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„Unser Kreuz hat keine Haken“

Mutmach-Gottesdienst für eine ausgesöhnte Weltsicht und gegen Ausgrenzung in St. Rochus in Strempt war von Rainer Pütz und Manni Lang vorbereitet worden

Mechernich-Strempt – „Ich ben us Palermo, braat Spaghettis für üch met. Un ich wor ne Pimock, hück laach ich met üch met. Ich ben Grieche, Türke, Jude, Moslem un Buddhist, mir all, mir sin nur Minsche, vür‘m Herjott simmer glich“: Der „Stammbaum“ der „Bläck Fööss“ war der Themensong beim jüngsten Mutmach-Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Rochus in Strempt, den Sacro-Pop-Band und Chor „Rainer Wahnsinn“ vergangenen Sonntag gemeinsam mit mehreren Dutzend Gläubigen feierten.

Der Chor „Rainer Wahnsinnn“ gab wieder den schönen musikalischen Rahmen des Gottesdienstes vor und wurde am Sonntag in der Strempter Kirche von vier Instrumentalisten begleitet, hier im Bild Günther Rau am E-Bass und Ralf Pütz mit der Cajon. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur Profipress
Der Chor „Rainer Wahnsinnn“ gab wieder den schönen musikalischen Rahmen des Gottesdienstes vor und wurde am Sonntag in der Strempter Kirche von vier Instrumentalisten begleitet, hier im Bild Günther Rau am E-Bass und Ralf Pütz mit der Cajon. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Ungewöhnlich genug für einen Gottesdienst war auch eine „weltliche“ Lesung aus Carl Zuckmayers Theaterstück „Des Teufels General“, in der es um die Genealogie des Rheinländers geht, ein Vielvölkergemisch, das seine Existenz und leichtfüßig-mediterrane Lebenssicht angeblich „klebengebliebenen“ Händlern, Marketenderinnen, Pilgern und Deserteuren verdankt.

Auch bei diesem Gottesdienst brachte Diakon Manfred Lang die Menschen zum Nachdenken, Zuhören, Mitfühlen und Schmunzeln. Die ausgesuchten Texte und Lieder waren sehr passend aufeinander abgestimmt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress
Auch bei diesem Gottesdienst brachte Diakon Manfred Lang die Menschen zum Nachdenken, Zuhören, Mitfühlen und Schmunzeln. Die ausgesuchten Texte und Lieder waren sehr passend aufeinander abgestimmt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Zum Evangelium rezitierte Georg Schürmann die Seligpreisungen der Bergpredigt, Diakon Manfred Lang interpretierte sie als Umwertung einer rein irdischen Sichtweise: „Das Wort, das im Griechischen da steht, »makarios«, sollte man nicht mit »selig« übersetzen, sondern mit »glücklich«. Warum aber sollte Jesus Arme, Traurige, Leidtragende und Verfolgte »glücklich« nennen?! Glück ist für uns das Gegenteil! Die Wohlhabenden, die Zufriedenen, die Abgesicherten, die sind glücklich für uns!“

„Besitzen, nicht besessen sein“

Jesus glorifiziere natürlich nicht die Armut. Es gehe ihm um innere Freiheit, wo Menschen ihre Herzen nicht mehr an den Besitz hängen und an die Lebensumstände: „Kein »Höher, weiter, mehr« sollen uns gefangen nehmen. Genieße alles, was Du hast und was Dir zufällt, aber hänge Dein Herz nicht daran, sonst besitzt Du nicht, sondern wirst besessen…“

Diesmal ging es darum, Mut zu fassen, das eigene Leben anzunehmen, zu lieben und zu leben: „Es mit anderen zu leben, in Liebe und ohne Ausgrenzung.“ Denn vor Gott seien alle Menschen gleich, wie es beim Apostel Paulus im Brief an die Galater heißt: „Hier ist kein Jude noch Grieche, hier ist kein Knecht noch Freier, hier ist kein Mann noch Frau; denn ihr seid allzumal einer in Christus Jesus.“

Georg Schürmann unterstützte den Diakon während des Wortgottesdienstes mit den Seligpreisungen Jesu aus der Bergpredigt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress
Georg Schürmann unterstützte den Diakon während des Wortgottesdienstes mit den Seligpreisungen Jesu aus der Bergpredigt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Der Diakon warf zur Verdeutlichung einen Blick auf den EM-Kader des DFB: „Das sind keine gleichgroßen, gleichblonden und blauäugigen Helden, sondern höchst unterschiedliche individuelle Menschen mit unterschiedlichen Aufgaben und Talenten. Dazu gehören ein Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Maximilian Mittelstädt, Nico Schlotterbeck, Robert Andrich, Chris Führich, Pascal Groß, Florian Wirtz, Toni Kroos, Niclas Füllkrug, Kai Havertz und Thomas Müller. Aber eben auch unser Kapitän Ilkay Gündogan, Antonio Rüdiger, Jonathan Tah, Waldemar Anton, Benjamin Henrichs, Aleksandar Pavlovic, Leroy Sane, Jamal Musiala und Deniz Undav. Sie alle sind Deutschland!“

Bandleader Rainer Pütz (vorne) und sein Bruder Ralf Pütz ergänzen und unterstützen sich gegenseitig bei ihren zahlreichen musikalischen Vorhaben, wie hier beim Mutmach-Gottesdienst in Strempt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Ohne Vielfalt sei alles grau in grau, aber bei genauem Hinsehen erweise sich die Welt als bunt: „Daran erinnert uns nach jedem Gewitter der Regenbogen, den Gott nach der Sintflut als Zeichen seines Bundes mit den Menschen in die Wolken gesetzt hat. Bunt ist auch unsere Gesellschaft, das Zusammenspiel der Völker und das Zusammensein von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe und Religion. Wir sind zur Freiheit berufen! Unser Kreuz hat keinen Haken…“

Der frühere Berufs- und Kirchenmusiker Rainer Pütz gibt mit den Liedern, die er mit dem Ensemble „Rainer Wahnsinn“ aussucht und einübt den spirituellen Rahmen für die Mutmach-Gottesdienste vor. Bei den ersten beiden Gottesdiensten waren „An Tagen wie diesen“ von den „Toten Hosen“ und der Taizé-Psalm „Meine Hoffnung und meine Freude“ die Titelsongs.

„Jesus remember me…“

Diesmal intonierte die Band und sang der Chor neben dem „Stammbaum“ der „Fööss“ auch die Ode an die Freude aus Beethovens berühmter neunter Sinfonie, die so genannte „Europahymne“. Richtig unter die Haut gingen an Stelle der üblichen Fürbitten zehn christliche Standpunkte, die Georg Schürmann und Manni Lang vorbrachten, und die von einer sichtlich bewegten Gemeinde im meditativen Antwortgesang unterstrichen wurden: „Jesus remember me, when you will come into your Kingdom“.

Der Familienmesskreis mit (v.l.) Jan und Silke Kratz, Agnes Peters, Claudia und Lena Simon hatte wie auch schon bei früheren Mutmach-Gottesdiensten Getränke und köstliche Leckereien vorbereitet. Die Häppchen und Getränke waren heiß begehrt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress
Der Familienmesskreis mit (v.l.) Jan und Silke Kratz, Agnes Peters, Claudia und Lena Simon hatte wie auch schon bei früheren Mutmach-Gottesdiensten Getränke und köstliche Leckereien vorbereitet. Die Häppchen und Getränke waren heiß begehrt. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Das sind die Worte des guten Schächers, der in der Bibel zur Rechten gekreuzigt wird und den sterbenden Gottessohn anfleht: „Herr, gedenke meiner, wenn Du in Dein Reich kommst“. Und dem Jesus die Trostworte schenkt: „Wahrlich, ich sage Dir, heute noch wirst Du mit mir im Paradiese sein.“

Weitere Lieder, die übrigens von allen mitgesungen werden konnten und auch mitgesungen wurden, waren das berühmte „Halleluja“ von Leonhard Cohen, „Komm näher, Friede“ und „You are the reason“ sowie nochmals der „Stammbaum“ und „Kutt joot heim“, ebenfalls von den „Bläck Fööss“, intoniert und interpretiert von „Rainer Wahnsinn“.

Gute Akustik, zur Fußball-EM passender Kirchenraumschmuck und eine bis in die Seitenbänke gut gefüllte Kirche gaben dem Mutmach-Gottesdienst den angemessenen Rahmen und zeugten vom guten Konzept. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress
Gute Akustik, zur Fußball-EM passender Kirchenraumschmuck und eine bis in die Seitenbänke gut gefüllte Kirche gaben dem Mutmach-Gottesdienst den angemessenen Rahmen und zeugten vom guten Konzept. Foto: Sabine Roggendorf/pp/Agentur ProfiPress

Nach dem Gottesdienst luden Agnes Peters, Claudia und Lena Simon sowie Silke und Jan Kratz vom Familienmesskreis der GdG St. Barbara und der Pfarre St. Johannes Baptist, Mechernich, noch zu einer kleinen Agape mit selbstgebackenen Snacks und Getränken ein.

pp/Agentur ProfiPress