„Das Gewissen, die letzte Instanz“
33. Ordensgedenktag der Communio in Christo im niederländischen Steyl – Festprediger und Referent war der Pallottiner-Pater Professor Dr. Heribert Niederschlag – Er zog Parallelen zwischen seinem den Fahneneid verweigernden Mitbruder Franz Reinisch und der vor Gott verantworteten Communio-Gründung Mutter Marie Thereses – Grußworte von Bürgermeister Pauli, Kämmerer Ralf Claßen und Theologieprofessor Urbanski
Steyl/Mechernich – „Wie mein Mitbruder Franz Reinisch, geriet auch Mutter Marie Therese in das Spannungsfeld zwischen dem Gehorsam gegen die kirchliche Obrigkeit und Gott“, erklärte Pallottiner-Pater Professor Dr. Heribert Niederschlag, der Festprediger und Referent des 33. Gründungsgedenktages der Communio in Christo am ersten Adventssamstag im niederländischen Steyl.
Dort beging die Gemeinschaft mit etwa 150 Anhängern, Priestern, Ordensleuten und Laien aus drei Kontinenten, den Jahrestag ihrer Gründung durch Mutter Marie Therese, und zwar in der Unterkirche des Steyler Missionshauses St. Michael, wo im September 1981 die „Kollektive Gemeinschaft Effata“ aus der Taufe gehoben worden war. Sie ging wie mehrere andere Vorgründungen Mutter Marie Thereses am 8. Dezember 1984 in der Communio in Christo auf.
Im Mittelpunkt der Ausführungen des Theologieprofessors aus Vallendar und des ganzen Tages stand das Gewissen als letzte Instanz eines äußeren moralischen Wollens, das mit dem eigenen Willen in Einklang steht. Schon die von Norbert Arnold im Gottesdienst vorgetragene Lesung aus der Apostelgeschichte verwies auf den Tenor: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“
Auch das von Pater Rudolf Ammann verkündigte Evangelium (Lukas) vom zwölfjährigen Jesus, der bei der Wallfahrt zu seiner Bar Mitzwa in Jerusalem den Eltern die Gefolgschaft versagt, um „in dem“ zu sein und zu bleiben, was seines Vaters „ist“, warf den zur Rede stehenden Gewissenskonflikt auf.
„Geben Sie sich keinen Illusionen ein“, dozierte Professor Niederschlag nicht ohne Humor: „Auch der Teufel macht Einflüsterungen“. Da dürfe man „den eigenen Vogel nicht für den Heiligen Geist halten.“ Das Gewissen sei zwar nach Überzeugung des Zweiten Vatikanischen Konzils auch in Glaubensfragen ein verlässliches Organ, das den Willen Gottes anzeigen könne. Aber um den von raffinierten Eingebungen der eigenen Phantasie und des eigenen Wünschens unterscheiden zu können, müsse dieses „Organ trainiert“ werden.
Im eigenen Gewissen, das „Instanz der Unterscheidung“ sei, begegneten sich „Zeit und Ewigkeit“, so Niederschlag. Das belegten auch Berichte von Menschen mit Nahtoderfahrungen: „Es geht um das Gelingen eines Lebens in Gott, wobei unser Leben nicht eine Aneinanderreihung äußerer Ereignisse ist, sondern die Geschichte unseres Gewissens.“
Mit Amtsträgern in Konflikt
Ins Zentrum seiner Ausführungen beim 33. Ordensgedenktag der Communio in Christo stellte Niederschlag seinen am 21. August 1942 mit dem Fallbeil hingerichteten damals 39jährigen Pallottiner-Mitbruder Franz Reinisch, in dessen Seligsprechungsprozess Niederschlag der Postulator (Fürsprecher, Anwalt) ist. Auch Reinisch folgte allein seinem Gewissen vor Gott, als er Adolf Hitler den Fahneneid verweigerte, so der Festredner. Und zwar gegen den ausdrücklichen Rat und die Anordnungen der Kirchen- und Ordensoberen, die Nachteile für die Gemeinschaft befürchteten, wenn Reinisch hartnäckig bliebe.
Es sei in den Lebensläufen heiligmäßiger Menschen gar nicht selten, dass sie über Kurz oder Lang mit kirchlichen Amtsträgern in Konflikt gerieten. Da befinde sich Mutter Marie Therese in guter Gesellschaft, die am 8. Dezember 1984 den Orden Communio in Christo gegen die Anordnung des von ihr im Übrigen über die Maßen geschätzten und verehrten Aachener Bischofs Professor Dr. Klaus Hemmerle gründete.
Auch ihr Gewissen wies ihr nach langen Unterredungen und einer letzten durchlittenen und durchwachten Nacht vor der Gründung den Weg, was zu tun sei. Über ein Jahr blieb die Ordensgründung ein gut gehütetes Geheimnis, womit der Bischof von Aachen geschützt werden sollte, doch dann wurde für die offiziellen Kirchenvertreter offenbar, dass man es bei der ihrem Gewissen und Gott folgenden Mutter Marie Therese womöglich mit einem Fall von „kirchlichem Ungehorsam“ zu tun habe. Diese Vermutung hat sich in einigen Köpfen bis heute gehalten, in anderen ist sie der Überzeugung gewichen, dass bei Mutter Marie Theres außerordentlichem Gründungscharisma der Heilige Geist selbst Regie führte.
Beim 33. Ordensgedenktag in Steyl konzelebrierten diesmal rund 15 Priester aus Deutschland, Polen, Afrika und Indien an der Seite des Hauptzelebranten und Festpredigers, darunter auch Generalsuperior Karl-Heinz Haus, dessen Stellvertreter Father Jaison Thathathil und sein Berater Pater Rudolf Ammann. Ministranten aus den eigenen Reihen der Communio und aus der Gemeinschaft der Gemeinden St. Barbara Mechernich dienten, Ordensschwestern aus Indien und Afrika brachten in einer Gabenprozession Brot und Wein zur Wandlung.
Fürbitten in vielen Sprachen
Die Fürbitten wurden wie immer bei den jährlichen Gedenktagen und anderen feierlichen Anlässen der Communio in mehreren Sprachen vorgetragen, diesmal in Deutsch, Englisch, Niederländisch, Polnisch, Malayalam und Luganda. Für Musik sorgten die Flötistin Claudia Sonnenschein und der Organist Gerhard Vüllers sowie die indischen Ordensschwestern, die mit im Konvent des Mechernicher Mutterhauses leben und wirken.
Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick wurde von Kämmerer Ralf Claßen vertreten, der keinen Hehl aus seiner Hoffnung machte, dass der Ordensgedenktag 2018 nach zwei Intermezzi im niederländischen Valkenburg und in Steyl wieder am Mechernicher Bleiberg stattfinden möge, wo Mutter Marie Therese am 8. Dezember 1984 mit der Gründung der Communio in Christo den Anlass für die seither jährlich stattfindenden Gedenktage gegeben hatte.
Claßen lobt das Sozialwerk der Communio in Christo als segensreiches Werk humanistischen Engagements und christlicher Nächstenliebe, das im Übrigen heute einer der größten Arbeitgeber im Stadtgebiet Mechernich sei. Grußworte hatten auch Jacek Pauli, der Bürgermeister von Mechernichs Partnerstadt Sarskewy, und der emeritierte Warschauer Theologieprofessor Stanislaw Urbanski entsendet, die der Communio in Christo eng verbunden sind.
pp/Agentur ProfiPress