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AllgemeinGdG St. Barbara Mechernich

Alle wollten „Trompett“ spielen

Musikverein Nöthen feiert sein 90jähriges Bestehen mit einem Musikfest am 9./10. September – Willibrordus-Dorf gehört „weltlich“ nach Münstereifel, aber kirchlich zu Mechernich

Mechernich/Bad Münstereifel-Nöthen – Der Musikverein Nöthen feiert sein 90jähriges Bestehen mit einem Musikfest am Wochenende 9. und 10. September. Das ist ein Fest in gleich zwei Kommunen, denn „weltlich“ gehört das bereits in der Frankenzeit existente Willibrordus-Dorf zwar zu Bad Münstereifel, aber kirchlich zu Mechernich und zur GdG „St. Barbara“.

Los geht es beim 90jährigen Jubiläumsfest mit der Heiligen Messe samstags um 17.30 Uhr unter Mitwirkung des Musikvereins in der Pfarrkirche St. Willibrordus. Ab 18.30 Uhr werden im Willibrordus-Haus Musik und Unterhaltung geboten. Unter anderem treten dabei auch die Junioren des von Michael Schmitz geleiteten Blasorchesters auf und die im Ort gut bekannte und hochgeschätzte „Evangelische Kapelle“. Außerdem werden Mitglieder geehrt und Fotos aus 90 Jahren Musikvereinsgeschichte gezeigt.

Am zweiten Feiertag, Sonntag, 10. September, heißt es ab 11 Uhr „Blasmusik – nonstop“, präsentiert von befreundeten Musikvereinen aus Eschweiler über Feld, Manscheid, Kallmuth und Keldenich. Für die kleinen Gäste sollen an beiden Tagen eine Hüpfburg sowie Unterhaltung mit Spiel und Spaß organisiert werden.

Für das leibliche Wohl ist mit gekühlten Getränken, Gegrilltem und Fritten gesorgt. Am Sonntag gibt es außerdem ein Kuchenbuffet. Kuchenspenden werden gerne am Sonntag im Willibrordushaus entgegengenommen (Koordination: Ilona Doppelfeld, Tel. 0 22 53/ 63 69).

Zur Vereinsgeschichte

In den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts spielten einige junge Männer aus Nöthen, Hohn und Gilsdorf in benachbarten Musikkapellen mit, zum Beispiel die Schüler Jakob Kolvenbach (seit 1922) und Jakob Lückerath (seit 1925) im Ensemble „Euterpe“ des St.-Michael-Gymnasiums Münstereifel.

Auch die Belegschaft der Arloffer Thonwerke hatte zu der Zeit eine eigene Musikkapelle, in der die Nöthener Josef Kastenholz, Karl Esser und Peter Zimmermann aktiv mitwirkten. Von diesen fünf zunächst auswärts tätigen Musikern, die den Musikverein Nöthen 1927 gründeten, lebt heute noch Jakob Kolvenbach.

Erste musikalische Auftritte bestanden im „Anblasen“ hoher christlicher Feiertage wie Ostern, Weihnachten oder Neujahr in der Nacht hoch vom Kirchturm herab. Nicht selten bestieg Beiermeister „Buse Patt“ mit seinem Assistenten Hubert Esser und den Musikern den Kirchturm, um zwischen den einzelnen Liedern der Bläser auch eine Strophe zu „beiern“. Er meinte dann stolz, so etwas habe selbst der Kölner Dom nicht zu bieten . . .

Der Jubiläums-Musikverein Nöthen unter der musikalischen Leitung von Michael Schmitz (l.) hat heute 30 Mitglieder. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress

Seit 1927 nahm das Musizieren in Nöthen festere Formen an. Man spielte bei Dorfabenden und Veranstaltungen im neuhergerichteten Jugendheim. Manchmal lieh man sich einige Musikanten von der Kapelle in Lessenich aus.

Viele traten der Musikgruppe bei und beschafften sich aus eigenen Mitteln ein Instrument. Die Probenarbeit war hart: Erstens wollten alle Trompete spielen, zweiten verfügte kaum einer über Notenkenntnisse. Zunächst wurden die Tonleitern rauf- und runtergespielt, dann erste Kirchen- und leichte Volkslieder.

„Wie stolz waren sie alle, wenn sie bei der nächsten Probe ein solches Lied fehlerfrei vortragen konnten?“ heißt es in der Vereinschronik: „Das berechtigte dann zum Mitmachen in der Öffentlichkeit. Da war zunächst die Teilnahme an der Fronleichnamsprozession und die Begleitung der Erstkommunikanten zur Kirche.“

Auf den Wiesen vor dem Dorf

Bei schönem Sommerwetter wurden die Proben an den Sonntagnachmittagen auf den Wiesen vor dem Dorf gehalten, wodurch viele Zuhörer angelockt wurden, die den Musikanten für die trockenen Lippen eine „Runde“ spendeten. Der damals noch sehr junge Peter Lückerath verfügte über Notenkenntnisse, beherrschte den Bassschlüssel und übernahm die bis dahin vakante Stelle des Bassisten. Damit war der Musikverein Nöthen auch ohne Gastmusiker komplett.

Michael Schmitz schreibt: „Die Musikkapelle erhielt einen merklichen Aufschwung, als Kaufmann Heinrich Aufdermauer nach Gilsdorf zog. Er selbst war ein geübter Blasmusiker, hatte großes Geschick im Anlernen der jungen Bläser und brachte den richtigen Schwung in die Kapelle. Nun wurden auch Märsche und Walzer geübt, was für die Auftritte bei Dorffesten ja notwendig war. Man konnte schließlich nicht nur Kirchenlieder spielen.“

Von dieser Zeit an (1931) begleiteten die Musiker jedes Jahr die Fußwallfahrt der Pfarrgemeinde Nöthen nach Barweiler. Die Teilnahme an dieser Wallfahrt gehörte für viele zu den schönsten Erinnerungen. Sie war immer mit großen Strapazen verbunden. Es ist vorgekommen, dass die jungen Bläser nach der Hälfte des Weges (80 km) keinen Ansatz mehr hatten. Da schmerzte der Mund mehr als die Füße.

Bei der Wallfahrt, an der auch Pfarrer Matthias Mauß teilnahm, waren alle Pilger wegen des heißen Herbstwetters sehr ermüdet. Da ließ Herr Pfarrer Mauß im Wald zwischen Wershofen und Antweiler die Musikanten in Reih und Glied antreten. Die Pilger mussten sich in Marschkolonne hinter den Musikern aufstellen. Zum Erstaunen aller sagte nun Herr Pfarrer Mauß: „Jetzt wollen wir einmal ein paar flotte Märsche spielen. Ich glaube, die gefallen dem Herrgott auch.“ Er schritt voran, und mit Marschmusik ging es durch den Wald. Das frohe Spiel hatte alle Müdigkeit vergessen lassen.

Neuer Anfang nach dem Krieg

Mit dem Zweiten Weltkrieg schien das Ende des Musikvereins gekommen zu sein. Eine große Lücke war in die Reihen der Musiker gerissen worden. Es war nicht abzusehen, ob die Kapelle wieder einmal zu neuem Leben erstehen würde. Auf Bemühungen von  Pfarrer Scheuffgen und Bürgermeister Hubert Schick wurde Jakob Kolvenbach aus Hohn im Herbst 1946 als Lehrer an die Volksschule in Nöthen berufen.

Die aus dem Krieg heimgekehrten Mitglieder der Musikkapelle beschlossen, trotz aller Schwierigkeiten neu zu beginnen und sich wieder unentgeltlich für Kirchen- und Dorffeste zur Verfügung zu stellen. Großen Zuwachs gab es von der Jugend. Als Übungsraum stand zunächst die Küche des Lehrers zur Verfügung, da die Schule zerstört war. Die Instrumente waren meist beschädigt. Man verklebte oder lötete die undichten Stellen.

Ein Gebirgsjäger aus Tirol hatte ein Nöthener Mädchen zur Frau genommen und blieb einige Jahre in Nöthen. Mit seiner Posaune musste er die Basspartien spielen (Peter Lückerath war noch in russischer Gefangenschaft). Der Gendarmeriemeister Reinhold Voigt wohnte in der alten Schule in Nöthen. Er war aktiver Militärmusiker gewesen. Er schloss sich der Kapelle an und gab manche Ratschläge und Anregungen für die Übungsarbeit. Er vermachte seine wertvolle Posaune dem Musikverein Nöthen.

In der Pfarrkirche St. Willibrordus begann die segensreiche musikalische Tätigkeit des Jubiläumsmusikvereins mit Turmblasen zu kirchlichen Festen. Dort beginnt auch das Musikfest am Samstag, 9. September, mit einer musikalisch vom Musikverein gestalteten Vorabendmesse um 17.30 Uhr. Foto: Archiv/pp/Agentur ProfiPress

Der erste Auftritt der „neuen Kapelle“ erfolgte im Juli 1947 beim Besuch des Aachener Weihbischofs Friedrich Hünermann. Er sprach sich lobend darüber aus, dass die Nöthener Pfarrkinder ihn mit Musik vor dem Dorf empfingen und ihn in feierlicher Prozession zur Kirche geleiteten.

Eine neue Tuba wurde aus dem Verkaufserlös von Erlenholz aus dem Gemeindewald finanziert. An schönen Sonntagen wurde nach dem Hochamt auf dem Kirchplatz ein Platzkonzert gegeben, an denen die Bevölkerung sehr viel Gefallen fand.

Seit 1970 hat Josef Feuser als Dirigent die Kapelle übernommen. Unter seiner Leitung wurde der Klangkörper wesentlich erweitert durch vier Klarinettisten, zwei Es-Horn-Bläser und zwei Posaunisten.

Viel Arbeit machte sich der neue Dirigent mit der Heranbildung des musikalischen Nachwuchses.

Eine neue Zeit beginnt

Im Jahr 1995 gab Josef Feuser nach 25-jähriger Dirigententätigkeit den Dirigentenstab an Michael Schmitz weiter, dem er Jahre zuvor „die ersten Trompetentöne“ beigebracht hatte. Zusammen mit den langjährigen Vorsitzenden, Wilfried Kurth und Klaus Schmitz, dem stellvertretenden Vorsitzenden Peter Doppelfeld und dem Kassenwart Heribert Schick führte der neue musikalische Leiter die Geschicke des Vereins weiter.

Altbewährtes wurde weitergeführt, neue Ideen wurden umgesetzt. Dabei strebten die Vereinsmitglieder – wie in der Historie des Vereins bereits erwähnt – neben der musikalischen Harmonie auch immer eine kameradschaftliche Harmonie an. In regelmäßigen Abständen wurden Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit ehrenamtlichem Engagement vereinsintern an Instrumenten ausgebildet.

Das 80-jährige Vereinsjubiläum wurde 2007 mit einem großen Musikfest gefeiert: nach dem feierlichen Hochamt in der Kirche spielten die befreundeten Musikvereine aus Kallmuth, Pesch, Keldenich und Bad Münstereifel beim „Tag der Blasmusik“ auf. Unter großer Beteiligung der Dorfbevölkerung wurde das erste Nöthener Musikfest seit 1993 zu einem großen Erfolg.

Besonders hervorzuheben ist die langjährige Mitarbeit des Musikvereins im Ortsverband Nöthen, dem Zusammenschluss aller Vereine des Ortes: viele Papiersammlungen, Erntedankfeste, Martinszüge, Nikolausfeiern und Seniorennachmittage sind gemeinsam angepackt und durchgeführt worden.

Viele Jahre war der Musikverein in den Proberäumen der alten Schule zu Gast – im Jahr 2015 konnten die neuen Proberäume im Nöthener Pfarrhaus bezogen werden. Ein Jahr später wurde auch die schon lange vorgesehene Eintragung des Vereins in das Vereinsregister vollzogen: der offizielle Name des Vereins lautet seitdem „Musikverein Nöthen gegr. 1927 e. V.“.

Wie in der Anfangszeit sieht es der Verein auch heute als seine Aufgabe an, sowohl die kirchlichen Feiern (Weihnachten, Kommunionfeste, Fronleichnam, Barweilerprozession, …) wie auch die weltlichen Feste des Dorfes (Kirmes, Jubiläen, Karneval, Vereinsfeste, Martinszug, private Feiern, …) musikalisch zu gestalten.

Zahlreich sind die Auftritte außerhalb der Dorfgrenze: Platzkonzerte, Ständchen und Umzüge bei Mai-, Sommer- und Schützenfesten in der näheren und weiteren Umgebung gehören zum festen Terminplan des Vereins. Ein besonderes Engagement hat der Verein in der Karnevalszeit entwickelt: seit vielen Jahren ist er beim Rosenmontagszug in Bonn dabei. Zu den Höhepunkten der Vereinsgeschichte zählen – noch unter Dirigent Josef Feuser – musikalische Reisen nach England und Frankreich. Heute zählt der Verein über 30 aktive Mitglieder.

pp/Agentur ProfiPress