommen auch keine amerikanischen Krebse rein.“
„Ich freue mich, so ein Termin ist ein langer Prozess“, sagte Harald Groß vor Ort. Vor drei Jahren sei die Idee entstanden, in dem versteckt liegenden Mechernicher Baggersee Edelkrebse auszusetzen. Sorgfältig müsse ermittelt werden, ob das Gewässer überhaupt für die Tiere geeignet ist. Auch werde festgestellt, ob Edelkrebse schon vorhanden sind oder sich dort ihre amerikanischen Vettern aufhalten. Rund 400 Edelkrebse wurden bei der jetzigen Aktion freigesetzt.
In das Wasser gesetzt wurden die Krebse von Groß und Dr. Heide Naberer, der Landesvorsitzenden des Nabu. Gemeinsam mit dem Fischereiverband NRW hat der Nabu das Edelkrebsprojekt seinerzeit ins Leben gerufen. „Unser Verband ist mit dabei, weil der Edelkrebs im Fischereirecht steht, deshalb sind wir dafür zuständig“, sagte Johannes Nüsse, Präsident des Fischereiverbandes.
Die Erfolgsquote liege bei bisher erfolgten Freisetzungen bei über 80 Prozent, sei bei den Nachkontrollen festgestellt worden. Fünf bis sechs derartige Aktionen gebe es pro Jahr in NRW. Für dieses Jahr seien noch sechs weitere Aktionen geplant. „Das Ziel ist, den Stand zu halten“, so Groß. Erfreulich sei, dass der Bestand der amerikanischen Krebsarten zurückgegangen sei. „Fünf Krebsarten dürfen aufgrund einer EU-Verordnung nicht mehr gehandelt werden.“
Keine Überlebensgarantie
Was die kleinen Krebse in dem Gewässer erwarte, sei unbekannt, sagte Ulrich Pohl vom Vorstand des Nabu-Kreisverbandes Euskirchen den Journalisten. Ob zum Beispiel hier einmal Welse eingesetzt worden seien, wisse er nicht. „Das ist eine ehemalige Tongrube, die im Besitz der Nabu-Stiftung Naturerbe NRW ist.“ Ein privater Anlieger sei ebenfalls noch am See.
Das Edelkrebsprojekt sei nicht das einzige, bei dem Nabu und Fischereiverband zusammenarbeiten, so Dr. Heide Naberer: Beide sprechen sich gegen die Förderung der sogenannten „Kleinen Wasserkraft“ aus.
„Das sind Wasserkraftwerke mit einer Leistung von unter 1000 Kilowatt. Sie beinträchtigen die Durchlässigkeit der Gewässer, tragen aber nur 0,4 Prozent zur Energiegewinnung bei. Deshalb ist unsere politische Forderung, dass Wasserkraftwerke unter 1000 Kilowatt Leistung nicht mehr gefördert werden“, so Johannes Nüsse.
pp/Agentur ProfiPress