Fertiggerichte sind tabu
Seit 20 Jahren treffen sich die „Gourmets“ im Schleidener Schulzentrum zum Kochen und Schlemmen – Mit Spaghetti fing alles an – Willi Poth: „Geschmack und Qualität gesteigert“ – Reinhard Schaffer, ehemaliger Direktor des Gemünder Amtsgerichts, hält den Teilnehmer-Rekord
Schleiden/Mechernich – Sie nennen sich „Die Gourmets“ und kommen aus Aachen, Mönchengladbach, Köln, Bonn, Mechernich und dem ganzen Kreis Euskirchen. Und sie nehmen teilweise weite Wege auf sich, um alle sechs bis acht Wochen an einem Samstagnachmittag im Schleidener Schulzentrum gemeinsam zu kochen und zu schlemmen. Jetzt konnten die kochenden Feinschmecker auf ihr 20-jähriges Bestehen zurückblicken. Natürlich wurde der runde Geburtstag mit einem zünftigen Jubiläumsessen gefeiert, das die Gourmets natürlich selbst zubereitet hatten.
Chef der Gruppe von Hobbyköchen ist Küchenmeister Willi Poth, der ehemalige Küchenleiter der Marmagener Eifelhöhen-Klinik, der die „Gourmets“ im Januar 2003 im Gemünder Hof gegründet hatte. Damals, so erinnert sich Willi Poth jetzt 20 Jahre später, habe das erste Kochen in der Küche des Gemünder Hofs unter dem Thema „Rund um die Nudel – mit selbstgemachten Spaghetti“ gestanden. Inzwischen nach 88 gemeinsamen Kochnachmittagen habe das Credo „Alles selbstgemacht“ noch immer Geltung. Poth: „Ob Nudeln, Saucen oder Croutons für den Salat, bei uns kommen keine Fertigprodukte auf den Tisch“.
Kein Gericht zweimal gekocht
45 verschiedene Teilnehmer haben in den 20 Jahren bei den 88 geselligen Kochveranstaltungen mit Willi Poth als Kursleiter auch 88 verschiedene Menüs zubereitet. Poth: „Bisher wurde kein Gericht zweimal gekocht“. Neben dem Küchenmeister sind noch zwei weitere Mitgründer dabei. Es sind Christoph Wambach aus Köln und der Hellenthaler Arzt Heinz Maschke, der bis zu seiner Erkrankung vor der Corona-Pandemie 63 Mal mit gekocht hat.
Leidenschaftlich kochender Spitzenreiter ist der ehemalige Direktor des Gemünder Amtsgerichts, Reinhard Schaffer aus Aachen, der bereits 65-mal mit den Gourmets den Kochlöffel geschwungen hat. Auch Schaffers Nachfolgerin Claudia Giesen hat die Kochnachmittage mit den fidelen Hobbyköchen schätzen gelernt.
Ging es beim ersten Kochen vor 20 Jahren noch um das Thema Nudeln, so haben sich die eigenen Ansprüche der Gourmets in zwei Jahrzehnten in Richtung Feinschmecker verändert. Willi Poth: „Wir haben Vielfalt, Geschmack und Qualität gesteigert“. Inzwischen stehen Menüs zwischen fünf und acht Gängen auf dem Plan. Zubereitet wurden zum Beispiel Lamm, Reh, Hase, Wildtaube, Fasan, Wildschwein, Rind, Strudelteig, Gemüse als Flan, Suffle, verschiedene Sorbets, Eissorten und Desserts.
Saisonale Gerichte
Meist werden die Themen saisonal gewählt. Frühlingserwachen, Karneval bunt gemischt, Alpen-Schmankerl, Adventsmenü, Sommer ade oder Ferienvorfreude waren bisher Themen genauso wie „Was die Natur bietet“, „Rund um die Welt“, Italienischer Herbst, Erntedank oder auch das Motto „Mordshunger“.
Im Wechsel haben jeweils zwei Teilnehmer der Gruppe die Aufgabe, das Menü zu erstellen. Willi Poth prüft den Vorschlag dann auf Machbarkeit und erledigt, zusammen mit den Urhebern des Menüs, den Einkauf. Dabei, so Poth, können die Miteinkäufer Erfahrungen sammeln, um die erforderlichen Mengen richtig zu berechnen.
Das anspruchsvolle Jubiläumsmenü mit sechs Gängen hatte Küchenmeister Willi Poth selbst kreiert. Räucherlachs-Crêpes, Fasanenbrust an Waldorfsalat, klare Ochsenschwanzsuppe, Zanderfilet auf Schmandsauerkraut, Kalbssteak „au four“ und Tiramisu-Eistorte als Dessert verlangten den Kochlöffel-Artisten größtes Können ab. Relativ einfach war dabei das Beschaffen der Fasanenbrüste. Sie stammten aus dem Revier des Jägers und Gourmets Günter Böttges aus Korschenbroich. Willi Poth hatte die Fasanen (zwei halbe Brüste für vier Personen) selbst gerupft und küchenfertig vorbereitet.
Um Poths Jubiläumsmenü am Abend professionell auf den Tisch zu bringen, legten sich die Hobbyköche mächtig ins Zeug. Günter Böttges (Korschenbroich), Lothar Braunisch (Schleiden), Eckard Jambor (Gemünd), Walter Ranz (Olef), Reinhard Schaffer (Aachen), Dieter Ohnrich (Strempt), Claudia Haebler (Köln), Dieter Wolter (Strempt), Christoph Wambach (Köln) und Gastköchin Margret Jansen-Winkeln aus Dahlem hatten Zweierteams gebildet und abgestimmt, wer was macht. Und damit auch das Gesellige nicht zu kurz kommt, gehören auch beim Besprechen der Rezepte ein paar Gläschen Wein dazu.
Emsiges Treiben in der Küche
In der Küche herrschte ab dem frühen Nachmittag ein emsiges Treiben, nachdem die Gruppe sich zuerst mit ihrem zuvor zubereiteten Köche-Essen (Kartoffel-Blumenkohl-Curry) gestärkt hatte. Dampfende Töpfe, heiße Pfannen, Zwiebelschälen, Möhren und Knollensellerie würfeln, Tomaten häuten, bestimmten das Bild an Herden und Arbeitstischen. Und immer musste Willi Poth Tipps geben, Fehler seiner Koch-Eleven zu verhindern. „Wir lernen bei unseren Treffen auch Kochtheoretiker zur praktischen Anwendung“, so der Küchenmeister. Für den Alltag seien die opulenten Menüs der Gourmets allerdings zu kompliziert.
Besonders zeitaufwendig war so auch die Zubereitung der klaren Ochsenschwanzsuppe, der sich unter anderem der ehemalige Mechernicher Bundeswehr-Kommandeur Dieter Wolter widmete, und die allein eine Zeit von zweieinhalb Stunden in Anspruch nahm. Poth: „Da ist schon Erfahrung gefragt, wenn alles zur rechten Zeit und heiß auf den Tisch kommen soll“. Der Küchenmeister musste eingreifen, als das Enthäuten der Fasanenbrüste nicht auf Anhieb klappte und als die Köche beim Zubereiten des Schmand-Sauerkrauts zu zaghaft mit dem Zugeben von Weißwein waren.
Mit zunehmender Zeit wurden die kulinarischen Düfte in der Kocharena immer appetitanregender. Doch dann bei der Herstellung der Tiramisu-Eistorte kurz vor dem Finale machte sich plötzlich Aufregung breit, als fieberhaft nach Eiern gesucht wurde. „Es müssten noch sechs da sein“, waren sich die Hobbyköche einig. Waren es aber nicht, nur ein Ei war noch vorhanden. Ex-Gerichtsdirektor Reinhard Schaffer fackelte nicht lange, zog den Anorak über sein Koch-Outfit und fuhr nach Schleiden. Kurze Zeit später kehrt er mit sechs Eiern zurück – das Dessert war gerettet.
Die gute Seele der Gourmets
Derweil war auch Poths Frau Renate Krumpen, die gute Seele der Gourmets, im Schulzentrum eingetroffen, um die Tafel für das Jubiläumsessen festlich herzurichten. Sie hatte in den 20 Jahren ihrem Mann bei den Vorbereitungen der Events zur Seite gestanden und akribisch Buch darüber geführt, wann welche Köche an den Kochveranstaltungen teilgenommen hatten. Bevor es endlich zum gemeinsamen Essen ging, ehrte Renate Krumpen noch die treuesten Teilnehmer, deren Liste Ex-Richter Reinhard Schaffer mit 65 Teilnahmen vor dem Arzt Heinz Maschke anführt, der 63-mal dabei war. Leider, so Renate Krumpen, seien im Verlauf der 20 Jahre auch vier Gourmet-Köche verstorben.
Bei den Kochnachmittagen müssen zwischen zehn und zwölf Akteure zusammenkommen, um die Kosten für Küche, Zutaten und Weine zu decken. In diesem Jahr finden noch drei Samstag-Koch-Treffen am 25. März, 6. Mai und 18. November statt. Willi Poth: „Gastköche oder auch Gastesser sind bei uns immer willkommen.“ Kontakt unter: krumpenflorek@aol.com
pp/Agentur ProfiPress