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Waldkauf wirtschaftlich unvernünftig

Mechernich – Hauptsächlich um den geplanten Waldverkauf des Landes NRW ging es in der “Sondersitzung” des Mechernicher Stadtrates am Montagnachmittag. Einig waren sich die Fraktionen darin, dass sich Mechernich den Kauf nicht leisten könne – auch wenn Fraktionsvorsitzender Peter von Wilcken dies mit einem “eigentlich” einschränkte. Und so stimmte der Rat mit zwei Gegenstimmen gegen den Waldkauf.
Die Sitzung war kurzfristig anberaumt worden, denn bis zum Abend sollte die Stadt Mechernich dem Kreis mitteilen, ob sie von einem Vorkaufsrecht der Waldflächen Gebrauch machen wolle. Dr. Hans-Peter Schick, Bürgermeister der Stadt Mechernich, resümierte zu Beginn der Sitzung die Situation: “Wald ist wichtig. Der Waldkauf hat die Gemüter bewegt und auch schon Köpfe gekostet.”
Der Stadtrat stehe nun vor der Frage, ob der Kreis für naturschutzfachlich bedeutsame Flächen das Vorkaufsrecht ausüben soll. Allerdings habe der Kreistag auf seiner Sitzung am 14. Juni beschlossen, das Vorkaufsrecht nur dann auszuüben, wenn die Kommunen bereit sind, die Flächen zu übernehmen.
“In der gleichen Sitzung sind auch die Darlehensbedingungen für den Kauf beschlossen worden, außerdem wurden eventuelle Schadensersatz- und Prozesskosten auf die Kommunen abgewälzt”, erläuterte Schick. Denn rein rechtlich sei nicht geklärt, ob das Vorkaufsrecht einzelner Flächen zulässig sei. Als Darlehnsbedingungen beschloss der Kreistag entweder vier Prozent Zinsen fest oder zwei Prozent über dem Leitzinssatz – Blankenheims Bürgermeister Rolf Hartmann etwa hatte vom Kreistag einen Zinssatz von einem Prozent erwartet, um im Sinne des Solidargedankens die Naherholungs-Waldflächen zu sichern.
Bürgermeister Schick: “Wenn schon das Land nicht zu seiner Verantwortung für die Naturschutzflächen steht, sollte der Kreis als Träger der Landschaftsplanung die Flächen erwerben.” Der Erste Bürger der Bleibergstadt hatte dem Kreis auch einen Vorschlag unterbreitet, wie das Ganze zu finanzieren sei: Die für den Waldkauf erforderlichen sechs Millionen Euro hätte der Kreis aus der rund 160-Millionen-Euro-Rücklage der Kreis-Mülldeponie bei Strempt entnehmen können.
Dieses Geld sei dann in Grund und Boden mit Waldbeständen und fernab von Spekulationsrisiken der Bankhäuser krisensicher angelegt. Der Kreis hätte bei einem Haushaltsvolumen von 200 Millionen Euro lediglich auf 210.000 Euro verzichten müssen– dafür wäre der Wald aber dauerhaft den Kreisbürgern sicher gewesen. “Und man hätte notfalls wieder verkaufen können, wenn das Geld für die Nachsorge der Deponie gebraucht worden wäre”, so Hans-Peter Schick. Dies habe der Kreistag aber abgelehnt und stattdessen die Kredite angeboten. Hätte es mehr Vorbereitungszeit gegeben, hätte man auch über Modelle wie den Bürgerwald nachdenken können.
Peter Dierichsweiler, zuständig für Wirtschaftsförderung in Mechernich, gab danach eine Situationsbeschreibung: Es ginge um rund 300 Hektar zu Weyer und Kallmuth gehörendem Wald, etwa 200 Hektar davon seien Naturschutzflächen. Dieses Waldflächen umgeben unter anderem auch das Gebiet der Wassergewinnungsanlage Urfey.
“Manche der Flächen sind stark pflegebedürftig, auch durch den Orkan Kyrill”, berichtete Dierichsweiler. Fichten- und Buchenbestand seien jeweils zur Hälfte vorzufinden. Während der Buchenbestand durch Brennholzverkauf an manchen Flächen einträglich sein könne, müsse man gerade bei vielen Fichtenflächen Geld in die Hand nehmen, um dort zu wirtschaften.
Selbst wenn nur die Naturschutzflächen gekauft würden, belaste der Waldkauf den Haushalt um 120 000 Euro nach der Finanzrechnung, in der auch die Belastung durch den Finanzbedarf für den Kredit eingerechnet ist; um geschätzte 70 000 Euro, wenn man nur die Ergebnisrechnung zu Grunde legt (ähnlich Gewinn-Verlustrechnung).
Ein unkalkulierbares Risiko stellten zudem die unsichere Rechtslage und die Bedingung des Kreises dar, für eventuelle Schadensersatz- und Prozesskosten aufzukommen. Peter Wassong, stellvertretender Bürgermeister Mechernichs, sagte, dass die bislang letzten beiden Landesregierungen die Eifeler mit der Planung des Waldverkaufs “an der Nase herumgeführt” hätten.
“Der Kreis sollte den gleichen Fehler nicht noch einmal machen”, so Wassong. Die sechs Millionen der 160-Euro-Rücklage hätte der Kreis anlegen können, leider wäre der Kreistag dem Vorschlag des Landrates gefolgt. Auch Mechernicher Ratsmitglieder aller Fraktionen, die ebenfalls im Kreistag vertreten sind, hätten gegen den Vorschlag von Bürgermeister Schick gestimmt, worüber Wassong sein Unverständnis und Ärger deutlich machte.
Auch deutete er eine Ungleichbehandlung der Kommunen an und fragte, wieso etwa Zülpich für das Bademuseum erst 500 000 Euro als Kredit, später aber geschenkt bekommen habe. Der Kreis habe zwar die 35 Millionen Euro Anlage bei Lehmann Brothers zurückbekommen. “Aber was ist aus den Zinsen des letzten halben Jahres, dem Zeitpunkt zwischen der Insolvenz des Bankhauses und dem tatsächlichen Zeitpunkt des Geldrückflusses geworden? Vom Kreis erfahren ich es nicht!”, so Peter Wassong. Auch Fraktionsvorsitzender Wolfgang Weilerswist bezeichnete manche Geldanlagen des Kreises als “dubios”.
Der Weyerer Peter Wassong: “Wir sind der Meinung, der Kreis hätte den Waldkauf tätigen können, wir von der Stadt Mechernich können es uns nicht leisten. Aber vielleicht kann man mit den privaten Waldbesitzern besser umgehen als mit den jetzigen Verwaltern.” Nach diesen Worten klatschten einige Ratsmitglieder Beifall.
Auch dem 2. Stellvertretenden Bürgermeister Robert Ohlerth war es unverständlich, dass der Kreis den Waldkauf nicht getätigt hat. “Das kann man dem Bürger nicht erklären”, sagte der Kallmuther und lobte ausdrücklich den Bürgermeister für seinen Vorschlag, durch den der Kreis ohne finanzielles Risiko den Waldkauf hätte finanzieren können.
Fraktionsvorsitzender Wulf-Dietrich Simon bezeichnete es als “Unverschämtheit”, dass die Kommunen nun Wald kaufen sollten, der dem Bürger schon gehört hat und stimmte der Einschätzung und Empfehlung der Stadtverwaltung zu, dass sich Mechernich den Kauf nicht leisten könne – eine Einschätzung, die auch Wolfgang Weilerswist und Fraktionsvorsitzender Dr. Árpád Konovaloff teilten. Konovaloff wies auch darauf hin, dass der Wald bleibe, auch wenn er privatisiert werde. Peter Dierichsweiler hatte zudem darauf hingewiesen, dass für private Besitzer die gleichen Naturschutzauflagen wie für öffentliche Träger gelten.
Fraktionsvorsitzender Peter von Wilcken hingegen war für den Waldkauf durch die Bleibergstadt, “auch wenn es unvernünftig klingt”. Der private Investor, die Bofrost-Stiftung, sei nicht gemeinnützig, sondern eine Familienstiftung. Durch den Kauf könne die Stiftung Steuervorteile erwirtschaften, die dem Bürger dann fehlten. Wilcken: “Eigentlich können wir uns den Kauf nicht leisten, aber wir haben auch eine Daseinsvorsorge gegenüber dem Bürger.” Schließlich seien auch Schwimmbad und Dreifachturnhalle unwirtschaftlich, aber eben wichtig.
Ratsherr Peter von Mayerhofen wies daraufhin, dass es aber die Dreifachturnhalle und das Schwimmbad nicht gäbe, wenn die Investitionen nicht geflossen wären, der Wald sei aber auch nach einem Verkauf da. Bei der Abstimmung folgte der Rat bei zwei Gegenstimmen der Empfehlung der Verwaltung, aus finanziellen Gründen von einem Waldkauf abzusehen.
Wo der dringendere Handlungsbedarf herrscht, nämlich gerade bei der Förderung von Kindern, Jugend und Familie, wurde bei der Abstimmung über die beiden weiteren Tagesordnungspunkte deutlich, die aus ökonomischen Gründen gleich in der “Sondersitzung” mit behandelt wurden: Die Auftragsvergaben für die Erweiterung der Kindertagesstätte Roggendorf um eine Gruppe für Kinder unter drei Jahren und für die Dachsanierung der Grundschule Kommern waren schnell einstimmig angenommen.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

14.08.2009