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“Zu diesem Zeitpunkt waren schon alle ermordet”

“Zu diesem Zeitpunkt waren schon alle ermordet”
Mechernicher Hauptschüler reisten zum Holocaust-Gedenktag nach Köln, um an ermordete Kinder aus Mechernich zu erinnern
Im vergangenen Jahr reiste die 10. Klasse der Mechernicher Hauptschule am Holocaust-Gedenktag nach Köln, um dort an einer speziellen Gedenkstätte für Holocaust-Opfer im Kindesalter zu gedenken. Jetzt führten Mechernicher Hauptschüler der Klasse 8c die Aktion der inzwischen abgegangenen Zehntklässler fort und fuhren zusammen mit ihrer Lehrerin Gisela Freier zur Kinder-Gedenkstätte Löwenbrunnen. Dort sind die Namen von 1100 deportierten Juden an bronzenen Gedenktafeln zu lesen – darunter die von drei Kindern aus Kommern.
Bei der Gedenkfeier in Köln erinnerten die Schüler an die Kinder, die im Juli 1942 mit einem offenen Lastwagen zum Bahnhof Mechernich abtransportiert wurden. Danach gab es in Kommern und Mechernich keinen Menschen jüdischen Glaubens mehr, wie die Klassenlehrerin berichtete.
Gisela Freier: “Als wir am Löwenbrunnen ankamen, war ich ebenso verwundert wie erstaunt: Die Steine, die wir im vorigen Jahr mitgenommen hatten, lagen immer noch wie eine Mahnung auf dem Brunnenrand!”
Denn die Schüler hatten in Anlehnung an eine jüdische Tradition drei Steine aus dem Garten des ehemaligen “Judenhauses”, in dem die Nazis jüdische Mitbürger in Kommern einpferchten, mit nach Köln gebracht und an die Gedenkstätte gelegt. In diesem Jahr brachten die Schüler für ermordete Juden aus Mechernich je eine Rose mit, die sie auf den Brunnenrand legten.
Dazu verlasen die Hauptschüler eine Postkarte, die deportierte Lenchen Eiffeler aus Warschau an ihre Nachbarn, die Kommerner Familie Hein, geschrieben hatte. Erst 14 Tage später kam die Karte bei Familie Hein an. “Zu diesem Zeitpunkt waren die Eiffelers und ihre beiden Kinder Hannah und Ruth schon längst tot, ermordet in den Wäldern von Maly Trostenez”, informierten die Schüler.
Die Nazis hatten die zurückgelassene Habe der jüdischen Familien akribisch dokumentiert, darunter auch das Kinderbett von Hannah Eiffeler. Der damals geschätzte Zeitwert betrug eine Reichsmark und fünfzig Pfennige – am 5. September wurden alle Gegenstände versteigert, darunter auch das Kinderbett der kleinen Hannah.
Die Schüler erinnerten an: Ruth und Hannah Eiffeler, die beide nur drei Jahre alt wurden, und an Jack Kaufmann, der mit vier Jahren aus dem Leben gerissen wurde. Die 13-jährige Käthe Lewin wurde ebenso ermordet wie Else Lewin, zwölf, Hilde Herz und Edgar Cohn, die nur 14 Jahre wurden, und die elfjährige Helga Cohn. “Ihre Namen und ihr Schicksal sollen nicht vergessen werden”, mahnten die Jugendlichen.
Gisela Freier hatte mit ihren Hauptschülern bereits verschiedene Aktionen in Kommern und Mechernich gestartet, um gegen das Vergessen der Nazi-Verbrechen an den jüdischen Familien zu kämpfen. So verlegten die Schüler in Mechernich und Kommern Stolpersteine, auf denen die Namen ermordeter Juden eingraviert sind, oder setzten dem Kommerner Juden Eduard Levano einen Grabstein, der in der Nazizeit verwehrt wurde.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

23.02.2010