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AllgemeinRotes Kreuz im Kreis Euskirchen

Ein Projekt für die Menschlichkeit

„Mensch, Respekt! Für Fairness und Menschlichkeit im Kreis Euskirchen“ setzt sich gegen Alltagsrassismus und Diskriminierung ein – Mehrere Vorhaben in den Startlöchern

Von Henri Grüger

Kreis Euskirchen – Zum vierten Mal in Folge konnte sich der Kreisverband Euskirchen eine Projektförderung durch das Land NRW sichern. Das Besondere daran: Der Landesverband verteilt die ihm zur Verfügung stehenden Mittel auf lediglich zwei Projekte pro Jahr. „Der Kreisverband hat mittlerweile den Ruf, originelle und innovative Projekte ins Leben zu rufen. Mit diesem Projekt wollen wir der Antidiskriminierungsarbeit eine breitere Basis und mehr Durchschlagskraft verpassen“, so Boris Brandhoff, Leiter der Integrationsagentur.

Mit dem Projekt „Mensch, Respekt! Für Fairness und Menschlichkeit im Kreis Euskirchen“ setzt sich der Kreisverband des DRK gegen Rassismus und Diskriminierung ein: (v.l.) Boris Brandhoff, Leiter der Integrationsagentur, Sylvie Dayiku Pomame und Nora Kassan vom Projektteam sowie Rolf Klöcker, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes. Foto: Henri Grüger/pp/Agentur ProfiPress

Menschen, die selbst Erfahrungen mit Rassismus gemacht haben, sollen auch weiterhin Handlungsstrategien für den Umgang mit diesen Erlebnissen gegeben werden. In den vergangenen drei Jahren hatte das Land NRW bereits das Bildungsbrücken-Projekt der Integrationsagentur unterstützt.

Der Förderzeitraum für das neue Projekt ist vorerst auf das Jahr 2021 angelegt, 47.051 Euro stehen zur Verfügung. Das Projektteam setzt sich aus Sylvie Dayiku Pomame und Nora Kassan zusammen. „Wir sind zuversichtlich, die Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit mit diesem Angebot auszubauen“, sagt Rolf Klöcker, Geschäftsführer der DRK-Kreisverbandes Euskirchen.

Vorhaben des neuen Projekts

Mit einer „Empowerment-Gruppe für People of Color (PoC)“, gestartet vor sechs Wochen, soll ein schützender Raum geschaffen werden, in dem sich Betroffene austauschen und gemeinsam Bewältigungsstrategien entwickeln können. Derzeit treffen sich dort bereits sechs Leute regelmäßig, und das, obwohl die Zusammenkünfte immer donnerstags von 16 bis 18 Uhr wegen Corona nur online stattfinden können. Sobald persönliche Treffen wieder möglich sind, werden sie ins Mehrgenerationenhaus des Roten Kreuzes in der Kommerner Straße in Euskirchen und in das Haus der Begegnung hinter dem Kaller Rathaus umziehen. Sylvie Dayiku Pomame freut sich bereits: „Im Präsenzbetrieb wird mit Sicherheit eine neue, wunderbare Dynamik bei den Teilnehmenden entstehen.“

Auch Treffen für „Eltern Schwarzer Kinder“ sind angesetzt, bei denen selbstverständlich die Kinder aller Altersgruppen ebenfalls mitkommen dürfen. Der Titel sei bewusst so gewählt, weil zum Beispiel „farbig“ nicht gerne von Rassismus-betroffenen Menschen gehört würde, sagt Dayiku Pomame aus eigener Erfahrung. 

Die Zusammenkunft soll jedenfalls dazu dienen, die Kinder und Jugendlichen im Hinblick auf rassistische Erfahrungen zu stärken, auch sollen sich die Teilnehmenden austauschen können. Diese Treffen finden ab 18. Juni an jedem dritten Freitag im Monat, jeweils von 16 bis 18 Uhr, statt. „Ich freue mich so sehr, endlich noch näher am Menschen und vor allem mit den Menschen arbeiten zu können“, so Dayiku Pomame.

Rassismus im Alltag

Ein Workshop zum Thema „Critical Whiteness“ dient dazu, dass die Teilnehmenden lernen, Rassismus im Alltag zu erkennen und somit Vorurteile in Denk- und Verhaltensweisen abbauen zu können. Dabei stehe der Begriff „Whiteness“ stellvertretend für die privilegierte Mehrheitsgesellschaft, so das Rote Kreuz. Deren Angehörigen komme eine gewisse Machtposition zu, auch wenn sie sich ihr nicht immer bewusst sind. Die Treffen gibt es ab 1. Juni alle zwei Wochen dienstags von 16 bis 17.30 Uhr bis auf Weiteres online.

Aber auch die Informations- und Aufklärungsarbeit in Sozialeinrichtungen, Vereinen, Behörden oder Firmen stellt ein wichtiges Handlungsfeld des Projektes dar. Dabei werden haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende in Teambriefings dafür sensibilisiert, auch mal über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen.  Außerdem sollen in Zusammenarbeit mit Künstlern Informationsbroschüren erstellt werden, um über rassistische Haltungen und Handlungsweisen im Alltag aufzuklären. Auch die Gestaltung eines Glossars für Begriffsdefinitionen ist geplant, um rassistischen Ausdrücken vorzubeugen und sich darüber klar zu werden. Wichtig sei dabei für das DRK im Kreis Euskirchen, nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg zu entscheiden, sondern ihre Kreativität und Arbeit mit einfließen zu lassen. „Wir wollen ihnen eine eigene Stimme geben“, so Boris Brandhoff.

„Last but not least“ ist ab dem 28. Mai ein „Atelier der Vielfalt“ als Projekt vorgesehen. Dabei sind ein Kunstatelier und eine Schreibwerkstatt geplant, in der gemalt, gebastelt und auf andere Art und Weise sich zunächst online, später auch persönlich getroffen werden kann. Hier kann sich jeder, unabhängig von Herkunft oder Alter, selbst verwirklichen und ausdrücken. Dabei liegt der Fokus auf dem Umgang mit Diskriminierungserfahrungen. „Es ist einfach toll, wenn man etwas zusammen erschafft und sich auf Augenhöhe begegnet“, so Kassan. Auch dies muss leider im Moment noch online stattfinden, und zwar an jedem vierten Freitag im Monat, jeweils von 16 bis 18 Uhr.

Beratung auf diversen Gebieten

Ein halbes Jahr nach ihrer Gründung berät die Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit bereits viele von Rassismus Betroffene, zum Beispiel bezüglich der Wohnungssuche. Dazu gebe es viele Anfragen – was schade sei, da es zeige, wie schwer die betroffenen „People of Color“ es immer noch, auch auf dem Wohnungsmarkt, haben, erklärt Dayiku Pomame. Viele Betroffene würden auch nach einer gewissen Zeit resignieren, da sie psychisch nicht mehr gegen die Vorurteile ankommen. Sie sagt: „Es bringt ihnen mehr, zu vergessen und zu verdrängen, als sich jeden Tag gegen die Vorurteile und den Alltagsrassismus einzusetzen. Das ist verständlich und sehr schade.“ Eine Juristin in Aachen dient als Ansprechpartnerin und Fachbegleitung für die Mitarbeitenden der Servicestellen.

Die nun zugesprochene Förderung im Landesprogramm „Komm-an NRW III – Stärkung der Integrationsagenturen“ wurde vom Ministerium für Kinder, Familien, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW über den DRK-Landesverband Nordrhein an den Kreisverband Euskirchen weitergeleitet.

Nora Kassan ist für Fragen telefonisch unter 0160/250 55 52 erreichbar, Sylvie Dayiku Pomame unter 0151/67 54 85 89. Mails bitte an: integrationsagentur@drk-eu.de.    

pp/Agentur ProfiPress