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„Herz und Horizont erweitert“

Marlies und Johannes Ley (84) erinnern sich bei Kommerner Stolpersteinverlegung, wie sie 1989 zusammen mit ihren jüdischen Freunden Jetty Zimmermann und Josef Schwarz von New York nach Hawaii auf „Hochzeitsreise“ gingen

Mechernich-Kommern – „Flucht 1939“ steht auf jenen Stolpersteinen, die vor wenigen Wochen für Isidor, Ida, Josef, Ernst, Kurt und Gerta Schwarz aus Kommern in der Gielsgasse gesetzt wurden. Alle Familienangehörigen dieser Kommerner Familie sind durch rechtzeitige Emigration dem Naziregime, den Pogromen und dem Holocaust entkommen.

Kurt Schwarz war 1985 mit dabei, als im September 1985 ein Gedenkstein für die jüdische Gemeinde und die jüdischen Familien von Kommern enthüllt wurde. Dabei sagte der damals 75-jährige: „Ich werde die schöne Zeit hier nie vergessen, ich kann aber auch nicht vergessen, was damals passiert ist.“

Die Eheleute Schwarz und Ley beim gemeinsamen Mahl zur Eröffnung des Schabbat. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress
Die Eheleute Schwarz und Ley beim gemeinsamen Mahl zur Eröffnung des Schabbat. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress

Seither sind im Stadtgebiet Mechernich 53 Stolpersteine zum Gedenken an ehemalige Mitbürger jüdischen Glaubens verlegt worden, die größtenteils im Holocaust umkamen. Zu verdanken ist das der Projektgruppe „Forschen – Gedenken -Handeln“ um Gisela und Wolfgang Freier, Rainer Schulz und Elke Höver.

Bei der Stolpersteinverlegung durch den Künstler Gunter Demnig Anfang März für Familie Schwarz sprach auch Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick: „Die Stolpersteine holen die Opfer gleichsam in ihre Heimatorte zurück und zeigen damit, dass diese Menschen ein Teil unserer Gesellschaft waren, bevor sie vertrieben oder deportiert wurden!“

Marlies und Johannes Ley blättern im Fotoalbum nach unvergessenen Erinnerungen: „Herz und Horizont erweitert!“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Marlies und Johannes Ley blättern im Fotoalbum nach unvergessenen Erinnerungen: „Herz und Horizont erweitert!“ Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Mit offenen Armen…“

Dr. Schicks väterlicher Freund und politischer Ziehvater Johannes Ley (84) und seine Frau Marlies standen währenddessen unauffällig am Rande der bewegenden Zeremonie der Stolpersteinverlegung in der Gielsgasse. Ihre Gedanken waren währenddessen bei Jetty und Josef Schwarz, berichteten die beiden dem Reporter der Agentur ProfiPress. Mit ihnen, die beiden längst verstorben sind, waren der frühere Kommerner Ortsvorsteher und Mechernicher Ratsfraktionsvorsitzende und seine Frau Marlies einst eng befreundet.

Jetty stammte aus der Mechernicher Metzgerei Zimmermann, Josef Schwarz, Jahrgang 1906, kam aus der Kommerner Pferdehändlerfamilie Schwarz und war der ältere Bruder des erwähnten Kurt Schwarz. Beide ungleich alten Paare (Leys sind „Baujahr“ 1938) lernten sich 1979 anlässlich der 750-Jahr-Feier von Kommern kennen.  1980 besuchten Leys Familie Schwarz erstmals in New York.

Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im Gespräch mit dem Künstler Gunter Demning: „Sie holen die Opfer gleichsam in ihre Heimatorte zurück und zeigen, dass diese Menschen Teil unserer Gesellschaft waren, bevor sie vertrieben oder deportiert wurden!“ Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick im Gespräch mit dem Künstler Gunter Demning: „Sie holen die Opfer gleichsam in ihre Heimatorte zurück und zeigen, dass diese Menschen Teil unserer Gesellschaft waren, bevor sie vertrieben oder deportiert wurden!“ Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

1988 kam die jüdischen Freunde zu einem Treffen mit anderen Deutschland-Flüchtlingen aus den dreißiger Jahren nach Düren und wohnten währenddessen bei Leys in Kommern. Jetty und Josef Schwarz feierten auch Johannes Leys 50. Geburtstag mit. 1989 unternahmen beide Paare eine gemeinsame mehrwöchige Tour über fünf hawaiianische Inseln. Es war eine Erinnerungstour an die Hochzeitsreise der aus Mechernich und Kommern stammenden Eheleute Schwarz.

Bei den Stippvisiten in New York besuchten Leys auch Margret Klöcker auf Long Island, eine frühere Schulkameradin Johannes Leys aus Kommern, die aus der Eifel nach Frankfurt gezogen und von dort mit ihrem deutschen Ehemann nach Amerika ausgewandert war.

Jetty und Josef Schwarz auf Erinnerungs-Hochzeitsreise in Hawaii. Sie stammt aus der Mechernicher Metzgersfamilie Zimmermann, er aus der Kommerner Viehhändlerdynastie Schwarz. In New York brachten sie es nach der Flucht aus Deutschland zu bescheidenem Wohlstand. „Jupp“, wie Johannes Ley seinen älteren Freund nannte, war sich auch als Taxifahrer und Tapezierer nicht zu schade. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress

Marlies und Johannes Ley, die bei ihren Amerikareisen von ihrem Sohn Karsten begleitet wurden, möchten die Begegnungen nicht missen. Vor allem die mit dem humorvollen und stets gutgelaunten Josef Schwarz: „Jupp, der sich mit der größten Selbstverständlichkeit auf Platt mit uns unterhielt, und die etwas vornehmere Jetty haben uns in den USA bei ihren Verwandten regelrecht rumgereicht.“

Nie seien sie dabei auf Ressentiments gestoßen, sondern stets auf herzliche Menschen. Unter anderem trafen Leys mit Josefs Schwester Greta und Jettys Geschwistern zusammen. Die beiden 1938 in Kommern (Johannes) beziehungsweise Kall (Marlies) geborenen Eifeler wurden mit offenen Armen empfangen.

Autofan Karsten Ley entdeckte in der US-Metropole einen Wagen mit seinem Familiennamen als Autonummer. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress
Autofan Karsten Ley entdeckte in der US-Metropole einen Wagen mit seinem Familiennamen als Autonummer. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress

Taxifahrer und Tapezierer

Einer von Jettys Brüdern führte die Tradition der Mechernicher Metzgerei Zimmermann unter gleichem Namen in der New Yorker Filiale der US-Kaufhauskette „Macy’s“ fort, wo die Leute lange Schlange gestanden hätten, um in den Genuss seiner köstlichen Eifeler Wurst zu kommen, erinnert sich Johannes Ley.

„Die Begegnungen mit Jetty und Josef Schwarz und die selbstverständliche Gastfreundschaft der Familien in New York sind unvergesslich“, erklärte Marlies Ley im Gespräch mit dem Reporter der Agentur ProfiPress. „Sie haben unseren Horizont erweitert – und unsere Herzen“, ergänzt der langjährige Ratspolitiker und Ortsvorsteher Johannes Ley.

Marlies, Karsten und Johannes Ley auf Hawaii. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress
Marlies, Karsten und Johannes Ley auf Hawaii. Foto: Privat/pp/Agentur ProfiPress

Die Gäste aus Kommern freuten sich am Glück und auch am wirtschaftlichen Erfolg, den die aus Mechernich und Kommern vertriebenen Familien in Amerika gefunden hatten. Josef Schwarz habe es mit enormem Fleiß zu zwei Häusern und bescheidenem Wohlstand gebracht. „Jupp war sich auch als Taxifahrer und Tapezierer nicht zu schade“, erinnern sich die Leys.

Auf gemeinsame Hochzeitsreise nach Hawaii durfte 1989 auch Sohn Dr. Karsten Ley, Jahrgang 1971, mit – und unvergessene Eindrücke sammeln. Von Vulkankegeln, Palmenstränden, dem Pink-Palace-Hotel an Waikiki-Beach und dem Sheraton Maui. Johannes Ley: „Kuriositäten eingeschlossen, Karsten, der ein Autofan ist, fand in New York einen Cadillac mit dem Autokennzeichen LEY. Der Blumenkranz, den man auf Hawaii zur Begrüßung umgehängt bekommt, heißt auch so, wird allerdings anders geschrieben: Lei…“

pp/Agentur ProfiPress