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Tollitäten übernehmen das neue Rathaus

Tollitäten übernehmen das neue Rathaus
In der traditionellen Schein-Schlacht am Weiberdonnerstag sprachen wieder Kanonen und Musketen vor dem Mechernicher “Beamtenbunker” – Am Ende des Scheingefechts musste Bürgermeister Schick die weiße Flagge schwenken
Mechernich – “Wir fordern die Verwaltung und den Bürgermeister auf, das Rathaus zu verlassen – und es dem Dreigestirn zu überlassen!”, verkündete Heinz “Addy” Sechtem, Prinzengarde-Kommandant und Mechernicher Ratsherr, lautstark am Weiberdonnerstag. Pünktlich um 11.11 Uhr war er mit seinen Truppen, der Prinzengarde und dem Festausschuss Mechernicher Karneval, vor dem neuen Rathaus angerückt und hatte ein schlagkräftiges Argument für seine “jecke Forderung”: seine Artillerie in Form eine fahrbaren Kanone.
Doch so leicht gab der Mechernicher Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick nicht auf, obwohl schon seit über 30 Jahren die Bürgermeister von der Prinzengarde solcherart an Weiberfastnacht aus dem Amtssitz “gefeuert” werden. Stattdessen feierte der Erste Bürger Mechernichs weiter zusammen mit seinen Verwaltungskollegen, in sicherer Höhe auf dem großen Balkon vor dem Ratssaal im zweiten Stock. Die passenden Klänge dazu lieferten die Musikkapelle der Prinzengarde und das Stadttambourcorps.
Auch die Karnevalisten schienen keine Eile mit der Erstürmung des Rathauses zu haben. “Das sind Beamte, bei denen dauert sowieso alles länger”, kommentierte Sechtem trocken und ließ erstmal das Mechernicher “Zweigestirn” Jungfrau “Karla” Karl-Heinz (Schmitz) und Bauer Norbert (Schnotale) zu Wort kommen. Die bedauerten kräftig ihren verunglückten Prinz Aloys (Schnotale), der wegen seines Sehnenrisses nicht zu den karnevalistischen Rathausstürmern gehören konnte.
Aber der Prinz hatte Vertretung geschickt: Seine achtjährige Tochter schritt vor den 400 Mechernichern, die sich das traditionelle Scheingefecht nicht entgehen lassen wollten, auf die Bühne. Die Kleine griff zum Mikrofon und sagte über ihren “Papa”: “Als Prinz geboren ist er nicht, aber Gott sei Dank in Mechernich!” Spontaner Applaus brandete in der Menge auf.
Währenddessen hatte sich ein Mann auf Krücken auf den Rathausbalkon geschleppt und hörte Johanna besonders gut zu: Der verunglückte Prinz Aloys (Schnotale) stand als stolzer Vater neben dem Bürgermeister. “Addy” Sechtem quittierte den gekonnten Vortrag der Achtjährigen mit den Worten: “Da haben wir ja Glück gehabt, dass Dein Papa krank ist!”
Als der Bürgermeister selbst nach einem “Neues Rathaus – Alaaf!” noch nicht aus dem “Beamtenbunker” trat, ließ der Prinzengarde-Kommandant die Waffen sprechen. Laut donnernd zielten die Kanoniere ungeniert mit dem über zwei Meter langen Rohr auf den glänzend neuen Haupteingang des neuen Rathauses.
Wer sich dabei schon die Ohren zuhielt, wurde von dem Antwortfeuer des jecken Rathausgefechts überrascht: Auf dem Balkon hatten sich die “Fremdenlegionäre”, nämlich drei Kommerner Schützen, mit ihren Musketen verschanzt und reichten auch dem Bürgermeister Schick eine Handfeuerwaffe. Aus deren stählernen Kehle brüllte, von echtem Schießpulver genährt, ein weitaus größerer Donner als aus der Kanone los.
Doch die Prinzengarde-Kanoniere luden nach wie am Fließband, dass das neue Rathaus zitterte. Schließlich kam es, wie es kommen musste: Bürgermeister Schick schwenkte die weiße Fahne. Ratsherr Heinz Sechtem wandte sich an die Menge: “Der Stadtrat hat die nächsten Tage frei, nutzt die Gelegenheit, selbst Quatsch zu machen!”
Fröhlich die Fahne schwenkend trat der Mechernicher Stadtchef mit seinem Verwaltungstross aus dem Haupteingang, den symbolischen Stadtschlüssel unter dem Arm. Sichtlich unzerknirscht übergab Schick den Schlüssel dann Prinzentochter Johanna, um dann aber doch erst einmal als gekonnter Büttenredner sein Leid zu klagen:
“Nee, nee watt öss datt schlääch
Datt öss mir äve jarnett rääch
Jerad iesch senn me enjetrocke
Do solle mir att wedde socke
Am leevste wär ich setze blevve
Schön am Sessel fass jeklevve
Unn hääv üch Jecke öm de Eck
Zom Bürocontainer fottjescheck
Doch jetz moss ich saare: Spiel iss aus
Neues Rathaus, Schick muss raus!
Rathaus und Container jestürmt
Verwaltung mitsamt Bürgermeister jetürmt”
Schick dankte bis Aschermittwoch ab und überließ den Tollitäten das Regieren der tollen Tage mit den Worten:
“Der Rat ist mit mir ohne Macht
Und hat sich aus dem Staub gemacht
Der Sechtems Heinz ist ungeniert
Zur Prinzengarde desertiert
Hat auf den Amtseid was gepfiffen
Das neue Rathaus angegriffen.
Ich rufe deshalb ohne Klaaf:
Dem Narrenheer hier laut: Alaaf”
Prinzentochter Johanna verlas noch das Grundgesetz des Narrenheers: Artikel vier forderte etwa auf, den Dingen nicht nachzujammern, denn “wat fott es, es fott – Das alte Rathaus ist endlich weg, das neue hat sogar unseren Beschuss ausgehalten und ist doch auch sonst ganz schön!”, sagte Johanna. Auch meinte sie: “Wat wellste maache – fügt Euch in Euer Schicksal ein, und wenn es der Ostring ist. Auch andere wollen ihre Ruhe haben.” Dann aber war Schluss mit den Reden. “Mer wolle net lamentiere, sondern fiere!” Dem kamen Sieger und Besiegte ebenso gern wie die zahlreichen Zuschauer nach.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

26.02.2009