„Am besten, wir gewännen im Lotto…“
Ortstermin im vom Hausschwamm infizierten Gebälk von St. Lambertus in Holzheim ergab technische Lösungsmöglichkeiten, schadhafte Balken auszutauschen, ohne das Dach abzudecken – 1,6 Millionen standen bereits als Finanzrahmen im Raum, jetzt könne man vorsichtig kalkulieren, wie es weitergeht, so Pfarrer Erik Pühringer
Mechernich-Holzheim – Baustopp oder geht es weiter mit der Renovierung der Holzheimer Pfarrkirche St. Lambertus? Diese bange Frage bewegt seit Wochen nicht nur die 400 Gläubigen der Gemeinde. Auch Pfarrer Erik Pühringer, dem auch für Holzheim zuständigen Leiter der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG) St. Barbara, bereiten Feuchtigkeitsschäden und Hausschwamm schlaflose Nächte, seit die Kirche im Dezember 2022 praktisch über Nacht für einsturzgefährdet erklärt und geschlossen werden musste.
Anfang Juli kam er jetzt auf dem Baugerüst am Kirchenschiff mit einer illustren Expertenrunde zusammen, die über die weiteren Schritte beriet. „Wir haben es mit dem Hausschwamm zu tun“, konstatierte Architekt Max Ernst aus Zülpich. Und zwar seien gerade die dicksten und massiv wirkenden Eichenbalken im Dachstuhl weit schlimmer betroffen als vermutet, so Pfarrer Erik Pühringer.
Diplom-Ingenieur Gaspare Masala vom Kölner Ingenieurbüro Schwab-Lemke, der mit seinem Kollegen Erik Jardelot beim Ortstermin dabei war, hat ganz aktuell eine Lösung gefunden, wie man die maroden Balken im Gebälk austauschen kann, ohne das Dach abzudecken. „Sonst drohten weitere Feuchtigkeitsschäden in Gebälk und Decke“, so GdG-Leiter Erik Pühringer.
Denkmalschutz mit dabei
Auch die Stadtverwaltung Mechernich war durch ihren Stadtplaner und obersten Denkmalschützer Thomas Schiefer vertreten. Ebenso Bistumsarchitekt Klaus Kaulard, der Steinfachmann Jan Schwieren, Holzexperte Lothar Rosenbaum und Tobias Dropmann-Fischer als geprüfter Sachverständiger für Holzschutz der Konservierungs- und Restaurierungsfirma „Conex Art“ aus Essen.
Neben Pfarrer Pühringer leisteten auch Kirchenrendantin Gerda Schilles und die Holzheimer Kirchenvorstände Helga Leinenbach, Jochen Emonds, Franz-Josef Lingscheidt und Peter Schneider ihre Beiträge. „Am wichtigsten war es, festzustellen, ob und wie es weitergeht“, so Erik Pühringer: „Wir sind tatsächlich in gewisser Weise aus einer Sackgasse heraus.“
Allerdings wissen jetzt alle Beteiligten auch, dass nicht nur das Kirchenschiff der 1844 nach Plänen von Architekt Johann Peter Cremer errichteten Pfarrkirche komplett renovierungsbedürftig ist. Es wurde in der Expertenrunde am Mittwoch ebenfalls attestiert, dass sich auch im Gebälk des Glockenturm schadhafte Stellen befinden.
Erik Pühringer: „Eine davon kann nicht auf die lange Bank geschoben werden, da sie zu einem Einsturz führen könnte. Sie muss dringend behoben werden, am besten so lange das Gerüst noch steht, da sonst das frisch sanierte Dach erneut beschädigt würde. Dafür wollen wir das Vorhandensein des umfangreichen Gerüstmaterials ausnutzen und nicht irgendwann wieder neu anfangen müssen“.
Andere Fragen bleiben einstweilen ungelöst, wie eine Sperre ohne große optische Veränderungen, die zwischen Dachstuhl und Giebel eine weitere Ausbreitung des Hausschwamms verhindern soll. Was die Kosten der umfangreichen Holzheimer Kirchenrenovierung betrifft, hüllen sich zurzeit noch alle Beteiligten in Schweigen. Der bisher bekannte Rahmen betrug 1,6 Millionen Euro. Auf der Basis der gewonnenen neuen Erkenntnisse könne man „vorsichtig daran gehen, die weiteren Schritte zu kalkulieren“, wie es Pfarrer und GdG-Leiter Erik Pühringer ausdrückt.
Von gewonnenem Geld erbaut
Helga Leinenbach, die stellvertretende Kirchenvorstandsvorsitzende, und Kirchenvorstand Jochen Emonds berichteten vor Ort, dass die Gottesdienste seit Weihnachten 2022 im benachbarten Pfarrheim gefeiert werden. Einige Pfarrangehörige seien allerdings auch dazu übergangen, in Nachbarpfarreien die Heiligen Messen zu besuchen.
Stadtplaner Thomas Schiefer erklärte am Rande des Ortstermins, dass der Erhalt der vielen Kirchen im Stadtgebiet große Herausforderungen mit sich bringe. Einerseits würden die Gemeinden und das Bistum insgesamt durch Kirchenaustritte an Menschen und Finanzen schwächer, anderseits steige der Finanzbedarf für die Renovierung.
Weihnachten 2022 war die Pfarrkirche St. Lambertus praktisch von einem Tag auf den anderen wegen Einsturzgefährdung geschlossen worden. Durch Kondenswasser konnte sich der Hausschwamm ausbreiten und die Holzkonstruktion schädigen.
Der Westturm von St. Lambertus ist der älteste Baukörper und stammt vermutlich von der ursprünglichen Kirche, die im Jahr 1067 erwähnt wird. In den folgenden Jahrhunderten wurde das ursprüngliche Gotteshaus mehrfach umgebaut.
Als Pfarrer Damian Velder (1791-1861) und seine Verwandten einen großen Lotteriegewinn gemacht hatten, stifteten sie das Geld für eine neue Kirche. Sie wurde 1844 nach Plänen von Architekt Johann Peter Cremer errichtet, die Bauleitung hatte Franz Matthias Plum, der schon vor J. P. Cremer einen Plan entworfen hatte.
Am 21. September 1845 wurde die Kirche benediziert. Anschließend wurden Decke und die Ostwand, 1903 die übrigen Wände ausgemalt. 1972, 1975 und 1978 musste die Kirche bereits restauriert werden. Beim jetzigen Ortstermin scherzten Teilnehmer angesichts der unwägbaren Kosten: „Am besten, wir spielen nochmal Lotto… vielleicht haben wir ja nocchmal Glück wie Pfarrer Velder.“
pp/Agentur ProfiPress