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Wie en Sou seck

Wie en Sou seck
Manche arbeiten wie bekloppt, an einem Stück, ohne Unterlass. Man nennt sie landläufig “Malocher”, was ursprünglich aus dem Westjiddischen und später Rotwelschen kommt. In der Eifel ist der Schwerarbeiter hingegen ein “Bräkker”, “Bragger” oder “Brasseler”. Das Gegenteil, der Faulpelz, wird hier “Fuhlhoof” oder “fuhl Sou” genannt.
Die große Mehrheit der Menschheit, die zwischen Ville-Rücken und Hohem Venn angesiedelt ist, dürfte sich selbst irgendwo in der Mitte einordnen: nicht faul, aber auch keine “Workaholics”, die sich selbst zu Tode schuften. Letzteres funktioniert übrigens dank Stress (“Brass”), Hektik (“Brassel”) und Nachrichtenüberflutung (“domme seck Vezäll”) auch im Computerzeitalter.
Nun gibt es außer den Extremen nach oben und unten und dem breiten Mittelfeld in punkto menschlicher Betriebsamkeit in der Eifel noch eine vierte Sorte Arbeitsmenschen. Nämlich die, die “esu wirke, wie en Sou seck”, also mit vielen Pausen und wenig messbarem Resultat..
Ich lernte den Begriff in meiner Jugend kennen, als ich mit meinem Vater, einem Eifeler Bauern, beim Zäune-Reparieren beschäftigt war. Ein anderer Landwirt, der auf dem Nachbarfeld mit der Gabel Rübenblätter auf Haufen schichtete, unterbrach seine Arbeit immer und immer wieder, marschierte 100 Meter zu uns herüber, um den erst vor Minuten beendeten Dialog mit meinem Vater wieder aufzunehmen.
Nach erfolgtem Mundart-Smalltalk (“Jebubbels”, “Pläne”, auch “Kall”) wandte er sich plötzlich wieder um, marschierte zu seinem originären Arbeitsplatz zurück, wo er maximal drei, vier Gabeln Rübenblätter auf den begonnenen Haufen schichtete, um erneut die Gabel ins Erdreich zu stoßen und zu uns zurück zu schreiten, um weiter “de Muhl ze schwaade”.
Nach fünf, sechs taktischen Wechseln dieser Art war mein Vater “es satt”, also der von der Arbeit abhaltenden Stopp-and-Go-Kommunikation überdrüssig. Er sprach zu dem guten Mann: “Ruddi, su küss Du zo nix. Du ärbeets, wie enn Sou seck! Du moss Dich jetz ens drahnhahle . . .”
Seither habe ich ein gutes Auge für Zeitgenossen, denen während der Pflicht jede Ablenkung willkommen ist, es dürfen auch andere Arbeiten sein, nur nicht die, die sie tun sollen. Sie kennen das auch? Manchmal muss ich mit dem Kopf schütteln, wenn ich solchen Leuten ins Gesicht gucken muss, zum Beispiel morgens beim Rasieren . . .
Manfred Lang

Manfred Lang

09.09.2011