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Spielplätze werden auf Blei getestet

Schwappt die in der Nachbarstadt Mechernich seit anderthalb Jahren schwelende Schwermetall-Debatte zwei Monate vor der Kommunalwahl auch nach Kall?

Kall – Mit der natürlicherweise vorkommenden Bleibelastung im Gemeindegebiet Kall beschäftigen sich in ihren Freitagsausgaben die im Kreis erscheinenden Kölner Tageszeitungen. Darin wird unter anderem auch Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser zitiert: Wenngleich keine akute Gefährdung bestehe, nehme er diesbezügliche Sorgen in der Bevölkerung sehr ernst.

Die Kaller Metallhütte produzierte bis 1971 Blei aus australischem Erz und verarbeitete auch andere Metalle. Die Kommune war historisch wie die Nachbarstadt Mechernich von Bergbau und Verhüttung geprägt. Mit den Spätfolgen der geogenen Schwermetallbelastung wird heutzutage unter anderem auch Politik gemacht. Repro: Hubert Büth/pp/Agentur ProfiPress

Der Autor des Berichtes, „Rundschau“-Redakteur Michael Schwarz, schildert die seit anderthalb Jahren schwelende Bleikampagne in Kalls Nachbarkommune Mechernich. Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die seit Jahrhunderten bekannte Bleiproblematik im Raum Kall-Mechernich auch Kall treffen würde. Dort hatte die Metallhütte im heutigen Gewerbegebiet noch fast 15 Jahre länger bestanden und australisches Blei verhüttet wie das 1957 geschlossene Mechernicher Bleibergwerk.  

Der Kommunalwahlkampf wird zwar nicht ausdrücklich als Auslöser der nun eröffneten Kaller Bleidebatte genannt, aber die Kommunalpolitiker Guido Huppertz und Hans Reiff stellen in dem Artikel fest, dass sich mehr und mehr Bürger bei ihnen ob ihrer Sorgen wegen der Bleibelastung in Kaller Böden meldeten.

Bleisorge und Baulandpolitik

Eine klare Antwort könne er diesen Anrufern aber nicht geben, klagt Reif, denn es gebe keine parzellenscharfe Bodenanalysen in Kall. „Für alteingesessene Eifeler vor Ort ist das Thema Bleibelastung im Boden ein alter Hut, mit dem sie seit Kindesbeinen an zu leben gelernt haben“, wird der Ratsherr Guido Huppertz zitiert.

Über die Jahre sei die Belastung und somit auch die Relevanz des Themas gesunken – bis vor kurzem, als in der Nachbarstadt Mechernich das Thema wieder aufgekocht wurde. Und zwar möglicherweise nicht aus ernster Gesundheitssorge, sondern um Baugebiete vor der eigenen Haustür zu verhindern, vermutet Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser.

Schwermetallhaltige Schlacken aus Kall wurden in den fünfziger bis siebziger Jahren im Straßenbau des Altkreises Schleiden allerorten verbaut. Steine von hier gingen auch zum Deichbau an die niederländische Nordsee. Repro: Hubert Büth/pp/Agentur ProfiPress

In Dottel wurde laut Tageszeitungsartikel eine Bleibelastung zwischen 2000 und 5000 mg pro Kilo Erde festgestellt, Keldenich komme auf 1000 bis 2000 und Kall in Randbereichen auf 200 bis 500 mg. Der Prüfwert der Bodenschutzverordnung für Gebiete, in denen Kleinkinder spielen und nicht selten Erde direkt oder indirekt über die Finger in den Mund bekommen, liege bei nur 200 Milligramm.

Ab dann sollte darüber nachgedacht werden, ob Handlungsbedarf besteht – und wenn ja, welcher. In der Nachbarstadt Mechernich wird zurzeit die Erde auf bleibelasteten Kinderspielplätzen gegen unbedenklichen Mutterboden ausgetauscht. Michael Schwarz schreibt: „Akute Gefahr bestehe nicht, so die Experten, die sich mit ähnlichen Werten in Mechernich befassen, denn Blei entfalte seine gesundheitlichen Folgen, etwa auf die Entwicklung bei Kindern, erst bei dauerhafter Aufnahme.“

„Die Kaller Bürgerinnen und Bürger und insbesondere junge Familien sollten wie in Mechernich umfangreich und fachlich begleitet informiert werden“, fordere Guido Huppertz. Finanzielle Erwägungen oder Wünsche zur Ausweisung neuer Baugebiete dürften dabei kein Hindernis sein. Michael Schwarz: „Die Grünen stehen der Ausweisung neuer Baugebiete sehr skeptisch gegenüber, wie die Diskussionen zum Landesentwicklungsplan im Vorjahr deutlich machten.“

Untersuchungen kosten 25.000 Euro

Auch er nehme die Sorgen der Einwohner ernst, versichert Bürgermeister Hermann-Josef Esser dem Autor. Daher lasse die Gemeinde, ähnlich wie Mechernich, die Böden aller 23 Kinderspielplätze sowie die der acht Außenanlagen der Kindertagesstätten testen. Auch Bereiche im Gemeindegebiet, die wenig bis gar nichts mit dem Bergbau zu tun hatten, würden in die Untersuchungen einbezogen.

„Wir gehen bis nach Krekel und Sistig“, so Bürgermeister Esser, der zeigen will, wie ernst es den Verantwortlichen mit der Gesundheit der Bürger ist, insbesondere der Kinder und Jugendlichen. Bis zu 25 000 Euro lässt sich die Gemeinde diese Untersuchungen kosten. Weil Politik und Verwaltung möglichst schnell Ergebnisse vorliegen haben möchten, sei auf ein langwieriges Förderantragsverfahren verzichtet worden, so der Bürgermeister laut Zeitungsbericht.

Bürgermeister Hermann-Josef Esser will alle 23 Kinderspielplätze im Gemeindegebiet auf Blei beproben lassen, auch in solchen Orten, die wenig bis gar nichts mit dem Bergbau zu tun hatten. „Wir gehen bis nach Krekel und Sistig“, so Esser, der zeigen will, wie ernst es den Verantwortlichen mit der Gesundheit der Bürger ist, insbesondere der Kinder und Jugendlichen. Bis zu 25 000 Euro lässt sich die Gemeinde diese Untersuchungen kosten. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Wenn es aber tatsächlich zu teuren Sanierungsmaßnahmen kommen sollte, werde die Gemeinde das Land an seine Verantwortung erinnern – ähnlich wie es Essers Mechernicher Amtskollege Dr. Hans-Peter Schick immer wieder mit Erfolg tut. Bei den anstehenden Ausbesserungsmaßnahmen an mehr als 40 Kinderspielplätzen im Mechernicher Stadtgebiet trägt das Land einen großen Teil der Kosten.

Gartenbodentest für 500 Euro

Die Diskussion in der Nachbarstadt hat Esser intensiv beobachtet. „Ein Teil der Bürger macht sich wirklich Sorgen wegen der Gesundheit“, stellt er fest: „Das nehme ich ernst.“ Einigen, so Essers Beobachtung, sei es aber darum gegangen, sich an Bürgermeister Schick abzuarbeiten.

Andere wiederum hätten das Thema Blei wohl vorgeschoben, um Bautätigkeiten vor der eigenen Haustür zu verhindern. „Ich hoffe, dass das Thema nicht von einigen instrumentalisiert wird, um Baugebiete zu verhindern, die sie nicht möchten“, sagt Esser mit Blick auf Kall.

Schwarz: „Die Verwaltung und große Teile der Politik möchten nämlich über Projekte wie »Region+« und »Bauen an der Schiene« gerne neue Bürger nach Kall anziehen.“

Für Ziergärten kostet eine Bodenuntersuchung zwischen 400 und 500 Euro bei etwa 500 Quadratmetern; bei Nutzgärten rund 800 Euro mit einer Bewertung und Empfehlung durch den Kreis. Auf seiner Homepage gibt der Kreis Empfehlungen unter www.kreis-euskirchen.de/umwelt/bodenschutz_und_altlasten/bleibelastungszone.php

pp/Agentur ProfiPress