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Bahn soll barrierefreie Zugänge schaffen

Bahn soll barrierefreie Zugänge schaffen
Politiker kamen mit Vertretern der Bahn in der Kultur- und Freizeitfabrik Zikkurat bei der “Eifelstreckenkonferenz” zusammen, um nach Lösungen für die Bahnstrecke zu suchen – Fehlende Zugänge für Gehbehinderte und Alte Menschen, mangelnde Kapazitäten auch im touristischen Verkehr mit Fahrrädern und schlechter Komfort angeprangert
Kreis Euskirchen – “Die Eifelstrecke stellt das Rückgrat des Öffentlichen Personennahverkehrs im Kreis Euskirchen dar – die vorhandene Infrastruktur der Eifelstrecke korrespondiert allerdings nicht mit der verkehrlichen Bedeutung”, sagte Landrat Günter Rosenke bei der “Eifelstreckenkonferenz”. Zu der Konferenz am Dienstagnachmittag in der Kultur- und Freizeitfabrik Zikkurat waren Vertreter aus Politik und von der Bahn zusammengekommen, um nach Lösungen für “strukturelle Mängel” zu suchen.
Besonders die Bürgermeister von Mechernich, Dr. Hans-Peter Schick, und Kall, Herbert Radermacher, machten die dringende Situation an den jeweiligen Bahnhöfer der Kommunen deutlich. Denn dort sei kein wirklich barrierefreier Zugang möglich. Hans-Peter Schick: “Mechernich ist eine Kreiskrankenhausstadt, viele kranke und alte Menschen kommen mit der Bahn.”
Bis zu 3500 Fahrgäste frequentierten täglich den Mechernicher Bahnhof, die Stadt habe eine Park-and-Ride-Anlage gebaut, ein privater Mechernicher Investor habe den Bahnhof erworben und wolle nicht nur um das schmucklose Nachkriegsgemäuer für 600 000 Euro zu einem modernen und barrierefreien Bahnhofsgebäude umbauen, sondern kümmere sich auch gleich um den Bahnhofsvorplatz. Deshalb fragte er die Bahn-Vertreter der: “Wo bleiben die Investitionen der Bahn in Sachen barrierefreier Bahnsteig?”
Auch Herbert Radermacher betonte den Einsatz seiner Kommune, die den 300 Plätze fassenden Pendlerparkplatz um weitere 100 Stellplätze aufstocken will: “Wir stellen dann der Bahn täglich 400 kostenlose Kundenparkplätze zur Verfügung!” Die Zustände auf den Bahnsteigen aber seien für Gehbehinderte und Fahrradfahrer katastrophal.
Der Einschätzung von Dr. Jochen Dilling, Bezirksgruppenleiter des
Fahrgastverbandes “Pro Bahn Rhein-Sieg”, dass sich auf der Strecke Köln-Trier das Bild gerade der Stationen seit den 1970er Jahren kaum etwas geändert habe, widersprach Radermacher: “Es ist wesentlich schlechter geworden!”
Dilling hatte in einem vorangehenden Vortrag skizziert, wo es in Sachen Eifelstrecke am meisten “brennt”: Der Fahrplan biete keine ausreichend regelmäßige und Zuverlässige Anbindung, die eingesetzten Fahrzeuge könnten oft den Bedarf nicht decken. So würden sich beispielsweise regelmäßig die Fahrräder von Eifeltouristen auf den Bahnsteigen stapeln, weil keine ausreichenden Kapazitäten angeboten würden.
Dazu kämen nicht genormte Bahnsteighöhen, wodurch gerade alte und gehbehinderte Fahrgäste Schwierigkeiten beim Ein- und Ausstieg hätten. Den mangelnden Komfort hinsichtlich Geschwindigkeit, Fahrzeuggeräusch und Beinfreiheit prangerte Dilling ebenso an wie die mangelnde Barrierefreiheit und die eingeschränkten Einfahrmöglichkeiten.
Hans-Joachim Sistenich vom Nahverkehr Rheinland betonte, dass die Eifelstrecke hoch belastet sei. Sowohl Pendler wie bei gutem Wetter Touristen nutzen die Strecke stark, sie sei eine wichtige Verkehrsanbindung – stünde aber “unter dem drohenden Damokles-Schwert der Finanzierung”. Die Kapazitätsprobleme zu lösen, sei erklärtes Ziel ebenso wie Pünktlichkeit und ein festes Taktgefüge: “Denn Haltestellen werden mal bedient, mal nicht.”
Frank Schüler von der DB (Deutsche Bahn) Netz AG konnte der massiven Aufzählung der drängenden Probleme wenig Erfreuliches entgegensetzen: “Es gibt keine weiteren Planungen, bis 2014 können wir nichts finanziell durchsetzen.” Es gäbe andere Investitionsschwerpunkte, so Schüler: “Wir können die Investition nicht stemmen.”
Diese Aussagen sorgten für einige Unruhe im Saal, in dem sich neben zahlreichen Kommunalpolitikern auch der private Investor des Mechernicher Bahnhofs, Rolf Schäfer, befand. Hans Schmitz, stellvertretender Landrat aus Mechernich, machte seinem Unmut darüber, “wie Sie mit der Eifelstrecke umgehen” lautstark Luft: “Wir diskutieren über Jahre die gleichen Probleme. Die Bahn hat Mittel, setzt sie aber nicht zielgerecht ein. Die gesamten Mängel, die sich hier aufplustern, wollen wir nicht mehr hinnehmen.”
Mechernichs Bürgermeister Schick bemerkte, dass die Zeitangabe “bis 2014”, in der ein barrierefreier Zugang nicht zu bewältigen sei, in Abhängigkeit mit dem Ausbau des Elektronischen Stellwerkes (ESTW) stünde. Diese Elektronischen Stellwerke, die eine bessere Vertaktung ermöglichen, installiert die Bahn zurzeit auf anderen Strecken, auf der fraglichen Strecke in der Eifel aber nach derzeitigen Planungen bis 2014 nicht. “Das gilt aber nur in Abhängigkeit mit den Fördermitteln des Bundes. Wenn man den barrierefreien Ausbau von dem ESTW abkoppelt, müssten die Kosten vom DB-Service übernommen werden.”
Bis aber das ESTW in der Eifel komme, könne noch viel Zeit vergehen. “Gerade auf dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des Kreiskrankenhauses ist es für die Bürger wichtig, dass die Barrierefreiheit bald geschaffen wird”, so der Erste Bürger der Stadt Mechernich.
Peter Kradepohl von “DB Station & Service” beteuerte, dass die Liste für die Elektronischen Stellwerke keine willkürliche sei. “Wir stellen in den Diskussionen fest, dass Bahnhöfe auf der Liste fehlen. Dazu gehören Mechernich und Kall.” In bilateralen Gesprächen müsse man ausloten, welche Möglichkeiten es gebe, um “kreative Wege” zu finden.
Sollten die von der Bahn vorgeschlagenen bilateralen Gespräche darauf hinauslaufen, dass die Kommunen sich an der Finanzierung der Barrierefreiheit beteiligen sollen, so erteilte Schick dieser Idee bereits im Vorfeld eine klare Absage: “Wir werden keinen müden Cent dazu beitragen, eine Infrastruktur zu modernisieren, die uns nicht gehört.”
Schick hielt eine Priorisierung der Sanierungsvorhaben durch die Bahn AG zwar für richtig, betonte aber, dass die Schwerpunkte falsch gesetzt seien. “An erster Stelle muss die Barrierefreiheit aller Bahnhöfe in Deutschland stehen. Erst wenn überall Behinderte und alte Leute problemlos ein- und aussteigen können, kann man über all die anderen Dinge reden.” Wenn man jeden Bahnhof gleich in Gänze modernisieren wolle, dann sei es kein Wunder, wenn man schnell an die Grenzen der Finanzen gerate.
Die Kaller Ortsvorsteherin Ute Stolz meldete sich aus dem Publikum zu Wort und wies daraufhin, dass in Kall am Bahnhof schon eine Person zu Tode gekommen sei. Allein das Gefährdungspotential verpflichte die Bahn zum Handeln: “Ich habe immer ein ungutes Gefühlt, wenn ich dort alte Menschen oder jemanden mit Kinderwagen sehe.”
Der Mechernicher Bahnhofsinvestor Rolf Schäfer bemerkte am Rand der Veranstaltung, dass er weiterhin am Umbau festhalte: “Im Herbst 2010 soll der neue Bahnhof fertig sein.” Er sei weiterhin bereit, viel Geld für den Bahnhof in die Hand zu nehmen, hoffe aber, dass sich bei der Bahn mehr bewegt – damit der barrierefreie Zugang, den er auf dem Bahnhofsvorplatz und im Gebäude schafft, nicht auf den Bahngleisen und damit dem Zuständigkeitsbereich der Bahn aufhört.
Am Ende der Konferenz unterschrieben die Bürgermeister Hans-Peter Schick und Herbert Radermacher wie Landrat Rosenke eine Resolution, in der unter anderem höhere Geschwindigkeit, bessere Vertaktung, schnellstmögliche Umsetzung des Elektronischen Stellwerks auf der Eifelstrecke sowie die Behebung der starken Mängel von Trasse und Haltepunkten gefordert werden. Weitere Bürgermeister der Eifelstrecke wollen sich der Resolution anschließen, wie es hieß.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

30.09.2009