Nöthen statt Echternach
Auch im Jahr Zwei nach Corona fand die legendäre „Echternacher Springprozession“ als Mechernich-Münstereifeler Lokalvariante rund um St. Willibrordus in Nöthen statt – Ausdruck des in pandemischen Zeiten nicht verlorenen Gottvertrauens
Mechernich/Nöthen – Auch im Jahr Zwei nach Corona fand die Echternacher Springprozession, religiöse Traditionsveranstaltung mit dem Status eines immateriellen Weltkulturerbes, pandemiebedingt nicht statt. Ebenfalls bereits zum zweiten Mal „sprangen“ Christen der GdG Heilige Barbara Mechernich ersatzweise rund um die zur Gemeinschaft der Gemeinden gehörende Pfarrkirche St. Willibrordus in Nöthen.
Denn ihm, dem Bonifatius-Schüler und „Eifelmissionar“ Willibrord (658-739), der vermutlich von den britischen Inseln auf den „Kontinent“ kam, gilt die Verehrung dieser seltsam anmutenden Prozession zu Polka-Klängen, die nachweislich bereits 1497 so lange stattfand, dass keiner mehr sagen konnte, wie lange eigentlich.
Auch die Ursprünge für den aus einem „Dreisprung“ bestehenden Prozessions-„Tanz“ liegen im Dunkeln. Der in der Echternacher Basilika beigesetzte Willibrord wird, wie auch St. Vitus und Johannes der Täufer gegen Nervenkrankheiten wie den „Veitstanz“ angerufen.
Der Mechernicher Pfarrer Erik Pühringer zählt zu denen, die den Beginn der Springprozession dem glücklichen Vorübergehen der Pest zuschreiben. Die Nöthener Variante gestalteten Pühringer und der neue Mechernicher Kirchenmusiker Erik Arndt mit passenden modernen Glaubensliedern.
„Tanz ist Ausdruck der Freude“
Der Tanz sei Ausdruck der Freude, sagte der GdG-Leiter in seiner Predigt vor einigen Dutzend Katholiken. Man wolle und solle also an Willibrord Maß nehmen und den christlichen Glauben auch in eher düsteren Zeiten mit Begeisterung weitergeben. Auch wenn die Springprozession eher steifen Naturen töricht und albern vorkomme, sei sie doch Ausdruck des in pandemischen Zeiten nicht verlorenen Gottvertrauens.
„Denn das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen, und das Schwache Gottes ist stärker als die Menschen“, rezitierte die Lektorin Luise Berners während der der Prozession vorausgehenden Heiligen Messe aus dem 1. Korintherbrief des Apostels Paulus. Dazu sangen Pfarrer und Organist „Singt dem Herrn, alle Völker und Rassen/ Tag für Tag verkündet sein Heil/ Singt, als wär’ es zum ersten Mal/ Singt in allen Sprachen und Tönen/ Singt und ruft seinen Namen aus…“
Die Gottesdienstgemeinde darf zurzeit nicht am Gesang teilnehmen und musste auf Sicherheitsabstände in den Kirchenbänken – und auch bei der Springprozession achten, was aber nicht schwerfällt, weil die Prozessionsteilnehmer auch zu normalen Zeiten weiße Tücher zwischen sich halten.
„Ja, es ist meinethalben töricht…“
„Ja, es ist meinethalben töricht, wenn 60 Gruppen mit je 40 bis 50 Springerreihen a fünf bis sechs Springern durch die Straßen von Echternach tanzen und nach einer 45minütigen Prozession in die Krypta hinab zur Gruft des Völkerapostels Willibrord steigen, um sich seiner Fürsprache zu vergewissern und seinen Segen zu holen“, so Erik Pühringer: „aber es dient der Verehrung Gottes. Nach Krankheitsjahren wieder vor Freude zu springen, das ist Verkündigung. Der Glaube soll Freude machen…“
„Dieses Jahr nicht in Echternach“, so der langjährige ehemalige Eifeldekan aus Mechernich: „Dieses Jahr in Nöthen.“ Die Springprozession im Kleinformat solle den Gläubigen „Appetit machen auf Echternach 2022, Pfingstdienstag!“ Dass die Echternacher Springprozession abgesagt wird, war in den vergangenen Jahrhunderten selten der Fall: nur wegen der Pest, der Cholera und der Weltkriege – und jetzt wegen Corona bereits zum zweiten Mal.
Doch die Gläubigen rund um den Mechernicher Bleiberg lassen sich offensichtlich nicht entmutigen – ihnen voran ihr erfindungsreicher Pfarrer Erik Pühringer, der in Nöthen um die Kirchenvorstände Michael Schmitz, Dieter Züll, Thomas Wolfgarten und Helmut Müller tatkräftige Mitarbeiter fand.
pp/Agentur ProfiPress