Ein Abend der sensiblen Töne
Zsuzsa Bánk las beim 13. Eifel-Literatur-Festival in Wittlich vor 500 begeisterten Zuhörer/inne/n aus ihrem kunstvollen Briefroman „Schlafen werden wir später“ von Leidenschaft, Intimität und Alltagsbeobachtung
Wittlich/Eifel – Josef Zierdens Eifel-Literaturfestival 2018 präsentierte die vielfach preisgekrönte Schriftstellerin Zsuzsa Bánk in der Aula des Cusanus-Gymnasiums in Wittlich vor 500 begeisterten Zuhörern. Sie las aus ihrem aktuellen Roman „Schlafen werden wir später“.
„Das Buch ist ein Briefwechsel zweier Frauen in den Vierzigern, die ihre sehr unterschiedlichen Lebensentwürfe reflektieren“, schreibt die Rezensentin Anke Emmerling in einer Pressemitteilung des seit 1994 stattfindenden Lesemarathons. Es sei ein „Abend der sensiblen und poetischen Töne“ und auffallend viele der 500 Besucher seien Frauen gewesen. Es war 11. Veranstaltung der 13. Festivalauflage.
Im Buch der ungarisch stämmigen Autorin ZsuZsa Bánk gehe es um zwei Frauenschicksale. Erfahrungen würden thematisiert, in denen sich besonders Frauen wiederfinden sowie eine Form von Kommunikation, wie sie vor allem von Frauen gepflegt wird, so Emmerling: „Die Lektüre ist angelehnt an die Kultur des empfindsamen Briefromans, wie sie im 18. Jahrhundert beispielsweise durch Sophie von La Roche zur Blüte gebracht wurde.“
Angelehnt an den klassischen Brief-Roman
Zsuzsa Bánk schicke zwei Protagonistinnen in einen drei Jahre währenden intimen Mail-Austausch, in dem sie banales Alltagsgeschehen genauso intensiv reflektieren wie große Lebensthemen und ihr Verhältnis zur Literatur. Anke Emmerling: „Die beiden Frauen könnten unterschiedlicher nicht sein: Márta ist Schriftstellerin und lebt mit Ehemann und drei Kindern in der Großstadt Frankfurt. Johanna ist Lehrerin, kinderlos, von ihrem Partner verlassen und wohnt auf dem Land im Schwarzwald.“
Beide teilen gemeinsame Kindheitserfahrungen und das Lebensalter Anfang Vierzig. Die Rezensentin: „Und für beide steht die Frage im Raum, wie es nun, da schon so viele Weichen gestellt sind, in ihren Leben eigentlich noch weitergehen kann.“ Vor allem die Bewältigung eines Alltags habe im Vordergrund der ausgesuchten in Wittlich gelesenen Auszüge gestanden, der wenig Raum für positive Erwartungen lasse.
Anke Emmerling: „Márta, die schreiben muss, damit die materielle Situation ihrer Familie nicht noch prekärer wird und schreiben will, weil es ihr ein inneres Bedürfnis ist, kämpft gegen den Verlust von Lebensenergie: »Meine Kinder saugen mich aus«. Johanna, die neben ihrem Beruf an einer Dissertation über Annette von Droste-Hülshoff arbeitet, kämpft gegen den Schmerz der Verlassenheit und die Angst, dass später nichts von ihr bleiben wird.“
Hassliebe zur Stadt, Traum vom Landleben
Im Gespräch mit Festivalleiter Dr. Josef Zierden beschrieb die Schriftstellerin Zsuzsa Bánk, wie schwer es war, für ihre Protagonistinnen einen jeweils individuellen Ton zu finden, der noch dazu von ihrem eigenen abweicht. Wie ihre Protagonistin Márta, so die Autorin, finde sie selbst ebenfalls, dass weder Familienleben, noch soziales Leben mit Schreiben vereinbar sei: „Schreiben hat etwas Autistisches“. Und wie Márta habe auch sie eine Hassliebe zur Großstadt Frankfurt, könne sich ihr aber nicht entziehen, um den Traum vom Landleben zu verwirklichen.
Schließlich erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer noch, dass „Schlafen werden wir später“ von Barbara Honigmanns „Alles, alles Liebe“ inspiriert sei und sich die Autorin mit dem Aufbruch ins Genre Briefroman einen lang gehegten Wunsch erfüllt habe. Besonders ihre weiblichen Gäste habe Zsuzsa Bank fasziniert, so Anke Emmerling abschließend.
pp/Agentur ProfiPress