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Erstaunliche Einigkeit

Mechernicher Rat stimmt Haushalt für 2023 zu – Lediglich die FDP lehnte den Entwurf ab – Schwarze Null ist laut Kämmerer Ralf Claßen durchaus realistisch

Mechernich – Ein Sandkasten, viele gute Reden und eine erstaunliche Einigkeit kennzeichneten die diesjährige Haushaltsdebatte im Mechernicher Rat. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Bis auf die beiden FDP-Abgeordneten stimmten alle dem Entwurf von Kämmerer Ralf Claßen zu.

Der hatte zunächst das Wort und einige gute Botschaften im Gepäck. Denn im Vergleich zum ersten Entwurf hat sich das prognostizierte Defizit von knapp 500.000 Euro auf rund 440.000 Euro reduziert. „Wenn sich die Konjunktur positiv entwickelt und die Rahmenbedingungen weiter gut bleiben, ist eine schwarze Null durchaus realistisch“, so der Kämmerer, der bei der Einbringung noch von einem der schwierigsten Haushalte seit langem gesprochen hatte.

Kaum verwunderlich also, dass alle Politiker durch die Bank weg lobende Worte für die Arbeit von Ralf Claßen, seinem Kämmerei-Team mit Teamleiter Stefan Mannz sowie der gesamten Verwaltung fanden.

Die schwarze Null erscheint möglich: Zu Beginn der Haushaltsverabschiedung hatte Kämmerer Ralf Claßen einige gute Nachrichten zu verkünden. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Die schwarze Null erscheint möglich: Zu Beginn der Haushaltsverabschiedung hatte Kämmerer Ralf Claßen einige gute Nachrichten zu verkünden. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

In die Zukunft investieren

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Nathalie Konias etwa sprach von einem gewohnt gut gerechneten Haushalt. Zuvor hatte sie mit einem plakativen Bild einer Spielplatz-Szene ihre Sicht auf den Rat präsentiert. So säßen in dem von ihr erdachten Sandkasten die „netten Jungs in kurzen schwarzen Hosen, die wie die Wilden bauen. Quadratmeter um Quadratmeter wird mit Sandburgen, kleinen und großen, zugebaut. Selbst an Radwege wird gedacht.“

Peter Kronenburg, Vorsitzender der so angesprochenen CDU-Fraktion nahm es ebenso mit Humor wie die Kolleginnen und Kollegen im Rat. Zuvor hatte er in seiner Haushaltsrede nicht nur die schwierigen Rahmenbedingungen beleuchtet, sondern auch herausgearbeitet, dass weitere Investitionen „unverzichtbar und alternativlos sind, um die Stadt weiterzuentwickeln“.

„Weitere Investitionen sind unverzichtbar und alternativlos, um die Stadt weiterzuentwickeln“, sagte CDU-Fraktionschef Peter Kronenberg. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
„Weitere Investitionen sind unverzichtbar und alternativlos, um die Stadt weiterzuentwickeln“, sagte CDU-Fraktionschef Peter Kronenberg. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Immerhin werden in den kommenden vier Jahren rund 120 Millionen Euro investiert. „Das ist für unsere Stadt eine gewaltige Summe“, so Kronenberg, für den der Bau einer neuen Grundschule, eines Kindergartens und einer Turnhalle in Firmenich/Obergartzem für insgesamt 26 Millionen Euro zu den wichtigsten Projekten zählt. Zudem nannte der den Neubau der Feuerwehrgerätehäuser in Kommern und Bleibuir. Auch mahnte er an, dass Maßnahmen zum Hochwasserschutz schnellstmöglich zu realisieren sind.  

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Bertram Wassong steht trotz Zustimmung zum Haushalt fest: „Bei vielen Punkten sehen wir noch großen Handlungsbedarf.“ Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Bertram Wassong steht trotz Zustimmung zum Haushalt fest: „Bei vielen Punkten sehen wir noch großen Handlungsbedarf.“ Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Verantwortliches Handeln

Abschließend stellte der CDU-Fraktionsvorsitzende fest: „Wir in Mechernich behalten trotz allem die Zukunft unserer Stadt im Blick. Dieser Haushalt ist trotz aller Probleme eine gute Grundlage für die Herausforderungen, aber auch für die Chancen unserer Stadt.“

Für die anschließende Rede von Bertram Wassong, Fraktionsvorsitzender SPD / Die Linke, hatte Nathalie Konias auch eine Sandkasten-Metapher zur Hand: „Ein paar Jungs in roten Hosen motzen, weil sie andere Vorstellungen haben, wie eine ordentliche große Sandburg auszusehen hat, aber letztendlich bauen sie immer mit.“

Bei Bertram Wassong klang das dann so: „Bei vielen Punkten sehen wir noch großen Handlungsbedarf und wir werden nicht müde, wenn es nötig ist, den Finger auch weiterhin in die Wunden zu legen.“ Angesichts zahlreicher externer Herausforderungen werde man aber nicht in ein parteipolitisches Klein-Klein verfallen. Vielmehr brauche es den Zusammenhalt aller demokratischer Parteien und ein verantwortliches Handeln, um die Krisen gemeinsam zu bewältigen, so Wassong, dessen Fraktionsgemeinschaft dem Haushalt daher zustimmen werde.

Eine Sandkasten-Betrachtung Mechernicher Politik bemühte Grünen-Fraktionschefin Nathalie Konias in ihrer Haushaltsrede und stellte fest: „Wir spielen mit, aber wir sind euer Korrektiv.“ Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Eine Sandkasten-Betrachtung Mechernicher Politik bemühte Grünen-Fraktionschefin Nathalie Konias in ihrer Haushaltsrede und stellte fest: „Wir spielen mit, aber wir sind euer Korrektiv.“ Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Zielstrebig agieren

Zuvor hatte er zentrale kommunalpolitische Politikfelder genannt, die der Fraktion aus SPD und Linke am Herzen liegen. Vorneweg forderte er die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für alle Schichten der Bevölkerung. In diesem Zusammenhang brachte er die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft ins Gespräch. Weitere Themen seiner Rede: Die Innenstadtsanierung, ein korrespondierendes Verkehrskonzept und die Sorge um eine existenzgefährdende Belastung durch Anliegergebühren im Straßenbau.

Für die Überleitung zur UWV-Fraktion hatte Nathalie Konias folgendes Bonmot im Gepäck: „Eine kleine Gruppe mit unterschiedlichen Hosenfarben tragen den schwarzbehosten brav die Eimerchen heran und finden alles ganz toll.“

UWV-Fraktionsvorsitzender Gunnar Simon hatte da allerdings auch noch ein Wörtchen mitzureden. Er stellte die „Höher, schneller, weiter“-Mentalität der Gesellschaft infrage. „Wir müssen innehalten, uns besinnen, uns neu orientieren, erneut organisieren und zielstrebig agieren“, so Gunnar Simon. Für ihn und seine Fraktion ist maßgeblich, dass Politik und Verwaltung die „richtigen Stellschrauben für all diese Maßnahmen, die wir selbst steuern können, sowie unsere eigenen Projekte im richtigen Moment und in der richtigen Dosierung justieren“.

Der Haushalt zeige mit seinem Defizit auf, dass man auch mal kürzertreten müsse, weg von höher, schneller, weiter, betonte der Fraktionsvorsitzende der UWV, Gunnar Simon. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Der Haushalt zeige mit seinem Defizit auf, dass man auch mal kürzertreten müsse, weg von höher, schneller, weiter, betonte der Fraktionsvorsitzende der UWV, Gunnar Simon. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Keine Leuchttürme

Mechernich müsse sich darüber hinaus klug aufstellen und gleichzeitig künftige Entwicklungen im Blick behalten. „Die Prioritätensetzung sowie deren ständige Anpassung ist überlebenswichtig“, betonte der UWV-Fraktionsvorsitzende, der die anstehenden Investitionen durchaus positiv bewertet. Der Haushalt zeige mit seinem Defizit auf, dass man auch mal kürzertreten müsse, weg von höher, schneller, weiter. „Kürzer auf der einen – ich nenn‘ es mal provokant Luxus-Seite, aber sinnvoll und effizient sowie zukunftsweisende investierend auf der anderen Bedarfs-Seite“, begründete der UWV-Politiker die Zustimmung seiner Fraktion zum Haushalt.

Ganz anders, die FDP. Sie lehnte den Haushalt ab – und wurde dabei nicht „geflissentlich ignoriert“, wie es Nathalie Konias den Sandkasten-Jungs mit den gelben Hosen angedichtet hatte. Aber warum lehnten die Liberalen den Etat ab? „Weil sich unser Wunsch nach Weiterentwicklung im aktuellen Haushaltsentwurf nicht widerspiegelt“, so FDP-Fraktionschef Oliver Totter. Er sei vielmehr die Fortschreibung der Haushalte der vergangenen Jahre. „Uns wurden zwar die sogenannten ,Leuchtturmprojekte‘ präsentiert, aber richtige Leuchttürme sind das nicht“, sagte Totter.

Zudem finde sich kein Ansatz dafür, wie man mit den aktuellen, wirtschaftlichen Risiken und den Folgen des Klimawandels so umgehen möchte, dass man zukünftig im Interesse der Stadt gegen diese Risiken gewappnet ist. „Um im Bild zu bleiben: Da leuchtet weder etwas bei den Projekten, noch im Haushalt und deshalb lehnen wir ihn ab“, so Totter abschließend.

Die FDP lehnte als einzige Fraktion den Haushalt ab. „Weil sich unser Wunsch nach Weiterentwicklung im aktuellen Haushaltsentwurf nicht widerspiegelt“, so Fraktionschef Oliver Totter.  Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Die FDP lehnte als einzige Fraktion den Haushalt ab. „Weil sich unser Wunsch nach Weiterentwicklung im aktuellen Haushaltsentwurf nicht widerspiegelt“, so Fraktionschef Oliver Totter.  Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Gemeinsam Lösungen suchen

Dessen Tischnachbar Dr. Klaus-Peter Jeck schlug für die AfD deutlich versöhnlichere Töne an. Denn auch wenn Nathalie Konias in ihrer Metapher den beiden kleinen Jungs, die in braunen Hosen auf der Schaukel sitzen, nachsagte, dass sie alles immer ganz doof finden, ohne mit konkreten Ideen zu kommen, was man denn anders machen könnte, stimmte die AfD-Fraktion dem Haushalt ebenfalls zu.

Dr. Klaus-Peter Jeck begründete das etwa damit, dass im Haushalt 2023 speziell Familien mit Kindern entlastet werden. „Folgerichtig beschloss der Rat der Stadt Beiträge zu Kita und Kindergarten zu senken, um für Erleichterung in außerordentlichen Zeiten zu sorgen; ein richtiger Ratschluss“, so der AfD-Politiker.

Zustimmung zum Haushalt auch von der AfD, weil mit dem Haushalt 2023 speziell Familien mit Kindern entlastet würden, so Dr. Klaus-Peter Jeck. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress
Zustimmung zum Haushalt auch von der AfD, weil mit dem Haushalt 2023 speziell Familien mit Kindern entlastet würden, so Dr. Klaus-Peter Jeck. Foto: Ronald Larmann/pp/Agentur ProfiPress

Apropos Kinder. Welche Rolle im Sandkasten hatte Grünen-Politikerin Nathalie Konias eigentlich ihrer eigenen Partei zugedacht? „Wir stehen dabei“, beantwortete die Fraktionsvorsitzende diese Frage. „Wir sehen, was schief läuft im Sandkasten und schlagen Änderungen vor. Wir fordern, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Für Einzelkämpfer sind die aktuellen Herausforderungen viel zu groß“, betonte Konias, die mit Blick auf Bauvorhaben durchaus auch kritische Töne anschlug und gleichzeitig forderte, intelligent zu planen und vor allem lebenswert, klima- und zukunftsorientiert.

Trotzdem wagte die Grünen-Fraktion etwas Neues und stimmte dem Haushalt zu. „Wir setzen uns dazu, aber wir behalten uns vor, unsere Einwände vorzubringen, Änderungen anzubieten und gegebenenfalls unsere Zustimmung zu einzelnen Projekten zu verweigern“, so die Fraktionsvorsitzende, die abschließend zusammenfasste: „Wir spielen mit, aber wir sind euer Korrektiv.“

pp/Agentur ProfiPress