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“Down” ist hier keiner

“Down” ist hier keiner
Menschen mit Down-Syndrom vom Babyalter bis zum Erwachsenen und ihre Eltern und Geschwister treffen sich einmal im Monat im Familienzentrum Kleinbüllesheim – “21 plus & wir” heißt die kreisweit einzige Gruppe unter Federführung des Diakonischen Werkes – Spaß und Erfahrungsaustausch bei Kaffee und Plätzchen auch für Menschen mit Down-Syndrom und deren Angehörige aus dem Stadtgebiet Mechernich
Kleinbüllesheim – Wenn jemand das Wort “barrierefrei” erfunden hat, dann ist es Yannick. Der 14-jährige Junge mit dem frechen Bürstenhaarschnitt kennt keine Scheu und spricht frank und frei jedermann an. Während Eltern anderer pubertierender Jungs sich womöglich ein Quentchen von Yanniks Offenheit für ihren altersbedingt “igeligen” Nachwuchs wünschen, ist für Yannicks Eltern seine Kontaktfreudigkeit mitunter anstrengend. Denn Yannick hat Trisomie 21, und leider begegnen ihm nicht alle Menschen mit der vorbehaltlosen Akzeptanz, die er ihnen entgegenbringt.
An einem Samstag im März trafen sich Yannicks Eltern zum vierten Mal mit den Eltern anderer Down-Syndrom-Kinder und deren Geschwister im Familienzentrum in Kleinbüllesheim. Initiatorin dieser Treffen ist Petra Zurawski aus Kleinbüllesheim, Mutter des vierjährigen Fynn. Auch er kam mit der “Trisomie 21” auf die Welt, einer Laune der Natur, bei der das Chromosom 21 nicht, wie üblich, als Paar, sondern dreifach vorhanden ist: ein winziger Fehler in den Erbanlagen mit weitreichenden Folgen.
Weil die nächsten Gruppen nur in den umliegenden Großstädten existierten und ihr der Austausch mit anderen Eltern fehlte, wandte sich Petra Zurawski Rat suchend an das Diakonische Werk in Euskirchen. Dort fand sie bei Diplom-Sozialpädagogin Nadine Günther, der Fachbereichsleiterin für Integrationshilfen, ein offenes Ohr für ihr Anliegen. Mit ihrer Unterstützung ging im Dezember das erste Treffen der kreisweit einzigen Down-Syndrom-Gruppe “21 plus & wir” vonstatten, und seitdem kommen regelmäßig einmal im Monat zehn bis zwölf Familien zum Erfahrungsaustausch zusammen.
Trübsal blasen steht bei diesen Begegnungen nicht auf der Tagesordnung, im Gegenteil. Ob es nun an der ansteckenden Fröhlichkeit liegt, die den Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom zu eigen ist oder vielleicht auch an der geschützten Atmosphäre ohne scheele Seitenblicke Außenstehender: Die Stimmung ist ausgesprochen heiter bei den Treffen. “Der Spaß soll im Vordergrund stehen, nicht immer die Behinderung”, sagt Petra Zurawski.
Für Silke Pröpper aus Billig ist es darüber hinaus ein “Geben und Nehmen”. Wo bekommt man Hilfe? Was kommt, wenn die Kinder älter werden? Welche Schulen und Therapien gibt es? Das sind Fragen, die sie beschäftigen, nachdem vor neun Jahren ihr Sohn Eike mit dem Down-Syndrom geboren wurde. Ein Schock, wie sie sagt: “Ich war 32 Jahre alt und hatte zwei gesunde Kinder. Damit habe ich nicht gerechnet.” Heute ist sie um viele Erfahrungen reicher, und diese kann sie etwa an Sabine Kastenholz aus Euskirchen weitergeben. Nach Tochter Saskia (12) und Sohn Markus (8) wurde auch bei ihr das dritte Kind mit Trisomie 21 geboren. Mit seinen neun Monaten ist Söhnchen Sascha nicht nur das Nesthäkchen der Familie Kastenholz, sondern der gesamten Down-Syndrom-Gruppe. 23 Jahre alt ist die älteste Teilnehmerin mit Down-Syndrom. Die junge Frau besucht zusammen mit ihrer Mutter die Treffen.
Betreut werden die Kinder – ganz gleich welchen Alters und ob behindert oder nicht – dabei von Katharina Beck und Anja Zeleken, Integrationshelferinnen des Diakonischen Werkes. Tatkräftige Unterstützung leistet auch das Team des Familienzentrums: Vor den dreistündigen Zusammenkünften verwandeln die Erzieherinnen die Turnhalle des Familienzentrums mit Matten, Schaukel und Bällchenbad in ein Spiel- und Bewegungsparadies und sorgen so mit dafür, dass die Eltern auch einmal in Ruhe Kaffeetrinken können.
“Man merkt, dass der Bedarf da ist”, resümiert Nadine Günther nach dem ungebrochen großen Interesse auch beim vierten Treffen. Um weitere Familien mit – auch bereits erwachsenen – Kindern mit Down-Syndrom sowie deren Geschwister willkommen zu heißen, ging die Gruppe nun den Weg an die Öffentlichkeit. Auf diese Weise hofft man nicht nur, den Kreis vergrößern zu können. Denn die Treffen stehen betroffenen Familien aus dem gesamten Kreis Euskirchen, so auch aus dem Stadtgebiet Mechernich, offen.
Genau so wichtig ist es den Familien, mehr Akzeptanz in der Gesellschaft zu finden. Auch Iris Urack aus Euskirchen, Mutter des siebenjährigen Julian, wünscht sich mehr Offenheit von ihren Mitmenschen: “Nicht immer nur gucken, sondern aufeinander zugehen und fragen.”
Doch beim Thema Integration gebe es “Nachholbedarf in der Gesellschaft”, stellt Nadine Günther fest, Berührungsängste seien noch weit verbreitet. Bis dies anders ist, wird sich der lebensfrohe Yannick auf seine charmante Art noch häufig erfolgreich bemühen, Leute aus der Reserve zu locken.
Familien mit Kindern und Jugendlichen mit Down-Syndrom, die ebenfalls an einem der nächsten Treffen teilnehmen möchten, können unter Tel. 0 22 51/92 90 14 oder per E-Mail (integrationshilfen@diakonie-eu.de) Kontakt mit Nadine Günther vom Diakonischen Werk aufnehmen. Die Treffen finden in der Regel am dritten Samstag eines Monats, jeweils von 15 bis 18 Uhr, im Familienzentrum in Kleinbüllesheim statt.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

28.04.2011