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“Thema Ausgrenzung aktuell wie nie zuvor”

“Thema Ausgrenzung aktuell wie nie zuvor”
Ausstellung über Mobbing und Hexenverfolgung im Rheinischen Freilichtmuseum Kommern eröffnet – Besucher kann mit Zauberstab Figuren multimedial zum Leben erwecken
Mechernich-Kommern – “Hex, Hex, Abrakadabra, Simsalabim – diese Zaubersprüche kennt sicherlich jeder”, sagte Dr. Josef Mangold, der Direktor des Rheinischen Freilichtmuseums Kommern, bei der Eröffnung der neusten Ausstellung im Museum. Viele Menschen wüssten aber oft nicht, was wirklich hinter diesen Sprüchen steckt. Über Hexenwahn und Zauberwelt klärt deshalb die jetzt eröffnete Sonderausstellung ” . . . und raus bist Du! – Hexen und Ausgegrenzte” im Handwerkerhaus Henkel auf, die noch bis zum 31. Dezember im Freilichtmuseum zu sehen ist.
Das Besondere dabei: Die Besucher können selbst den Zauberstab schwingen und so die ausgeklügelte Exposition zum Leben erwecken. Nicht Magie, sondern modernste Technik macht es möglich: Auf verschiedenen Bildschirmen erscheinen Filme oder Gestalten, die Ausstellungstücke erklären, Hintergrundinformationen geben – oder auf der “Hexenwaage” den Besucher der Hexerei bezichtigen.
Dazu gibt es einige Objekte vom Zaubertrankkessel über magische Karten bis zu alten Schriften der Hexenverfolgung und Amulette sowie Kruzifixe. Ob Spielfiguren aus dem Land der Feen und Hexen oder Comics – auf verschiedensten Ebenen wird das Thema Hexen aufbereitet.
Erklärende Texttafeln in der Ausstellungshalle berichten über die Geschichte und Hintergründe des Hexenwahns und über berühmte Hexenprozesse in der Region. Der Nachdruck einer Zeichnung aus der Zeit der Hexenverfolgung zeigt eine Zeugenaussage in einem Hexenprozess. “Es konnte jeden treffen, Frauen, Männer und Kinder aus allen Bevölkerungsschichten”, erklärte Volkskundlerin Sabine Thomas-Ziegler beim Rundgang durch die Ausstellung.
“Hexen waren besonders der Kirche ein Dorn im Auge”, sagte Dr. Josef Mangold. Als Beweis, dass es sich um eine echte Hexe handelt, hätten die Inquisitoren grausame und zugleich völlig unsinnige Beweisführungen ersonnen – wie die Wasserprobe. Geht ein gefesselter Mensch im See unter und stirbt, war es ein Unschuldiger, konnte er trotz Fesseln schwimmen, musste der Teufel im Spiel sein und derjenige wurde hingerichtet.
Bei Umfragen unter jungen Museumsbesuchern sei herausgekommen, dass Hexen “hässlich, gefräßig, nachtaktiv” seien, wie Mangold bei der Eröffnung im vollbesetzten Handwerkerhaus Henkel berichtete. Durch die multimediale und technisch anspruchsvolle Aufmachung der Ausstellung könne der Besucher mit vielen spielerischen Elementen einiges über die Vergangenheit der Hexenverfolgung erfahren – und über die moderne Variante der Hexenjagd, dem Mobbing.
“Das Thema Ausgrenzung ist aktuell wie nie zuvor”, sagte der Museumsleiter. Äußerlichkeiten spielten dabei eine große Rolle, wie Mangold betonte: “Schnell werden Kleidungsstücke und Haarfrisuren zu Tuschelthemen, überall, wo Menschen zusammenkommen: In Schulen, Firmen, Behörden.”
Es gebe aber ein Mittel dagegen: “Selbstbewusstes Verhalten, Zivilcourage kann Hetzerei unterbrechen”, sagte Josef Mangold. Um das Thema Mobbing bestens vermitteln zu können, wurde eigens ein Begleitprogramm für Schüler ab der fünften Klasse erstellt. Dabei gibt es nach der Führung durch die Ausstellung eine anschließende Moderation.
Schüler der Anna-Freud-Schule Köln des Landschaftsverbandes Rheinland, der einzigen Förderschule für Körperbehinderte in Nordrhein-Westfalen, die bis zum Abitur führt, haben einen Film über Mobbing gedreht. Tim Gottlieb (13) ist einer dieser Schüler und berichtet über die Entstehung des Films: “Das war sehr aufregend, den Film zu machen. Er zeigt mit Gefühlen, wie anders etwas sein kann, wenn man sich für oder gegen die Meinung anderer entscheidet.”
Ein halbes Jahr haben die Dreharbeiten gedauert. In dem Film werden die Erlebnisse eines Jungen im Rollstuhl gezeigt: So wird er unter anderem gezwungen, mit dem Rollstuhl unter die Dusche zu fahren – “Wenn Du mit Sport machen willst, musst Du auch duschen!” Der Film ist ebenfalls Bestandteil der Ausstellung.
Nicht nur die multimediale Aufbereitung, auch die Entstehung der Ausstellung sei etwas Besonderes, wie Corinna Beck, die stellvertretende Vorsitzende der Landschaftsversammlung Rheinland, in ihrer Eröffnungsrede sagte: “Die Ausstellung ist als Kooperation unseres Rheinischen Freilichtmuseums mit dem LimburgsMuseum in Venlo entstanden und zeigt, dass grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen dem Landschaftsverband Rheinland und der Provincie Nederlands Limburg im kulturellen Bereich greifbare und spannende Ergebnisse liefert.”
Der Direktor des “LimburgsMuseums”, Dr. Jos Schartorjé, meinte bei der Eröffnung, dass viele Menschen über das Fernsehen ein verklärtes Bild über Hexen gewonnen haben. Er freue sich, dass diese informative Ausstellung nun in Kommern gezeigt werde und das auch noch an einem besonders mystischen Tag, nämlich der Sommersonnenwende.
Mystisch geht es auch teilweise bei den Aufführungen des Theaterstücks “Hexenpacken” vom “Figurentheater Spielbar” zu, die am Samstag, 19. Juli, Samstag, 18. Oktober sowie Samstag, 8. November um jeweils 14 Uhr für Jugendliche und Erwachsene stattfinden.
“Die Hexenverfolgung wird in dieser Inszenierung exemplarisch herausgegriffen, und anhand eines Einzelschicksals werden einige Mechanismen der Menschenjagd aufgezeigt” erklärte der Museumsdirektor. Trotz aller Eindringlichkeit der Umsetzung bliebe auch der Humor nicht auf der Strecke – “auch wenn einem das Lachen manchmal im Halse stecken bleiben mag”, wie Mangold sagte.
Im weiteren Begleitprogramm berichtet der Museumsförster Ingo Esser bei dem Aktionstag “Mit dem Hexenbesen zu Waldgeistern und Baumriesen” allerlei Wissenswertes über Kräuter, Blumen und Pflanzen,
die im Museum wachsen. Dabei weiht Eulalia, die freche Hexe, die Kinder in das Geheimnis ihrer Flugkünste ein. Gemeinsam wird auch ein Hexenbesen gebastelt.

Ein weiterer Höhepunkt des Rahmenprogramms ist die Gruselnacht “Abendgrauen” am Samstag, 25. Oktober. Bei Herdfeuer und Kerzenschein lesen fünf bekannte Eifeler Autoren, unter ihnen Ralf Kramp und Manfred Lang, in der besonderen Atmosphäre der alten Fachwerkhäuser Gruselgeschichten vor.

Manfred Lang

18.08.2008