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Mechernicher THW-Helfer in Haiti

Mechernicher THW-Helfer in Haiti
Der Mechernicher Ingenieur und THW-Helfer Jens Bädorf kommt in wenigen Tagen aus Haiti zurück, wo er für die Hilfsorganisation in Camps arbeitet – Noch viele Menschen leben in den Notlagern
Mechernich – Wenn Jens Bädorf in wenigen Tagen nach Mechernich zurückkehrt, hat er eine Menge Erfahrungen und Bilder im Gepäck. Dann liegen nämlich vier Wochen hinter dem 32-jährigen Katzveyer, in denen er für das Euskirchener THW als Ingenieur in Haiti gearbeitet hat.
Nachdem im Januar 2010 ein schweres Erdbeben Haiti erschüttert hatte, leben besonders in der Hauptstadt Port-au-Prince auch heute noch Tausende Menschen in so genannten Camps (Lagern) in Zelten. Der Mechernicher Ingenieur Bädorf, der auch in der Freiwilligen Feuerwehr Mechernich aktiv ist, berichtete am Telefon aus Haiti von seiner Arbeit dort.
Er schildert seinen Eindruck von der Situation vor Ort, gut ein Jahr nach der Katastrophe mit rund 250.000 Toten: “Es gibt Momente, wenn wir durch Port-au-Prince fahren, die mich an Urlaub in Frankreich oder Italien erinnern. Dann aber gibt es auch immer noch Spuren der Zerstörung. Zerstörte Häuser, Menschen, die Schutt abtragen. Manche leben in ihren zerstörten Häusern. Und natürlich gibt es Camps, in denen die Menschen hausen.”
In Port-au-Prince, so schätzt Bädorf, gebe es noch rund hundert Camps, in denen Menschen leben, die bei der Katastrophe ihr Haus oder ihre Wohnung verloren haben. “In einigen leben 50 bis 60 Familien, in anderen bis zu 10.000 Menschen”, berichtet er. In zweien davon arbeitet der Mechernicher, der dabei auf sein Fachwissen als Ingenieur zurückgreifen kann.
Bädorf berichtet: “Wenn ein richtiger Regenfall kommt, steht das Wasser im Camp zentimeterhoch. Wir bauen einen Kanal, um das Wasser oberhalb des Camps abzufangen und durch das Lager in den Fluss zu leiten.” Weil es in den engen Camps zwischen den Zelten kaum möglich sei, mit Baggern oder schwerem Gerät zu arbeiten, sind die Teams relativ groß: “Im Moment arbeite ich mit 20 Helfern.” Bädorf selbst spricht dabei mit den sogenannten “Bossen”, einheimischen Vorarbeitern mit einer handwerklichen Ausbildung, ab, was als nächstes zu tun ist. Die leiten die Arbeiter an, die möglichst wöchentlich neu rekrutiert werden, denn: “Wir haben ein Programm, das nennt sich “cash für work” (Bares für Arbeit). Jeder, der für uns arbeitet, erhält dafür fünf Dollar. Für viele ist das die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Daher stellen wir die Teams jede Woche neu zusammen.”
Dennoch beobachtet der Mechernicher auch, dass die Menschen in den Camps zu einer Art “Alltag” zurückgefunden haben. “Mein Eindruck ist, dass sie sich einigermaßen mit ihrem Schicksal abgefunden haben. Manche gehen auch tagsüber arbeiten.” Auch haben Hilfsorganisationen sich insbesondere der Kinder angenommen: “In dem Camp, in dem ich gerade arbeite, sind in kleinen Holzhäusern ein Kindergarten und eine Schule untergebracht, sie werden von der AWO betrieben.” Zudem, so Bädorf, könne man in den Camps beinahe alles kaufen: “Fliegende Händler laufen durch die Lager und bieten alle möglichen Waren an. Wenn ich Appetit auf ein Stück Fleisch habe, könnte ich sicher auch das im Lager erstehen. Ob die Qualität allerdings so wäre, dass mein Magen das aushält, ist die andere Frage.”
Im gesamten Stadtgebiet gebe es wieder überall Geschäfte, ebenso wie die in Port-au-Prince typischen Händler, die am Straßenrand ihre Ware feilböten.
Der Mechernicher Bädorf selbst ist, gemeinsam mit anderen THW-Helfern, in einem als sicher geltenden Viertel untergebracht: “Wir haben ein Haus angemietet, in dem wir auch ein Büro mit Internetzugang eingerichtet haben. Darin verpflegen wir uns selbst. Abends übernimmt das reihum ein Kollege, der dann einkaufen fährt und für alle kocht.” Zum Alltag dort wie überall in Port-au-Prince gehöre allerdings auch, so Bädorf, dass der Strom im Schnitt zwei bis drei Mal am Tag ausfalle: “Wir behelfen uns dann mit eigenen Stromerzeuger.”
Nicht so gerne erinnert sich der Mechernicher an ein Wochenende, als das Team aus Deutschland das Haus nicht verlassen durfte: “Vor kurzem waren hier Wahlen und die UN hat allen ausländischen Helfern empfohlen, das Wochenende über in ihren Häusern zu bleiben, da es Ausschreitungen geben könne. Wir haben am Freitagmorgen noch die Löhne ausgezahlt, eingekauft und dann das Haus nicht mehr verlassen. Das war schon komisch.
Komisch war es anfangs auch für die Kinder im Camp, einem “Blanc” (Weißen) zu begegnen, ihn gar anzufassen galt als Mutprobe. “Mittlerweile haben sie ihre Scheu aber überwunden”, freut Jens Bädorf sich, “und begleiten mich überall im Camp.” Wenn Bädorf berichtet, wird deutlich, dass er in Haiti nicht nur seine Arbeit macht, sondern “ganz nebenbei” auch die Menschen ins Herz geschlossen hat. Besonders berührt hat ihn eine Situation: “Die Verabschiedung eines THW-Kollegen, der hier viel bewegt hat. Die Leute vor Ort haben mit kleinsten Mitteln eine bewegende Abschiedsfeier auf die Beine gestellt. Sie ließen die Zeit mit ihm Revue passieren, dann sind alle aufgestanden und haben für ihn gebetet. Vorher hatten die Arbeiter Überstunden gemacht, damit “sein” Projekt – es handelte sich um Dusch- und Toilettenhäuser – nicht nur komplett fertig, sondern auch schon schön gestrichen ist, wenn er abreist.”
Diese und viele andere Szenen wird Jens Bädorf im Kopf und im Herzen haben, wenn er in wenigen Tagen zurückkehrt nach Mechernich. Und eines wird er eher nicht vermissen: “Es ist sehr, sehr heiß in Haiti”, berichtete er am Telefon.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

11.04.2011