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Eifel, Gründerland für Betriebe

Eifel, Gründerland für Betriebe
2010 gingen eifelweit 7000 Firmenneugründer an den Start – Führend sind die Kreise Ahrweiler, Euskirchen und Wittlich – Friedrich-Wilhelm Weber legt den ersten “Eifel-Gründer-Monitoring-Bericht vor” – Mit ihm sprach der Redakteur Rudolph Greuel von der Agentur ProfiPress, die die Zukunftsinitiative Eifel in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit begleitet
Über 7000 Neuanmeldungen gab es zwar 2010 im Eifelgebiet, aber: Existenzgründungen in der Eifel müssen nachhaltiger gefördert und forciert werden. Dieses Fazit zieht Dipl. Ing. Friedrich-Wilhelm Weber (58) in seiner Studie, dem “1. Eifel-Gründer-Monitoring-Bericht”. Weber, Leiter der StarterCenter im Handwerks-Kammerbezirk Aachen, ist auch einer der “Kümmerer” in der Zukunftsinitiative Eifel.
Dieser Zusammenschluss von neun Kreisen, 63 Kommunen und acht Handwerks-, Industrie- und Handels- sowie Landwirtschaftskammern hat es sich zum Ziel gesetzt, die internationale Eifelregion, die Teile Nordrhein-Westfalens, Belgiens und von Rheinland-Pfalz mit knapp einer Million Einwohnern überspannt, wirtschaftlich nach vorne zu bringen. Mit Friedrich-Wilhelm Weber sprach Rudolph Greuel von der Agentur ProfiPress über Schwierigkeiten, Chancen und die Zukunft.
Im 1. Eifel-Gründermonitoringbericht der Zukunftsinitiative Eifel (Handlungsfeld Handwerk und Gewerbe) heißt es: “Wesentlicher Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Eifel ist die Förderung und Unterstützung bei Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen im Handwerk und Dienstleistungsbereich.” Warum besteht ein so großes und auch vitales Interesse an der Förderung von Exixstenzgründungen in der Eifel?
Friedrich-Wilhelm Weber: In der Vergangenheit hat man sich sehr stark auf die Förderung des Betriebsbestands gestützt, da sie neue Arbeitsplätze schaffen. Inzwischen weiß man aus Untersuchungen, dass gerade Existenzgründungen eine besonders bedeutende Rolle für die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit einer Region spielen.
Was sind die wichtigsten persönlichen und materiellen Voraussetzungen für Existenzgründungen?
Weber: Die wichtigste Voraussetzung ist, ob man ein Unternehmer(innen)typ ist. Das ist immer noch das entscheidendste Kriterium. Das heißt, dass man die Begeisterung mitbringt, unternehmerisch tätig zu werden. Natürlich gehört auch dazu, dass man ein vernünftiges finanzielles Polster hat und nicht mit Schulden loslegt. Es ist notwendig, dass man auch eine sehr gute Idee hat, eine Idee, die marktfähig ist.
Welche Bedeutung haben Förderprogramme für Existenzgründungen?
Weber: Da streiten sich die Gelehrten drüber. Wir wissen aus der Entwicklung von 2004, als die “Ich-AG” eingesetzt und gefördert wurde, dass es einen enormen Boom gab und die sogenannten “Ich-AGs” auch eine bestimmte Bestandssicherheit entwickelt haben. Deshalb ist es wichtig, dass in der heutigen Zeit gerade die jungen Leute – die sich früher selbständig machen – natürlich eine gewisse Unterstützung bekommen. Es gibt gute Förderprogramme, aber in der Regel handelt es sich um Darlehen und keine Zuschüsse, die man lieber hätte.
Von den Existenzgründern sind etwa 55 Prozent nach fünf Jahren noch am Markt, aber 25 Prozent bereits nach zwölf Monaten wieder verschwunden. Wie erklären Sie sich das?
Weber: Das ist genau das Problem, das wir haben. Wir wissen, dass viele sich nicht ausreichend vorbereitet haben, das kann man auch an den Zahlen ablesen. Die Differenz zwischen den geleisteten Beratungen und den Gewerbeanmeldungen ist sehr groß – sowohl in Rheinland/Pfalz als auch in NRW. Einige Leute lassen sich überhaupt nicht beraten, andere wiederum haben keine vernünftige Vorbereitung. Dabei ist es das Wichtigste, einen vernünftigen Business-Plan zu erstellen, der die Möglichkeit zeigt, dass und wie man überhaupt im Markt überleben kann. Und dann kommt noch hinzu, dass die finanzielle Seite möglichst gut abgedeckt ist.
Müsste nicht nach der Existenzgründung eine fachliche kompetente Betreuung fortgesetzt werden?
Weber: Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum so viele frühzeitig scheitern. Es sind eben nicht nur Leute, die eine schlechte Geschäftsidee hatten, sondern auch Leute, die nicht weiter betreut wurden. Wir haben mit dem Netzwerk angefangen, gute Existenzgründungen in die Wege zu leiten, aber wir betreuen sie bisher zu wenig. Das ist ein großes Defizit, an dem wir noch arbeiten müssen.
In Ihrer Studie spielt der Begriff “Bestandsfestigkeit” eine große Rolle. Wie lässt sich die voraussagen oder fördern?
Weber: Da rätseln wir auch als Berater immer noch. Nur aufgrund von Erfahrungswerten können wir sagen: Der oder die packt es nicht. Und trotzdem können wir mit unserer Prognose sehr daneben liegen. Aber prinzipiell gibt ein gut ausgearbeiteter Geschäftsplan einen untrüglichen Hinweis darauf, ob einer es wirklich schafft oder nicht schafft.
Bei der Mehrzahl der Existenzgründungen handelt es sich um Vollerwerbsbetriebe, wirkt sich das spürbar auf die Schaffung von Arbeitsplätzen aus?
Weber: Ja. Wir wissen, wenn der Betrieb überlebt, wenn er bestandsfest ist, wird er in den ersten Jahren bis zu 1,5 oder 1,6 Arbeitsplätzen schaffen. Deshalb ist es so wichtig solche Existenzgründer zu fördern oder Gründungen zu forcieren.
Gibt es regionale Unterschiede zwischen Rheinland Pfalz/NRW und dem deutschsprachigen Teil Belgiens?
Weber: Der belgische Teil der Eifel ist eine zu kleine Einheit, sie eignet sich nicht gut für einen Vergleich. Aber zwischen Rheinland/Pfalz und NRW gibt es durchaus erhebliche Unterschiede. In NRW-Eifel ist es der Kreis Euskirchen, der gut abschneidet. In Rheinland/Pfalz sind es vor allem die Eifelregionen z. B. der Kreise Ahrweiler und Wittlich, in denen eine hohe Gründungsneigung existiert.
Spielen Wirtschaftskrisen und Arbeitslosigkeit eine besondere Rolle für Existenzgründungen?
Weber: Wir sagen immer: Schlechte Zeiten sind gute Gründerzeiten. Und umgekehrt: Gute Konjunkturzeiten sind schlechte Gründerzeiten. Wir merken das derzeit, das Geschäft hat etwas nachgelassen hat. Wobei wir das als Genugtuung empfinden, denn wir hatten in schlechten Zeiten viele Notgründungen. Das heißt: Arbeitslose gingen aus Verzweiflung in die Selbständigkeit. Das hat stark nachgelassen. Wir haben es heute mit vielen chancenreichen Gründungen zu tun. Mit Leuten, die sagen, ich möchte mich selbständig machen und sehe das als langfristige Zukunftsperspektive an.
Der Anteil der Frauen bei Gewerbeneuanmeldungen liegt bei etwa 33 Prozent, fehlt Frauen der Mut oder tendieren sie weniger zur Eigenständigkeit?
Weber: Es wäre schön, wenn es eine steigende Tendenz gäbe, und da sehe ich auch unser langfristiges Potenzial. Den Frauen fehlt nicht der Mut, aber sie gehen häufig zu zaghaft an die Gründung heran, und das führt dann auch häufig dazu, dass sie scheitern.
Die Branche Handel liegt bei den Neuanmeldungen mit knapp 30 vH vorn, das Handwerk dagegen nur bei 10,6 vH, womit lässt sich dies erklären?
Weber: Das sind die statistischen Zahlen bei den Gewerbeanmeldungen. In der Beratung, sowohl in Rheinland/Pfalz als auch in NRW, macht das Handwerk rund 25 Prozent aus. Das Handwerk ist sehr beratungsfreudig und stellt im produzierenden Sektor den Stabilisationsfaktor in der Eifel.
Die Eifel lebt zu einem großen Prozentsatz vom Tourismus, das heißt, eine gute qualifizierte Gastronomie ist gefordert. Leider sagt aber die Statistik, dass ausgerechnet das Gaststättengewerbe hinsichtlich Existenzgründer die höchste Scheiterquote hat. Gibt es da konkrete Gründe?
Weber: Das liegt an der schlechten Vorbereitung. Gerade im Gastgewerbe gibt es wenig Vorbereitung. Die Leute krempeln einfach die Ärmel hoch und sagen: Wir legen los. Wir sehen das auch im Beratungsbereich, da ist das Gastgewerbe nicht so hoch vertreten, wie es statistisch vertreten sein müsste.
Wer sich selbständig macht, braucht in der Regel Startkapital. Wie schwierig ist es, wenn man nur ein kleines Eigenkapital hat, von Geldinstituten Geld zu bekommen?
Weber: Das hängt zum einen davon ab, wie gut der Geschäftsplan des Gründers ist und in welchem Branchenbereich er sich selbständig macht. Selbst dort, wo wir es mit kritischen Branchen zu tun haben, spielt die Qualifikation und die unternehmerische Persönlichkeit eine sehr sehr große Rolle. Die meisten jedoch machen sich ohne fremde Hilfe selbständig und finanzieren sich teils auch mit Hilfe von Verwandten. Es tun sich aber auch noch Lücken auf. Ein größeres Engagement der Banken wäre wünschenswert, damit es zu mehr Existenzgründungen kommt. Allerdings habe ich auch Verständnis für die Banken, die die erheblichen Risiken betrachten. Das lässt sich nicht von der Hand weisen.
Wo setzen Sie in Ihren Beratungs-Zentren an, um den Existenzgründern hinsichtlich Tragfähigkeit und Standfestigkeit zu helfen?
#Weber: Wir schauen uns mit dem potenziellen Gründer den Geschäftsplan an, analysieren, wo gibt es schon Konkurrenten und wie viele sind es. Oder: Ist überhaupt ein Markt für ein solches Produkt bzw. Dienstleistung da? Wenn das positiv ausfällt, besteht auch eine gute Chance für eine tragfähige Gründung. Dann geht es an den Investions-, Renatbilitäts- und Liquitätsplan und nicht zuletzt helfen wir bei der Auswahl der Förderprogramme und den Gründungsschritten.
Werden zielgruppenorientiert nach der Existenzgründung auch Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen angeboten?
Weber: Die Häuser, die die Gründerinitiative tragen, beispielsweise Handwerkskammer, Wirtschaftsförderer und IHK´s, bieten regelmäßig solche Maßnahmen an. Das empfehlen wir auch, insbesondere weil viele keine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse haben.
Ein Blick in die Zukunft: Rechnen Sie tendenziell mit steigenden Gründer-Zahlen in der Eifel? Wenn nein: Wo sehen Sie die Probleme?
Friedrich-Wilhelm Weber: Langfristig – vor dem Hintergrund des demografischen Wandels- gesehen, werden wir dauerhaft weniger Existenzgründer haben. Das liegt an der abnehmenden Zahl der Altersgruppe zwischen 30 und 45 Jahren, die den Hauptanteil der Existenzgründungszielgruppe ausmacht. Wir müssen daher neue Potenziale erschließen. Wir müssen beispielsweise in die Schulen gehen, um Gründung als eine alternative Möglichkeit gegenüber dem Angestelltenverhältnis publik zu machen. Als Zweites müssen wir Menschen, die aus dem Wirtschaftsleben ausgeschieden sind und keine Möglichkeit mehr bekommen, sich erwerbsmäßig zu betätigen – beispielsweise Leute über 50, die aber sehr viel Erfahrung mitbringen, eine Existenzgründung nahe zu legen. Dann haben wir das große Potenzial bei den Frauen. Viele gut ausgebildete Frauen könnten sich selbständig machen. Und dann gibt es nicht zuletzt die Migranten, obwohl das eine sehr schwierige Klientel ist, weil sie so vielfältig ist mit ihren unterschiedlichen Kulturen. Aber dort beobachten wir eine sehr große Affinität zu Gründungen im Gegensatz zu den deutschen Landsleuten.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

06.10.2011