Durch Schnee und Eis ins Kriegsgebiet
Freiwillige Helfer aus Mechernich und Frechen bringen derzeit mit Hilfsgruppe „Sophie“ fünf Feuerwehrfahrzeuge in die Ukraine – Randvoll mit Hilfsgütern – Fahrt durch Unwetter mit Schneemassen und Glatteis deutlich erschwert – WDR mit dabei – „Es ist wirklich ein Erlebnis“ – Ausrangierte Fahrzeuge sollen Menschen inmitten des Krieges retten
Mechernich/Frechen/Ukraine – Die Grenze zur Ukraine hat der Konvoi bereits passiert. Jetzt dauert es nur noch Stunden bis zur festlichen Übergabe von fünf Feuerwehrfahrzeugen, drei aus Mechernich, zwei aus Frechen, an das durch den Angriffskrieg Russlands gebeutelte Land. Auch Lebensmittelspenden sind mit an Bord.
Mit dabei sind 16 Helfer, acht davon aus Mechernich, die meisten von der freiwilligen Feuerwehr. Organisiert hatte die Aktion die Frechener Hilfsgruppe „Sophie“ unter dem Vorsitzenden Harald Fischer, der ebenfalls mit von der Partie ist. Auch ein Kamerateam des WDR begleitet die Reise. Rund 1800 Kilometer müssen sie zurücklegen, bis sie schließlich an ihrem Ziel ankommen.
Die Mechernicher Stadtverwaltung hatte dazu im Vorfeld zwei Löschgruppenfahrzeuge (Baujahr 1995) und ein Drehleiterfahrzeug (Baujahr 1997) zur Verfügung gestellt. Diese sind zwar ausrangiert, aber noch voll funktionstüchtig. Für sie werde es bei der Übergabe auch eine Einweisung für die Ukrainischen Feuerwehrleute durch die Helfer aus Deutschland geben.
Zwölf Touren, 83 Fahrzeuge, 265.000 Kilometer
Schon bei der offiziellen Übergabe der Fahrzeuge am Mechernicher Gerätehaus war Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick begeistert von diesem „großen Zeichen des Mechernicher Stadtrates“, der die Spende einstimmig bewilligt hatte. Dies lag auch an der großen Zuverlässigkeit der Gruppe „Sophie“, die zu diesem Zeitpunkt schon insgesamt zwölf Touren mit 83 Fahrzeugen, rund 265 000 Kilometer, in die Ukraine und wieder zurück organisiert hatte.
Auch aus Mechernich waren immer wieder helfende Hände dabei. Meist Freiwillige aus den Reihen der Feuerwehr, die eigens hierfür ihre Freizeit oder sogar ihren Urlaub opferten.
Schneemassen und spiegelglatte Straßen
Die Tour begann nach der Abfahrt in Mechernich am gestrigen Morgen um 7.15 Uhr zwar nicht wie geplant – man kam aufgrund von Zündungsproblemen bei einem Frechener Fahrzeug nicht pünktlich von dort los – doch unterkriegen ließ man sich nicht so leicht. Schnell war ein Techniker organisiert, der den Anlasser spontan wechseln konnte, wie Rainer Schulz von der Stadtverwaltung, der ebenfalls mit an Bord ist, der Agentur ProfiPress berichtete.
Dann lief zunächst alles weiter wie geplant, der Konvoi aus fünf Feuerwehrfahrzeugen und zwei privaten Fahrzeugen starteten um 10 Uhr morgens aus Frechen und kam zunächst gut voran. Doch dann ereilte die Truppe das, was alle an diesem Tag ereilte – eine leichte Puderzuckerdecke auf der Fahrbahn zu Beginn, die sich schnell in eine geschlossene Schneedecke samt Verkehrschaos verwandelte. Es galt, dem frostigen Unwetter in Deutschland zu trotzen. Und das tat man, setzte seinen Weg in Richtung Osten unbeirrt fort.
Mit maximal 40 km/h rollte der Konvoi weiter, kilometerlangen Staus auf der Gegenfahrbahn ließen böses erahnen. „Es schneit unaufhörlich, die Straßen sind teils spiegelglatt“, berichtete Rainer Schulz am frühen Abend. Doch guten Mutes ging es weiter. Und Schulz war beeindruckt: „Es ist wirklich ein Erlebnis diese Tour mitzumachen, gerade auch durch die starken Witterungseinflüsse!“
Ganze Nacht durchgefahren
Ab und zu legten die Gruppe Tankstopps ein. Hier plante man das weitere Vorgehen bei einer warmen Grillwurst, füllte neues Frostschutzmittel in die Scheibenwischanlagen und nahm sich einen Moment, um einfach mal durchzuatmen und die Eindrücke der Kolonnenfahrt für die Menschlichkeit zu verarbeiten, die zu diesem Zeitpunkt noch viele Stunden dauern sollte.
Die Fahrzeuge fuhren die gesamte Nacht durch, erreichten schließlich Polen und durchquerten es, während die Straßen im Laufe der Nacht immer besser befahrbar wurden. „Die Polen haben sehr gut gestreut. Temperaturen liegen derzeit um den Gefrierpunkt, aus Schnee ist leichter Regen geworden“, so Rainer Schulz heute Morgen.
Dann endlich passierten sie die Grenze zur Ukraine – einem Kriegsgebiet mitten in Europa. Angst war bei den Männern allerdings Fehlanzeige, das Ziel stets vor Augen: die Feuerwehr-Fahrzeuge denjenigen zu bringen, die sie im Moment wohl am allermeisten brauchen – um Leben zu retten.
Eine besondere Begrüßung
Die Übergabe an die ukrainischen Feuerwehrleute und Einweisung in die Fahrzeuge ist für Donnerstagabend geplant, könnte sich allerdings aufgrund der Witterung und technischen Probleme zu Anfang bis Freitagmorgen verzögern. Und die Begrüßung wird wohl eindrucksvoll, denn: „Das Medieninteresse auf ukrainischer und deutscher Seite ist sehr groß. Daher werden offizielle Vertreter aus der Ukraine daran teilnehmen“, erklärte dazu der Mechernicher Feuerwehrchef Jens Schreiber.
Nach zwei geplanten Übernachtungen in der Ukraine soll es dann am Samstagmorgen schließlich wieder auf die Heimreise gehen. Am Sonntag, im Laufe des Nachmittags, ist dann wieder geplante Ankunft in Mechernich. Nach einer „Reise“, die wohl jedem der beteiligten noch sehr lange Jahre in Erinnerung bleiben wird. Gegen Krieg und Leid, für Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft, auch über Ländergrenzen hinweg.
pp/Agentur ProfiPress