Hebesätze gleich, Grundsteuer anders
Rat der Stadt Mechernich hat beschlossen, die Hebesätze beizubehalten und nicht zu erhöhen – Aufgrund der neuen Bewertungsregeln werden sich die zu zahlenden Grundsteuern trotzdem für die meisten Grundstücke verändern
Mechernich – Es gibt wohl wenige Themen, die in der Vergangenheit für so viel Diskussionsstoff gesorgt haben. Das Heizungsgesetz vielleicht noch, aber ansonsten war die Reform der Grundsteuer eines der am heftigsten diskutierten Vorhaben. Was sich bislang nur in der Theorie abspielte, wird jetzt ganz konkret. Die Kommunen müssen festlegen, wie sie mit dem neuen Regelwerk umgehen.
Der Rat der Stadt Mechernich hat jetzt beschlossen, die aktuell geltenden Hebesätze für die Grundsteuer A (463 Prozent) und Grundsteuer B (595 Prozent) beizubehalten und eben nicht zu erhöhen. Das bedeutet allerdings nicht, dass sich die Steuerbescheide nicht verändern werden. Denn aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts musste der Gesetzgeber die Bewertungen der Grundstücke neu regeln.
„Diese Neubewertung kann nun dazu führen, dass die Grundstückseigentümer einen höheren, einen niedrigeren oder einen relativ gleichbleibenden Grundsteuerbetrag zu zahlen haben, ohne dass die Stadt Mechernich die Hebesätze verändert“, erläutert Lothar Hilgers. Dies sei letztlich die Folge der neuen gesetzlichen Regelung und der seitens der Grundstückseigentümer abgegebenen Grundsteuererklärung, so der Teamleiter Steuern, Gebühren, Beiträge und Abfallwirtschaft.
Die neue gesetzliche Regelung brachte zwei gravierende Änderungen mit sich: Zum einen für die Landwirtschaft, wo zukünftig die Wohnanteile nach Grundsteuer B und der landwirtschaftliche Betrieb nach Grundsteuer A veranlagt wird. Zum anderen bei den sogenannten „Nichtwohngrundstücke“, wie etwa Gewerbeflächen. Da deren Wert in den vergangenen Jahrzehnten nicht so stark anstiegen sind wie „Wohngrundstücke“ führt das dazu, dass diese Flächen zukünftig erheblich entlastet werden.
Risiken bei differenzierten Hebesätzen
Das Land NRW wollte diese Belastungsverschiebung zu Lasten der Wohnungseigentümer eindämmen und hat hierzu den Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, differenzierte Grundsteuer-B-Hebesätze einzuführen. „Das ist allerdings mit erheblichen gesetzlichen und fiskalischen Risiken verbunden, sodass die Stadt Mechernich diese Möglichkeit im kommenden Jahr noch nicht umsetzen wird“, erläutert Lothar Hilgers. Bereits jetzt seien Klageverfahren angekündigt, die mitunter zu Steuerausfällen führen könnten.
Verwirrung gibt es mitunter auch um den Begriff der „Aufkommensneutralität“. „Dahinter verbirgt sich lediglich die Vorgabe, dass die Kommunen nach der Reform genauso viel an Grundsteuer einnehmen soll wie vor der Reform“, betont Lothar Hilgers: „Nicht gemeint ist, dass die individuelle Grundsteuer eines jeden einzelnen Grundstückseigentümers gleichbleibt. Da wird es durchaus zu Veränderungen durch die neuen Bewertungsgrundlagen kommen.“
Für die Stadt Mechernich bedeutet, dass sie mit rund 5,7 Millionen Euro Einnahmen vor und nach der Reform eine in etwa gleiche Summe für die städtischen Aufgaben verwenden kann. „Der Blick auf die öffentlichen Haushalte sowie die explosionsartig steigende Kreisumlage sind allerdings düstere Vorboten“, betont Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Es sei absehbar, dass es ohne Steuererhöhungen bei der Grund- und Gewerbesteuer kaum noch möglich sein werde, ausgeglichene Haushalte in der Zukunft aufzustellen.
Dr. Hans-Peter Schick fordert vor diesem Hintergrund: „Auch der Kreis, der als Umlageverband größtenteils von den Kommunen finanziert wird, alle Ausgaben auf den Prüfstand stellen und die geplante Kreisumlageerhöhung deutlich nach unten korrigieren müssen.“
Derzeit könnten die Stadt- und Gemeinderäte nur noch über Zumutungen entscheiden, entweder Leistungskürzungen oder Steuererhöhungen beschließen, aber kaum noch gestalten, betont das Mechernicher Stadtoberhaupt: „Wer aber eine lebendige Demokratie vor Ort haben möchte, muss den Kommunen Handlungsspielräume zurückgeben. Das heißt, Bund und Land stehen in der Pflicht, die Rahmenbedingungen für die Kommunen nachhaltig zu verbessern.“
pp/Agentur ProfiPress