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“Der Sport kennt keine unterschiedlichen Kulturen”

“Der Sport kennt keine unterschiedlichen Kulturen”
Um jugendliche Zuwanderer besser zu integrieren, ist die Stadt Mechernich eine Kooperation mit dem Caritasverband und dem “JugendMigrationsDienst” Euskirchen eingegangen – Durch Bürgerversammlungen, gemeinsame Reinigungsaktionen und die Einbindung der jungen Leute in ortsansässige Sportvereine soll die Integration verbessert werden
Mechernich/Roggendorf – “Dawai, dawai”, schallte es am Donnerstagabend immer wieder aus der Turnhalle in Roggendorf. Mit diesem russischen Ausruf, der soviel bedeutet wie “los geht’s”, eröffnete der russische Sportlehrer Waldemar Schuwalow dort das Projekt “Integration durch Sport”. Unter der Leitung des Wahl-Mechernichers werden sich junge Zuwanderer – vornehmlich aus russischsprachigen Ländern – von nun an einmal pro Woche zum gemeinsamen Basketball- und Volleyballspielen in der Roggendorfer Turnhalle treffen.
Initiiert wurde das neue sportliche Projekt von der Stadt Mechernich, dem “JugendMigrationsDienst” Euskirchen sowie dem Caritasverband Euskirchen. “Hier wächst etwas ganz Tolles zusammen, weil viele unterschiedliche Kräfte mitwirken”, freute sich der Diplom-Sozialpädagoge Norbert Weber vom Euskirchener “JugendMigrationsDienst”.
Seit fast zehn Jahren bemüht sich der “JugendMigrationsDienst”, junge Zuwanderer im Kreis Euskirchen zu integrieren. “Durch den Verlust ihrer Heimat, Freunde, Kultur und Sprache ist die Übersiedlung für die jungen Menschen oftmals eine sehr schmerzhafte Erfahrung”, weiß der Leiter des “JugendMigrationsDienstes”. Nur wenige Zuwanderer seien in den ersten Jahren in der neuen Heimat Deutschland bereit, von sich aus auf Einheimische zuzugehen und den Kontakt zu ihnen zu suchen. “Somit bleiben die jungen Zuwanderer meist unter sich, was ihren Integrationsprozess verlangsamt”, erläuterte Weber.
Kooperation zwischen Stadt, Caritas
und dem “JugendMigrationsDienst”
Eine Problematik, die auch Peter Kern vom Ordnungsamt der Stadt Mechernich nur zu gut kennt: “Die Jugendlichen hatten hier keinen festen Treffpunkt”, sagte Kern am Donnerstagabend der Presse. Folglich hätten sie sich ihren eigenen Treffpunkt gesucht. “Oftmals hingen sie in der Turmhofstraße und am Nyonsplatz rum”, sagte der Teamleiter des Mechernicher Ordnungsamtes. Da sich die Situation dort im Laufe der vergangenen Jahre immer weiter zugespitzt habe und es oft Ärger gegeben habe, sei die Stadt im vergangenen November an die Caritas-Streetworkerin Helene Schneider und den “JugendMigrationsDienst” Euskirchen herangetreten.
In vielen Treffen und Gesprächen überlegten alle drei Kooperationspartner, wie man die Integration der jungen Zuwanderer im Mechernicher Stadtgebiet verbessern könne. “In erster Linie galt es einen Treffpunkt für die Zuwanderer zu finden und Projekte zu erarbeiten, um die jungen Leute ins Stadtgebiet zu integrieren”, so Peter Kern.
Während Helene Schneider, die selbst aus einem russischsprachigen Land stammt, sich vor Ort um die Probleme kümmert, regelt Peter Kern die bürokratischen Angelegenheiten. “Frau Schneider spielt das Klavier und ich muss sozusagen die Tasten stimmen”, meinte Kern. Für viele Zuwanderer ist es sehr schwierig, in der deutschen Bürokratie durchzublicken, stellt Peter Kern bei seiner täglichen Arbeit häufig fest. Aus diesem Grunde sei es sehr wichtig, aufeinander zuzugehen und an einem Strang zu ziehen so der Teamleiter des Ordnungsamtes.
Um Vorurteile und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und um die Anliegen der Zuwanderer etwas besser zu verstehen, hat die Stadt Mechernich kürzlich eine erste Bürgerversammlung für russische Zuwanderer in der Barbaraschule veranstaltet. Auch Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick nahm an dieser Versammlung teil. Laut Peter Kerns Schätzung wohnen derzeit rund 450 bis 500 Zuwanderer aus russischsprachigen Ländern im Mechernicher Stadtgebiet.
Als “Kontaktperson” extra eine
“Ein-Euro-Jobberin” eingestellt
“Viele von ihnen wohnen im Bereich des Mechernicher Kiefernwegs”, informierte der Teamleiter des Ordnungsamtes. Da es in diesem Wohnbereich, der vielen Mechernichern auch als “Papageiensiedlung” bekannt ist, häufig viele unansehnliche Ecken mit Müll gibt, fand dort kürzlich unter Anleitung von Mechernichs Ortsvorsteher Günther Schulz eine große Reinigungsaktion statt. Gemeinsam mit der jungen Russin Julia Födorow, die im Rahmen des Integrationsprojektes extra von der Stadt Mechernich in Kooperation mit der ARGE als “Ein-Euro-Jobberin” eingestellt wurde, hatte Günther Schulz Flyer in russischer Sprache erstellt. So sollten die Siedlungsbewohner auf die Reinigungsaktion aufmerksam gemacht werden.
Mit großem Erfolg, wie Helene Schneider nun berichtete. Denn während am ersten Tag der Reinigungsaktion in dem Wohngebiet nur ein paar freiwillige Helfer auftauchten, kamen am zweiten Tag über dreißig russische Zuwanderer, um mit anzupacken. “Dies ist vor allem ein Verdienst von Julia Födorow, die ebenfalls in dieser Siedlung wohnt und als Kontaktperson vor Ort enorm wichtig für das gesamte Integrationsprojekt ist”, sagte Helene Schneider, die in diesem Zusammenhang auch die tolle Zusammenarbeit mit Peter Kern und der Stadt Mechernich lobte.
Auch bei den Vorbereitungen der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 700-jährigen Bestehen der Stadt Mechernich unterstützt Julia Födorow den Mechernicher Ortsvorsteher. “Sie hat schon einige russische Tanz- und Musikgruppen gefunden, die aktiv bei der Gestaltung des Programms mithelfen wollen”, freute sich Helene Schneider. Des weiteren, so berichtete die Streetworkerin der Caritas der Presse, habe es vergangene Woche ein Treffen mit einem Fußballtrainer aus dem Mechernicher Stadtgebiet gegeben. Mit seiner Erfahrung sollen die jungen russischen Leute in Fußballmannschaften eingebunden werden.
“Integration durch Sport” für
Zuwanderer und Einheimische
Das bereits erwähnte Projekt “Integration durch Sport” liegt Peter Kern besonders am Herzen. “Wir sind froh, einen russischsprachigen Trainer gefunden zu haben”, sagte er. Denn dadurch, dass der Sportlehrer Waldemar Schuwalow “einer von ihnen sei”, würde er auch von den jungen Leuten akzeptiert. “Er spricht die selbe Sprache und vertritt die gleiche Kultur, das ist wichtig”, ergänzt Helene Schneider. Unterstützt wird das Projekt zudem vom Bundesamt Migration und Flüchtlinge sowie dem Landessportbund, der die Aufwandsentschädigung für den Trainer Waldemar Schuwalow fördert.
Künftig sollen die russischsprachigen Zuwanderer jedoch nicht nur “unter sich” bleiben. “Der Sport kennt keine unterschiedlichen Kulturen”, betonte Norbert Weber. Aus diesem Grunde seien auch Einheimische und Zuwanderer aus anderen Nationen ganz herzlich zu dem wöchentlichen Training jeweils Donnerstags ab 19 Uhr in die Roggendorfer Turnhalle eingeladen. Langfristiges Ziel des Projektes, das voraussichtlich drei bis fünf Jahre laufen soll, sei es, die jungen Leute in ortsansässige Sportvereinen zu integrieren.
“In Euskirchen haben wir schon ein ähnliches Projekt durchgeführt”, erzählte Weber. Zwanzig junge Boxer und 40 Tänzerinnen seien so reguläre Mitglieder im Postsportverein Euskirchen e.V. geworden. “Auch hier im Mechernicher Stadtgebiet hoffen wir eine homogene Truppe formen zu können, die dann irgendwann einem Sportverein beitritt”, erklärte der Leiter des Euskirchener “JugendMigrationsDienstes”.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

13.08.2008