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Stolpersteine für Eva und Lilly

Gunter Demnig verlegt Gedenksteine in der Gielsgasse 20 – Sie erinnern an die Familie Kaufmann – Enkelin Regina Cohen kommt dafür extra aus den USA – Rundgang zur Pogrom-Nacht am 16. November in Kommern, am 8. November in Mechernich

Mechernich – „Hier wohnte…“ steht auf all den kleinen Betonsteinen in Messing eingraviert geschrieben. Sie erinnern an die Opfer der NS-Zeit, an ihre Namen und ihre Schicksale. Inzwischen liegen Stolpersteine in 1.265 Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas.

Acht Stolpersteine gibt es bereits in Kommern. Drei erinnern in der Mühlengasse an Julius, Helene und Jack Kaufmann. Fünf weitere gedenken in der Kölner Straße an Eva, Ida, Abraham, Carl und Leo Horn.

Am Mittwoch, 13. November, 9 Uhr, kommt der berühmte Stolperstein-Künstler Gunter Demnig nun erneut in den historischen Ortskern. Vor dem Haus in der Gielsgasse 20 wird er zwei Gedenksteine in den Gehweg einlassen: Für Eva und Lilly Kaufmann, die in dem Kommerner Haus am 20. Februar 1907 und am 1. März 1910 geboren wurden.

Rainer Schulz (Foto, mit Sohn Simon) hatte sich mit Gisela und Wolfgang Freier sowie Elke Höver für die Verlegung des Stolpersteins vor dem Haus in der Gielsgasse 20 eingesetzt. Gunter Demnig verlegt die Gedenksteine für Eva und Lilly Kaufmann am 13. November, ab 9 Uhr. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Die Eltern Gustav und Elvira Kaufmann (geborene Levano) zogen 1915 zunächst mit ihren Töchtern nach Hostel und bewirtschafteten dort einen Hof. Die Töchter Eva und Lilly machten beide eine Lehre als Kauffrau bei ihrem Onkel Eduard Levano in seiner Getreidehandlung in Kommern, die bis heute „Kornhaus“ genannt wird.

Im Januar 1936 wurde der Betrieb Levanos in Kommern enteignet, Juden durften nichts mehr besitzen. Nach der Reichskristallnacht 1938 zog die Familie von Hostel nach Kommern in das Bürogebäude der Getreidehandlung, denn auch das Haupthaus, die Villa Levano war unbewohnbar geworden.

Ein halbes Jahr später zogen die Eltern mit ihren beiden Kindern nach Köln. Eva und Lilly entkamen nach England, Gustav (66 Jahre) und Elvira (60 Jahre) Kaufmann wurden am 22. Oktober 1941 nach Lodz deportiert und anschließend nach Kulmhof weiter transportiert, wo sie kurze Zeit später ermordet wurden.

Insgesamt 29 jüdische Familien gab es nach heutigem Wissensstand im Ortskern von Kommern. Mit einem Gedenkrundgang am Samstag, 17. November, ab 16 Uhr, wollen allen voran Rainer Schulz (l.) und Elke Höver mit ihren Schülerinnen der Marienschule in Euskirchen an die Familien erinnern, die dem Hass zum Opfer fielen, nur weil sie Juden waren. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Für sie gibt es bereits Gedenksteine in Köln, im Mauritiussteinweg, wo sie bis zur Deportation wohnten.

Die älteste Tochter Eva Wallace (geborene Kaufmann) verstarb in London, kinderlos, im Jahre 1994. Die jüngere Lilly Clyne (geborene Kaufmann) verstarb in London am 27. März 2015 im Alter von 105 Jahren. Ihre Tochter Regina Cohen lebt heute in Baltimore USA und hat drei Kinder und mehrere Enkelkinder.

Historisch wertvoller Besuch

„Regina wird uns zur Grundsteinlegung mit einem ihrer Söhne besuchen kommen“, freut sich Rainer Schulz, Mitarbeiter der Stadtverwaltung, Kommerner Bürger und Fahrradhändler, der die Grundsteinlegung mit Gisela und Wolfgang Freier sowie Elke Höver initiiert hatte.

Knapp hundert Menschen, darunter viele junge Leute, nahmen am Pogromgedenkgang in Kommern teil. Marienschülerinnen von Elke Höver lasen an den früheren Häusern jüdischer Familien deren Schicksale vor. Foto: Manfred Lang/Archiv/pp/Agentur ProfiPress

Die Reise wird aus privaten Mitteln finanziert. „Wir würden uns über finanzielle Unterstützung freuen“, so Schulz. Wer den historischen Besuch mit einer Spende unterstützen möchte, kann sich an Rainer Schulz per Mail wenden, unter zweirad-schulz-kommern@t-online.de.

Am Samstag, 16. November, findet außerdem ein Gedenkrundgang durch die Gassen von Kommern statt. Treffpunkt ist um 16 Uhr in der Gielsgasse 20.  Häuser der Familien Kaufmann, Frohwein/Eiffeler und Horn bilden die Stationen. Schülerinnen der Marienschule erzählen Wissenswertes und geben Einblick in die Schicksale der Menschen. 29 jüdische Familien gab es nach heutigem Wissenstand im Ortskern von Kommern.

In Mechernich findet der alljährliche Pogrom-Gedenkrundgang am Freitag, 8. November, ab 18 Uhr, statt. Treffpunkt ist der Gedenkstein Ecke Bruchgasse/Turmhofstraße.

pp/Agentur ProfiPress