Flatternde Flugkünstler in dunklen Höhlen
38 Kinder und ihre Eltern erlebten die bundesweite „Batnight“ des Naturschutzbundes in der Kakushöhle – Fledermaus-Experte Markus Thies hat sich ganz dem Schutz der nächtlichen Jäger verschrieben
Mechernich-Dreimühlen – Sie gehören mit zu den faszinierendsten Tierarten überhaupt. Seit Jahrtausenden haben Fledermäuse die Phantasie von Menschen beschäftigt. Ihre Fähigkeiten, sich in völliger Dunkelheit zu bewegen, ihre versteckte Lebensart in Mauerspalten und Höhlen und ihre ungewöhnliche Art zu fliegen verunsicherten die Menschen. Heute sind alle Fledermausarten streng geschützt und die Bestände werden genau überwacht. Um bereits bei den Kindern Sympathie und Verständnis für die Tiere zu wecken, führt der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in jedem Jahr im September die Fledermausnächte in der Kakushöhle bei Dreimühlen im Stadtgebiet Mechernich durch, wie Bruno Arndt, Vorsitzender des Kreisverbandes Euskirchen, erzählt.
Wenn es so einen Beruf wie Fledermaus-Experte tatsächlich gibt, dann dürfte Markus Thies der Bezeichnung mit am nächsten kommen. Der Pronsfelder hat sein Hobby, den Schutz der Fledermäuse, zu seinem Beruf gemacht und kann tatsächlich davon leben. Er leitet die Fledermausnächte in der Kakushöhle. 38 Kinder mit ihren Eltern, die oft viele Kilometer angereist sind, bilden sein andächtiges Publikum. Hillesheim, Bonn, Bergheim, das sind die Herkunftsorte der staunenden Zuschauer.
Ungefähr eine Stunde dauert der Diavortrag, mit dem Thies den Kindern Grundlegendes über die verschiedenen Arten beibringt. Dann erst geht er in die Höhle, um sich herum eine aufgeregte Schar von Mädchen und Jungen. In der Höhle stellt er, unterstützt von Rainer Schulz, dünne, schwarze Netze auf, die von dem Ultraschall der kleinen Flugkünstler nicht erfasst werden.
Doch noch sind die Fledermäuse unterwegs, um Nahrung zu suchen. „In diesem Jahr sind viele Fledermäuse krank“, sorgt sich Thies. Daran sei der verregnete Sommer schuld. Ungefähr 1.000 Steckmücken frisst eine Zwergfledermaus pro Nacht. Erst dann kommt sie in die Kakushöhle, um dort auf Brautschau zu gehen. „Der Ballermann der Fledermäuse“ nennt Thies den Felsen.
Wie ein Schweizer Käse sei der durchzogen von Höhlen und Gängen, in denen sich Hunderte Fledermäuse verstecken können. Immer mit dem Auge auf den „Bat Detektor“, ein Gerät, das die Ultraschallrufe der Tiere hörbar macht, späht er in die Löcher im Fels. „Wenn es zu lange dauert, werden die Kinder unruhig“, raunt er. So wird ein bisschen Fledermauskot anstelle der lebenden Tiere kurzzeitig zur Attraktion.
Doch die Tiere lassen sich auch schon einmal Zeit. Während es draußen langsam so dunkel wird, wie es in der Höhle schon seit längerem ist, schicken sich die Kinder in Geduld. Sie nutzen die Zeit, um Thies mit Fragen zu bombardieren. Hat er schon einmal eine seltene Fledermaus hier gefangen? Was passiert mit den Tieren, die gefangen sind?
Aus dem Kreis Daun ist Frank Meyer mit seiner Tochter Amelie angereist. „Bei uns wird so etwas nicht angeboten“, begründet er die weite Anreise. Mit einem Freund und dessen Tochter ist er heute zum ersten Mal dabei. „Das ist doch interessant für die Kinder“, meint er. Und für die Erwachsenen auch, wie er auf Nachfrage lachend zugibt.
Plötzlich der Ruf: „Wir haben eine!“ Vorsichtig befreit Thies eine winzige Fledermaus aus dem Netz. „Eine Zwergfledermaus“, erkennt er sofort. Die kleinste aller Fledermausarten ist gleichzeitig die häufigste aller Arten. Das konzentrierte Gesicht von Thies wird auf einmal weich; hingerissen sieht er das kleine Tier an. Er setzt sich auf den Höhlenboden, umkreist von den neugierigen Kindern, die in einem vielstimmigen Chor ausbrechen: „Süüüüüüß!“. Sie dürfen es einmal streicheln, das weiche Fell fühlen – Sympathiewerbung, die die Fledermaus gar nicht nett findet und mit wütenden Bissen quittiert.
Mit einer Lupe bestimmt er das Geschlecht des Tieres, bevor er es misst und wiegt. „Ein etwa zweijähriges Männchen“, verrät er den Umstehenden. Dann lackiert er einen Nagel der Fledermaus, damit er sie beim zweiten Fang direkt wiedererkennt. Schließlich wird das Tier auf die Hand eines Mädchens gesetzt, von der es wieder in die Freiheit startet.
„Die größte Bedrohung für die Fledermäuse sind im Augenblick die Windräder im Wald“, stellt Thies abschließend fest. Die Jagdgebiete der Tiere liegen genau über den Kronen der Bäume – dort, wo sich auch die Rotoren drehen. Die getöteten Tiere würden dann weit in den Wald hinausgeschleudert und könnten nicht gefunden werden, deshalb könne das Problem auch nicht in Zahlen gefasst werden. „Der Bestand des Großen Abendseglers ist um die Hälfte geschrumpft“, stellt Thies fest. Doch das Bewusstsein der Bevölkerung habe sich verbessert. Aus dem ganzen Rheinland kämen die Leute, um hier etwas über den Fledermausschutz zu erfahren.
Auch am Freitag, 13. September findet in der Kakushöhle in Mechernich-Dreimühlen eine Fledermausnacht statt, für die schon alle Plätze vergeben sind.
pp/Agentur ProfiPress