Vom Wert des Gartens
Mehr als ein Hobby: FreiIichtmuseum Kommern informiert über die Sozialgeschichte der Hof- und Gartenarbeit und gibt Tipps zum Lebensmittelanbau heute
Mechernich-Kommern – Eine neue Ausstellung „Wilde Vielfalt im Museum“ dokumentiert den heilbringenden Einsatz von Wildkräutern für Menschen, Tiere und den Naturhaushalt. In Kombination mit der Ausstellung „Stadt, Land, Garten“ können Museumsbesucher nachvollziehen, für was Brennessel, Minze, Dost, Weißdorn, Spitzwegerich und Bärwurz alles gut sein können.
Es geht um die kulturgeschichtliche Entwicklung vom bäuerlichen und vorindustriellen Nutzgarten bis hin zur neuen experimentellen Form des sogenannten „Urban Gardening“, schreibt der Reporter Cedric Arndt in den Kölner Tageszeitungen. „Bis zur Nachkriegszeit war der Anbau von Lebensmitteln im eigenen Gemüsegarten überlebenswichtig“, erklärte Museumsmitarbeiterin Vanessa Sterner während eines Rundgangs durch die Ausstellung.
Neben dem Lohn gab es häufig gepachtetes Gartenland vom Arbeitgeber. Gartenarbeit und Kleinviehhaltung nach Feierabend waren an der Tagesordnung und sorgten für hinreichend „Arbeit nach der Arbeit“ – mit Hobby hatte das wenig zu tun. Es war unumgänglicher Alltag, um die Nahrungsversorgung der eigenen Familie zu gewährleisten.
Wissen, was auf den Tisch kommt
In einem durch unterschiedlich große Schautafeln dargestellten Jahresring bietet die neue Ausstellung einen Überblick über den Arbeitsaufwand, den der Anbau von der Aussaat über die Pflege während des Wachstums bis zur Ernte und die Konservierung der Lebensmittel in den verschiedenen Jahreszeiten mit sich brachte.
Mittlerweile dient der heimische Garten immer seltener als Nutzfläche für den Nahrungsanbau, sondern vielmehr zur Erholung und Freizeitgestaltung. „Dennoch ist wieder ein Trend zu beobachten, der den Wunsch nach pestizidfreiem und nachhaltigem Anbau widerspiegelt“, sagte Vanessa Sterner dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
„Die Wechselwirkung zwischen dem eigenen Handeln und den Auswirkungen auf die Natur wird immer mehr Menschen bewusst“, so die Museumsmitarbeiterin. Selbst in Großstädten auf dem Balkon würden von Idealisten heute Gemüse, Salat und Kräuter angebaut. Cedric Arndt schreibt: „Aufbauten aus Plastikflaschen oder -rohren, in denen einzelne Pflanzen mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden können, finden immer häufiger Einzug.“
Neben der geschichtlichen Aufarbeitung der Gartenarbeit beschäftigt sich die Ausstellung mit dem Thema Wildkräuter. „Pflanzen, die zu Großmutters Zeiten noch zum Alltag gehörten, sind heute fast in Vergessenheit geraten oder werden fälschlicherweise als Unkraut betitelt“, erklärte Stiftungsmitarbeiterin Laura Fortmann. Allein mit den nützlichen Eigenschaften der Brennnessel ließe sich eine eigene Ausstellung füllen.
Selbst säen und ernten
Die Ausstellung beleuchtet den Wert der Pflanzen für Mensch und Tier. Sei es als Nahrung, im Bereich der Medizin oder auch als Textilien für unsere Kleidung. In Deutschland steht fast ein Drittel der heimischen Wildpflanzen auf der Roten Liste. Um diesem Trend entgegenzuwirken, können Museumsbesucher im Zuge der Ausstellung auch selbst aktiv werden.
Im Außenbereich der Scheune Sechtem, die als Ausstellungsort dient, bieten große Pflanzkisten die Möglichkeit, sich aktiv mit dem Anbau von Wildkräutern zu befassen. „Unsere Besucher können hier selbst Kräuter aussäen, pflegen und ernten, um ein Gespür für die Arbeit zu bekommen“, berichtete Museumsleiter Dr. Josef Mangold der „Kölnischen Rundschau“. Das diene dazu, seltene Arten zu erhalten und auf die zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten der Kräuter aufmerksam zu machen.
pp/Agentur ProfiPress