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Was und wo ist meine Heimat?

Was und wo ist meine Heimat?
Gleich drei Ausstellungen im LVR-Freilichtmuseum Kommern befassen sich mit den Themen “Identität” und “Migration” und laden auch im Winter zu einem Besuch der an 365 Tagen im Jahr geöffneten Einrichtung ein
Mechernich-Kommern. Rheinland. Eine Klasse der Realschule Mechernich bittet die Besucher der Ausstellung “fremd/vertraut?!” auf ausliegenden Zetteln zu skizzieren, was und wo ihre Heimat ist und die Zettel anschließend vor einer Vitrine aufzuhängen. Hunderte ausgefüllter Zettel hat das LVR-Freilichtmuseum Kommern nun ausgewertet: “Meine Heimat ist immer da, wo mich Leute umgeben, die mich lieben” oder “Heimat ist da, wo ich mich willkommen fühle – egal in welchem Land” stehen für den Trend der Zettelnotizen: Darin definiert sich Heimat und somit persönliche Identität eindeutig über das menschliche Miteinander, nicht über Kirchtürme und Minarette und erstaunlicherweise auch selten über vertraute oder fremde Sprache. “fremd/vertraut?!”, die Werkstattausstellung, die von Schulen im Rheinland erarbeitet worden ist und mit ihren phantasievollen Inszenierungen und selbst gedrehten Filmen Aspekte des Umgangs mit dem Gewohnten und Ungewohnten, dem Eigen- und dem Andersartigen beleuchtet, hat seit Juni dieses Jahres ausgesprochen viele junge Museumsbesucher und dabei auch Menschen mit Migrationshintergrund angelockt. Sie wird noch bis 31. Januar 2011 zu sehen sein.
Migration ist für das Rheinland seit jeher ein Schlüsselbegriff. Ohne die fremden Einflüsse von beispielsweise Römern, Franzosen oder Preußen wäre das Rheinland wohl nie zu dem geworden, was es heute ist. Das LVR-Freilichtmuseum bietet hinsichtlich der augenblicklichen Migrationsdebatte einen ganz besonderen, sehr behutsamen Blick auf die Realitäten ausländischer Mitbürger: Noch bis zum 8. Mai läuft eine zweite Ausstellung, die der Frage der persönlichen Identität und Verortung in der “Heimat” nachgeht. Die in Kooperation mit dem LWL-Freilichtmuseum Detmold entstandene Ausstellung “verbunden?! Leben im (Rh)einwanderungsland” hat bezeichnenderweise die Gestalt eines Internet-Cafés. Per Video-Botschaften an den aufgestellten Computerterminals berichten Migrantinnen und Migranten von ihrem Leben und ihrem heutigen Bezug zu ihrer alten und ihrer neuen, rheinischen Heimat. Sie erzählen, wie sich ihr Leben verändert hat, welche Traditionen geblieben und was sie an Neuem aufgenommen haben. Ihr Blick auf die “rheinische Wirklichkeit”, wie sie sie wahrnehmen, was sie an ihr ablehnen oder wie sie sie interkulturell mitgestalten, empfinden die Ausstellungsbesucher als besonders interessant – und so manche Rheinländer, wie die Resonanz zeigt, als Erweiterung ihres eigenen Horizonts.
“Identität” zieht sich als Stichwort schließlich auch durch die dritte Ausstellung, die die Kommerner Institution vor einigen Jahren zum Museum über und für die Rheinländer schlechthin werden ließ: Mit dem bekennenden Namen “WirRheinländer” wird hier die “Kleinstadt Rhenania” unter Dach präsentiert, als Ergänzung des großen musealen Freilichtbereichs. Hier finden die Besucher auch bei Wind und Wetter ein Refugium, und sie könnten sogar trockenen Fußes über eine rund 150 Meter lange “Geschichtsgasse” an rund 50 Szenarien vorbeispazieren, gäbe es da nicht die eine oder andere “inszenierte” Pfütze vor einem nachgebauten Stadthaus, die an Unzulänglichkeiten früherer Infrastruktur und Hygiene im Rheinland erinnern soll. Aber es geht eigentlich um mehr: es geht um den Weg der rheinischen Region aus der Kleinstaaterei, die so manche Entwicklung hemmte, hin zu politischen Gebilden, die nach der Besetzung durch die Franzosen 1794 und fortgesetzt durch die Preußen nach 1815 so etwas wie eine “rheinische Identität” entstehen ließen.
“WirRheinländer” ist seit 2006 der große Ausstellungsrenner in Deutschlands zweitgrößtem Freilichtmuseum, und in den nächsten Wochen wird hier der millionste Ausstellungsgast erwartet. Vielleicht reist er, wie so manch andere Museumsbesucher im Winter, auf Langlaufskiern durch die verschneiten Museumsbaugruppen zur “WirRheinländer”-Halle an. Die Skier wird er – aus “konservatorischen Gründen” versteht sich – am Ausstellungseingang abstellen müssen.
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Pressekontakt: Dr. Michael H. Faber, Tel. 02443 9980-120;
michael.faber@lvr.de

Manfred Lang

09.11.2010