Europa in der Bürgerhalle
Kreisparteitag in Kommern beleuchtete Verbesserungswürdiges in der Europäischen Union, brach aber auch eine Lanze für die vielen Vorzüge eines geeinten friedvollen Kontinents
Mechernich-Kommern – „Lange Staus auf der A 4 aufgrund aufwändiger Ausweiskontrollen an der deutsch-niederländischen Grenze. Nur mit einem gültigen Visum ist die Einfahrt in das Nachbarland möglich. In Restaurantküchen steht nur noch deutscher Kochschinken statt spanischem Serrano auf der Speisekarte und das Telefonieren in ausländischen Handynetzen hat schnell eine horrende Telefonrechnung zur Folge.“
Szenen eines provokativen Kurzfilms, der beim Kreisparteitag der Union im Kommerner Bürgerhaus mit einem Augenwinkern vor Augen führen sollte, wie wichtig und unentbehrlich ein vereinter europäischer Kontinent längst für alle geworden ist.
Der 90jährige Alois Sommer, einst Bürgermeister von Schleiden und jahrzehntelang Kreistagsabgeordneter in Euskirchen, sagte am Rande: „70 Jahre Frieden auf einem Erdteil, auf dem sich durch die Jahrtausende gegenseitig bekriegt wurde – wenn das kein Argument für die EU ist, dann weiß ich es nicht…“
Natürlich gibt es auch Kritikwürdiges und Verbesserungsbedürftiges in und an Europa, das wurde in der Kommerner Bürgerhalle auch deutlich. Die Aachener Europaabgeordnete Sabine Verheyen, die auch Mechernich und den Kreis Euskirchen in Brüssel und Straßburg vertritt, betonte dennoch die Notwendigkeit eines Schulterschlusses in der alten Welt: „In den USA regiert mit Donald Trump ein Präsident, der heute nicht mehr weiß, was er gestern getwittert hat und jeden Tag eine neue unzuverlässige Meinung vertritt.“
Sorgenkind Tihange
Auch Wladimir Putin, der laut Verheyen die freie Demokratie als Chaos ansieht und Völkerrechtsbruch zum eigenen Machterhalt einsetzt, Unruhen und Bürgerkriege in Afrika, sowie die rasante wirtschaftliche Entwicklung Chinas seien keine Gründe zur Beruhigung: „Es ist daher wichtiger denn je, als EU auch außenpolitisch als starke Einheit zusammenzustehen. Wirtschaftliche, gesellschaftliche und auch ökologische Probleme können wir nicht allein auf nationaler Ebene bewältigen.“
Mit Blick auf das Sorgenkind der Region, das nahe Atomkraftwerk im belgischen Tihange, werde deutlich, dass ein Thema wie die Sicherheit solcher Anlagen dem Zuständigkeitsbereich der EU unterliegen solle. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Europa“, schlussfolgerte die gebürtige Aachenerin: „Ich möchte keine Wiederholung des Nationalismus der Egoisten. Auch die heutige Jugend hat ein Recht auf ein friedliches Zusammenleben mit ihren Nachbarn.“
„Europa – weil’s gemeinsam besser geht“, laute das Motto, so Verheyen: „Nicht alles ist perfekt, aber es ist das Beste, was wir haben. Das möchte ich mir für mich, meine Familie und alle anderen nicht von linken oder rechten Populisten zerstören lassen.“
Am Beispiel Großbritanniens könne man erkennen, welche Folgen es nach sich ziehe, wenn die „Fehlinformationen der Populisten fruchten.“ Dazu zählte die Politikerin auch den Werbeslogan der Alternative für Deutschland (AfD), die auf ihren Wahlplakaten zur Rettung des Diesels aufrufe. Verheyen: „Sie machen die EU für dieses Verbot verantwortlich. Dabei war es die Schummel-Software unser eigenen Marken und die selbstgesteckten Messgrenzwerte, die das Verbot nach sich gezogen haben.“
Patrioten singen Europahymne
Letztere lägen nämlich noch deutlich unter den von der EU vorgeschriebenen Höchstwerten. Vom Gegensatz einer festgelegten Quote für E-Autos in Großstädten und dem täglichen Schwerölverbrauch von Transportschiffen, bis hin zum Schutz des Urheberrechtes von Künstlern im Internet war die Rede. Der Bundestagsabgeordnete Detlef Seif rief seinen Parteifreunden zu: „Wir alle sind Patrioten und lieben Deutschland!“
„Aber wir sind auch überzeugte Europäer und wollen dies mit unserem Wahlkampf zum Ausdruck bringen“, fuhr der Weilerswister Rechtsanwalt fort. Konsequenterweise wurde am Ende des Kommerner Parteitags nicht nur die national-, sondern auch die Europahymne gesungen.
pp/Agentur ProfiPress