Es fehlte nur der echte Schnee
Weihnachten beim winterlichen „Club der toten Eifel-Dichter“ – Katia Franke, Ralf Kramp und Manni Lang trugen wieder Geschichten von Eifelern, über die Eifel und aus der Eifel vor – Lit.Eifel-Spielzeit ging in Hausen zu Ende
Heimbach-Hausen – In der Eifel schneit es permanent und das auch noch so gewaltig, dass ganze Landstriche für Monate von der Außenwelt abgeschnitten sind. Zu allem Überfluss scheinen im tiefsten Winter auch noch die meisten Kinder geboren zu werden – manchmal sogar ein echtes „Chresskengkche“ beziehungsweise eines, das dafür gehalten wird.
Diesen Eindruck konnte man bei der Lit.Eifel-Lesung des „Clubs der toten Eifel-Dichter“ gewinnen – der letzten Veranstaltung der Literaturreihe in dieser Spielzeit. Und so mancher Zuschauer hätte sich bestimmt nicht gewundert, wenn der Gasthof Burg Hausen nach dem zweieinhalbstündigen Abend mit Katia Franke, Ralf Kramp und Manni Lang komplett eingeschneit gewesen wäre – obwohl die Nachlassverwalter der toten Eifel-Dichter blitzschnell herausgefunden hatten, dass Hausen nur auf einer Höhe von 280 Metern liegt. „Das ist ja wie Holland“, meinte Ralf Kramp. „Deshalb redet der Wirt auch so“, kombinierte Sherlock Lang daraufhin messerscharf. Dazu muss man wissen: die Wirtsleute Debora und Joep Maurits sind Niederländer…
Witzige, dramatische, spannende, absurde, aber auch tiefgründe Geschichten, die in Vergessenheit zu geraten drohen, hatte das Trio wieder im Gepäck. Wer vorgetragen wird, muss aber drei Kriterien erfüllen: Es muss ein Dichter gewesen sein, womit keineswegs die Beschränkung auf Lyrik gemeint ist, sondern auch und vor allem Prosa-Texte vorgetragen wurden.
Dann muss besagter Schriftsteller einen Eifelbezug haben. Im Idealfall ist er in der Eifel geboren, gestorben und hat dazwischen ununterbrochen in der Eifel gelebt. Doch das Trio Franke/Kramp/Lang erweitert diese Voraussetzung: Es reicht, wenn man in der Eifel oder über die Eifel geschrieben hat.
So konnte Manni Lang auch Ernest Hemingway zitieren. Geboren wurde der in Illinois, gestorben ist er in Idaho, eines seiner bekanntesten Werke heißt „Der alte Mann und das Meer“, nicht „Der alte Mann und das Maar“. Doch einen Eifelbezug kann man leicht herstellen: Als Kriegsberichterstatter der US-Truppen begleitete er die Ardennen-Offensive im Zweiten Weltkrieg und schrieb einen Essay darüber, aus dem Lang vortrug.
Wichtigstes Aufnahmekriterium ist der Tod
Wichtigstes Aufnahmekriterium ist aber: der Dichter muss tot sein. Das erschwert manchmal die Auswahl zu einem bestimmten Thema. „Es ist schon vorgekommen, dass wir nur für den Auftritt jemanden erschießen wollten“, verriet Manni Lang mit zynischem Witz.
Es war ein wahrer Parforceritt durch die Eifel-Literatur, den die drei (Wahl-)Eifeler boten. Das Überthema lautete „Weihnachten und Winter“. „Wir sind heute die heiligen drei Könige, haben aber nicht Gold, Weihrauch und Myrrhe mitgebracht, sondern Geschichten aus der Eifel“, erklärte Katia Franke den mehr als 50 Zuschauern im urigen Saal des Gasthofs. Wie Forscher entdecken die drei auch immer „neue“ vergessene Autoren, diesmal etwa Karl-Georg Klein aus Blankenheim, dessen Geschichte „Der gestohlene Weihnachtsbaum“ Manni Lang vortrug.
Besonders die Unterschiede zwischen den drei Vorlesern wurden schnell deutlich. Während es bei Ralf Kramp auch mal kriminell wurde oder sogar leicht kitschig, etwa beim Vortrag von „Der Lehrer von Reckerscheid“ aus der Feder des Euskirchener Reichstagsvizepräsidenten und Zeitungs-Herausgebers Thomas Eßer. Manfred Lang hingegen war unter anderem für den Erhalt der Mundart zuständig und dichtete Hildegard Moos-Heindrichs Weihnachtsgeschichte „Das Stubener Christkind“ in „E Jeschenk vum Himmel“ um. Katia Franke, die zwischen den „Jungs“ saß, bot mit ihrer sanften und klaren Radiostimme den Gegenpol, las tiefgründige Geschichten wie „Der Nikolausmarkt“ von Peter Kremer, die vom Erwachsenwerden handelt.
Besonders nach der Pause wurde aus den überwiegenden Einzelvorträgen echte Gruppenarbeit. Bei der von Ralf Kramp vorgetragene Schnurre „Knaster“ über einen im Zug Pfeife rauchenden Bauern gaben Lang und Franke die hustende Kulisse. Und bei „Zwischenfall im Hürtgenwald“, einer Kriegsgeschichte aus der Feder von Fritz Vincken, gab Ralf Kramp den Erzähler, Katia Franke sprach die Mutter und Manni Lang „alle anderen“.
Gleichzeitig stellte diese in Kanada als „Silent Night“ verfilmte Geschichte den Abschluss des Abends dar. „Das geht ans Herz“, meinte Ralf Kramp zur Handlung, in der drei US-Soldaten und vier deutsche Soldaten an Heiligabend in ein und demselben Haus der Familie Vincken klopfen und Feinde gemeinsame Weihnachten feiern. Ans Herz ging es aber auch, dass dieser kurzweilige, lebendige Abend mit den toten Eifel-Dichtern trotz leichter Überlänge viel zu schnell vorbei war.
pp/Agentur ProfiPress