Extravagantes Konzert
Voller Saal im Gasthaus Gier für Jazztrompeterin Susanne Riemer und Konzertgitarrist Wilhelm Geschwind – Melancholie bei Kerzenschein
Kall – Eine alte Redensart besagt „Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“. Auch die Leistungen eines Künstlers werden gerne in der Fremde eher geschätzt als in der unmittelbaren Umgebung. Nun: Für den „Kaller Jong“ Willi Geschwind gilt das gewiss nicht. Der gefragte Konzertgitarrist trat jetzt im Duo „Riemer & Geschwind“ mit der Brühler Jazztrompeterin Susanne Riemer im heimischen Saal Gier vor ganz großem Publikum auf.
Zwei Konzerte des Duos im Abstand von nur zwei Tagen in Brühl und Kall fanden beide vor ausverkauften Häusern statt. Seit knapp zwei Jahren stehen Susanne Riemer, die zu den kreativsten und originellsten Musikerinnen der europäischen Jazzszene zählt, und der ebenso bekannte wie gefragte Studiomusiker und studierte Konzertgitarrist Wilhelm Geschwind gemeinsam auf der Bühne. In der Musikszene gelten beide getreu dem Motto „Gegensätze ziehen sich an“ als ungewöhnliche Kombination mit ebenso ungewöhnlichen und unterschiedlichen Ausdrucksformen.
Oft mit Norbert Scheuer unterwegs
Das Konzert von „Riemer & Geschwind“ war Bestandteil des aktuellen Kulturprogramms im Saal Gier, das 2017 unter Mitwirkung von Wilhelm Geschwind ins Leben gerufen worden war. Nachdem der Kartenverkauf zunächst schleppend anlief, war der Verein anfangs in Sorge, das Konzert von „Riemer & Geschwind“ könnte zu extravagant sein.
Diese Sorge entpuppte sich als unberechtigt, was keinen mehr freute als die Musiker selbst. Der Verein zur Erhaltung der Gaststätte Gier hatte im Saal ein ansprechendes Ambiente geschaffen: Statt greller Scheinwerfer gab es gemütlichen Kerzenschein. „Wir haben uns total wohl gefühlt, und das Publikum sicherlich auch“, resümierte Wilhelm Geschwind am Ende seines zweistündigen Heimspiels.
Die vorgetragenen Gesangsstücke stammten aus der Feder von Susanne Riemer und wurden von Wilhelm Geschwind vertont und arrangiert. Die zuweilen kuriosen Liedtexte handeln von unpoetischen Dingen wir Allergien, Krankenkasse, der Leidenschaft für schöne Schuhe oder auch von Begebenheiten aus der Damensauna. Einige Zeilen sorgten vor allem bei den Damen für Heiterkeit.
Bald in Kölner Philharmonie
Aber auch Gedichte des Keldenicher Autors Norbert Scheuer, bei dessen Lesungen „Riemer & Geschwind“ oft musikalisch mit von der Partie sind, kamen gut an. Heiterkeit und Melancholie, so Wilhelm Geschwind, seien Bestandteile der musikalischen Ausdrucksform von „Riemer & Geschwind“, aber auch die dezenten Soli auf Trompete und Flügelhorn.
Einen ebenso eigenwilligen Gegenpart bildete Konzertgitarrist Wilhelm Geschwind, der Susanne Riemer mit einer kompletten Rhythmus-Sektion aus Gitarre, Bass und Drums begleitete. Neben seinen Rhythmuskästen, die er mit den Füßen bediente, hatte er an seiner Konzertgitarre zwei von sechs Saiten durch Bassstrings ersetzt.
Das Publikum quittierte die Darbietungen des Duos mit viel Applaus. Dass Susanne Riemer und Wilhelm Geschwind zu den Spitzenmusikern im Lande zählen, zeigt die Tatsache, dass die beiden im Mai sechs Kinderkonzerte unter dem Titel „Sommersause“ in der Kölner Philharmonie spielen.
pp/AgenturProfiPress