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“Niemand wird gehindert”

“Niemand wird gehindert”
Stadt Mechernich sprach sich gegen den Schulversuch Blankenheim/Nettersheim aus – Sechs Mechernicher Anmeldungen durften nicht für die geplante Gemeinschaftsschule mitgezählt werden – Allerdings ist das kein Eingriff in die Wahlfreiheit der Eltern: Denn sollte die Gemeinschaftsschule genehmigt und gegründet werden, wonach es aussieht, dann dürfen auch Mechernicher Kinder die neue Schulform besuchen – 16 zu 15 Stimmen im Mechernicher Stadtrat, nachdem sich die Schulleiter gegen den Schulversuch ausgesprochen hatten – Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick warnt vor Kirchturmspolitik angesichts sinkender Kinder- und Schülerzahlen: “Zeiten, in denen auch jede kleine Gemeinde eine weiterführende Schule hatte, neigen sich dem Ende” – “Parteipolitikum der Landesregierung mit Unterstützung Eifeler Bürgermeister”
Mechernich – Rechtlich geht es bei der geplanten Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim um einen Schulversuch, dem auch die Nachbargemeinden zustimmen – oder eben nicht zustimmen müssen. Bildungspolitisch geht es um die Abwehr von Konkurrenz angesichts dramatisch sinkender Kinderzahlen, also um den Erhalt der eigenen kommunalen Schulen. Staatsbürgerlich schließlich geht es um die Wahl- und Entscheidungsfreiheit von Bürgern.
In diesem Schmelztiegel der Gesichtspunkte wurde die Diskussion um die geplante Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim in den vergangenen Wochen und Monaten zum hochemotionalen Schlagabtausch. Die Stadt Mechernich stand in der Medienlandschaft im Mittelpunkt, weil sie angeblich den Eltern die freie Wahl der Schule für ihre Kinder nehmen, die sich für einen Besuch der geplanten Gemeinschaftsschule entscheiden wollen. Das ist aber falsch!
Landesregierung hat für den Schulversuch klare Regeln erlassen
“Es ist etwas völlig anderes passiert, als es in der Öffentlichkeit dargestellt wurde”, so Willi Göbbel, der für die Schulen in der Schulstadt Mechernich zuständige Fachmann im Rathaus: “Es geht immerhin um die Gründung einer Schule, die es noch gar nicht gibt, also um einen so genannten Schulversuch.” Göbbel sagte dem Mechernicher Bürgerbrief: “Natürlich herrscht auch in Mechernich weiterhin die freie Schulwahl. Aber für einen solchen Schulversuch hat die Landesregierung eigene Regeln erlassen.”
Ehe ein solcher Schulversuch genehmigt werde, müssten gewisse Kriterien erfüllt werden, darunter eine Mindestzahl von Anmeldungen für den neuen Schultyp. Und zwar, um zu sehen, ob die neue Schulform überhaupt auf Sicht lebensfähig ist.
Um nicht wilden Spekulationen bei Schülerzahlen und dem Bau von Wolkenkuckucksschulen Vorschub zu leisten, haben die Nachbarkommunen vom Gesetzgeber ein Mitspracherecht bekommen, ob Anmeldungen aus ihrem Territorium für das Erreichen der Mindestschülerzahlen mitgezählt werden dürfen oder nicht, so Willi Göbbel.
Die Stadt Mechernich (sechs Schüler) hatte sich verwaltungsseitig gegen die mathematische Berücksichtigung “ihrer” Kinder für den Schulversuch Blankenheim/Nettersheim ausgesprochen. Willi Göbbel: “Damit sank die Schülerzahl unter die für eine Realisierung der geplanten Gemeinschaftsschule erforderlichen 115 Kinder.” Bliebe es dabei, werde das Land die Bildung der neuen Schulform nicht genehmigen. Doch zurzeit sehe es so aus, als ob die Nachbargemeinden mit 123 Anmeldungen auch ohne die sechs Mechernicher dazuzurechnen, hinkämen
Gelingt der Schulversuch, ist Wahlfreiheit wiederhergestellt
Willi Göbbel: “Hat die neue Gemeinschaftsschule mehr als 115 Anmeldungen, darf sie gegründet werden, dann dürfen selbstverständlich auch die sechs Mechernicher Kinder diese dann ja tatsächlich existierende Gemeinschaftsschule besuchen.” Im Fall der Realisierung sei “selbstverständlich” die Wahlfreiheit der Eltern gewährleistet.
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sagte dem Bürgerbrief: “Es geht uns doch nicht darum, einzelne Kinder am Fortgang an Schulen ihrer Wahl außerhalb des Stadtgebiets zu hindern. Es geht um die schulpolitische Signalwirkung. Wir halten den Schulversuch in Blankenheim und Nettersheim für einen Fehler, weil die weiterführenden Schulen an der Peripherie des Kreises bereits mittelfristig ihre Grundlage durch demografisch stark sinkende Kinder- und Schülerzahlen schon bald verlieren werden.”
Schick: “Der Versuch, langfristig nicht haltbare Schulen zu halten”
Schick hält das Zustandekommen des Schulversuchs in Nettersheim und Blankenheim für ein “Parteipolitikum der Landesregierung, dem sich die Eifelbürgermeister willfährig angeschlossen” hätten, um ihre langfristig nicht haltbaren weiterführenden Schulen doch irgendwie zu halten. Das Ergebnis sei eine ideologisierte und emotionale Debatte, die sich selbst der Würdigung objektiver Fakten verschließe. So werde tatsachenwidrig weiter behauptet, Mechernich wolle Kinder faktisch daran hindern, Schulen außerhalb des Stadtgebiets zu besuchen.
Die Leiter der Real- und Hauptschule Mechernich, Willy Krause und Heinz Wolfgarten, bezogen im Mechernicher Stadtrat eindeutig Position. Sie rieten davon ab, mit Mechernicher Anmeldungen die geplante Gemeinschaftsschule zu stärken. Werde der Schulversuch nämlich genehmigt, dann werde es in Zukunft womöglich nicht bei den jetzt sechs angemeldeten Schülern bleiben.
Es würden in den folgenden Jahren viel mehr potenzielle Haupt- und Realschüler folgen, weil die Gemeinschaftsschule den Kindern zumindest theoretisch alle Schulabschlüsse bis zum Abitur ermöglichen könnte.
Signifikantere Abwanderungszahlen aber würden in Zukunft den Bestand der eigenen städtischen Mechernicher Schulen gefährden, weil ja parallel demografisch auch die Kinderzahlen in den nächsten Jahren dramatisch zurückgehen. Willy Krause sagte dem Stadtrat zur Frage einer Zulassung von sechs Mechernicher Schülern zu den Anmeldungszahlen der Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim: “Auf Dauer würde das zur Existenzgefährdung des dreigliedrigen Schulsystems am Schulstandort Mechernich führen.” Namentlich die Hauptschule wäre in ihrem Bestand in Frage gestellt und in der Folge vermutlich auch die Realschule als eigenständige Schule.
Mit Petra Kurtensiefen kam während einer Sitzungsunterbrechung im Stadtrat die Mutter eines jener sechs Kinder zu Wort, die zur geplanten Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim gehen sollen, falls der Schulversuch genehmigt wird. Die frühere Sekretärin von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Mechernich warb um Verständnis, weil eine nach allen Möglichkeiten und Abschlüssen offene Schulform wie die geplante Gemeinschaftsschule für ihren Sohn Nils ideal sei.
Schick: “Es wurde mit falschen Zahlen operiert”
Der Stadtrat entschied sich dennoch gegen eine Zulassung der sechs Mechernicher Schüler zu den 114 Anmeldungen für die Gemeinschaftsschule. Das tat der Stadtrat mit dem zu diesem Zeitpunkt denkbar knappsten Abstimmungsergebnis von 16:15 Stimmen.
Die am Ort erscheinenden Tageszeitungen vermeldeten, CDU und FDP hätten gegen die Berücksichtigung der Mechernicher Anmeldezahlen gestimmt, SPD, Grüne, UWV und die Vertreterin der Linken aber dafür. Wären alle Ratsvertreter da gewesen (zwei fehlten wegen Krankheit), hätte das Abstimmungsergebnis anders ausgesehen, mutmaßten Medienvertreter.
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sagte in der Ratssitzung, der ursprünglich geplante Schulzweckverband Blankenheim, Nettersheim, Dahlem, Hellenthal, Schleiden und Kall sei an “Standortanimositäten” gescheitert. Blankenheim, Nettersheim und Dahlem aber hätten mit ihrem neuerlichen gemeinschaftlichen Vorstoß, so Schicks Vorwurf, mit falschen Zahlen operiert.
Die von den dortigen Verwaltungen anvisierte Übertrittsquote von 67 % von den vierten Grundschulklassen in die neue Gemeinschaftsschule sei bei weitem nicht erreicht worden. Lediglich 49 % der dortigen Viertklässler würden die neue Gemeinschaftsschule besuchen, so dass diese Schule von Anfang an auf auswärtige Schülerinnen und Schüler angewiesen sei. Diese Abhängigkeit werde sich in den nächsten Jahren angesichts der demographischen Schieflage noch verstärken.
Schick prognostizierte, dass schon in wenigen Jahren entweder der Gemeinschaftsschulstandort Nettersheim oder der Standort Blankenheim wegen zu geringer Schülerzahlen zur Disposition stehen würde.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

27.05.2011