„Die sind hier alle verrückt!“
Willy Gemünd mit großem Karnevalszug in den Ruhestand verabschiedet – Lehrer und Pänz bereiteten dem scheidenden Schulleiter der KGS Kommern einen herrlich jecken Abschied – „D’r Chef geht – d’r Zoch kütt“ lautete das Motto
Kommern – Mitten im Sommer ist in Kommern Karneval – und das allein zu Ehren von Willy Gemünd.
Der Urvater des überregional bekannten Kommerner Kinderzochs und langjährige Schulleiter der Katholischen Grundschule in Kommern wurde mit einem bunten närrischen Lindwurm in den Ruhestand verabschiedet.
Pänz und Kollegium hatten die jecken Pläne selbstverständlich vorher streng geheim gehalten. Umso überraschter war er. „Die sind hier alle verrückt“, sagte er gerührt. Und erkannte sofort: „Das ist ja ein richtiger Zoch!“
Herz an den Karneval verloren
Passender hätte man die Verabschiedungs-Zeremonie für den scheidenden Schulleiter nicht wählen können. Hat er doch sein Herz an den Karneval verloren.
An sommerlichen Temperaturen störte sich keiner. Ein närrischer Zoch geht in Kommern halt immer – ob am 11.7. oder am 11.11. ist dem wahren Jecken königlich egal. Die Stimmung war prächtig und Willy Gemünd schien glückselig. Das Motto des Zuges: „D’r Chef jeht, d’r Zoch kütt!“ Den Ranzen hatten die Schüler zu Hause gelassen. Die Schule blieb geschlossen.
In einer Parade zogen Draculas, Prinzessinnen, Cowboys und wilde „Tiere“ vor ihm vorbei. Immer wieder wurde er herzlich von „seinen“ Pänz gedrückt. „Haben Euch die Eltern heute Morgen so aus dem Haus gelassen?“, fragte er sie lachend.
Zwei Musikgruppen, darunter auch Teile der Big-Band vom Gymmasium Am Turmhof, sorgten für jecke Töne und mächtig Karnevalsstimmung in den Gassen. Er sollte es genießen dürfen.
Ein Prinzenwagen für Willy Gemünd
Und das tat er auch. In geheimer Mission hatte das Kollegium Himmel und einen Karnevalswagen in Bewegung gesetzt: Auf Willy Gemünd wartete am Start ein Prinzenwagen der KG Greesberger.
„Das mit dem Zoch ist schön“, sagte Schüler Ben. Er hatte seiner Kreativität freien Lauf gelassen und sich als „Mädchen“ mit blonder Perücke und weißem Kleid in Schale geworfen. Allerdings gab er mit Blick auf seine pinken Stöckelschuhe nach wenigen Metern Zoch-Weg zu: „Die Füße tun schon ein bisschen weh.“ Aber was mache man nicht alles für seinen Schulleiter.
Der Elternbrief, die Kinder bitte verkleidet zur Schule zu bringen, war auch in den sozialen Medien fleißig geteilt worden. So kamen dann auch viele Weggefährten.
Auch Ulrich Lindner-Moog, viele Jahre Konrektor unter Willy Gemünd und mittlerweile Schulleiter der Mechernicher Grundschule, zog mit. „Das habe ich mir nicht nehmen lassen beim Karnevalszoch für Willy dabei zu sein. Der war immer seine Herzensangelegenheit.“
Kein Schnee, sagte die Wetter-App
Lindner-Moog hatte für den Ehrentag vorab die Wetter-App befragt. „Das Schöne ist, das die diesmal keinen Schnee vorhergesagt hat“, sagte er schmunzelnd. Denn mit den tanzenden Flocken und eisiger Kälte hatten die Pänz im Februar oft zu kämpfen.
Auch Erik Pühringer, Regionaldekan der GdG Mechernich, hatte vom Plan erfahren und war mit Narrenkappe nach Kommern gekommen. Für ihn war klar: „Ich mache das, weil Willy es verdient hat.“
Der Lindwurm mit rund 300 Kindern führte – wie der alljährliche Kinderzoch an Weiberfastnacht – mitten durchs Dorf. Passanten und Anwohner machten große Augen angesichts der bunten Kostüme. Viele Eltern säumten den Weg. „Willy Gemünd… Alaaf“, hörte man begeistert aus den Fenstern rufen. „Es war sehr schön“, lautet dann das Fazit von drei Kommerner Damen.
Falschen Weg eingeschlagen
Die Lebensgefährtin Gemünds war eingeweiht. Als Chauffeurin des Schulleiters für die Hinfahrt zur Schule auserwählt, „verfuhr“ sie sich prompt (aber geplant) auf dem Weg zur Schule. „Was machst Du, Du musst an der Ampel abbiegen!“, habe er vom Beifahrersitz kurz vorm Ziel erstaunt gefragt.
Zum krönenden Abschluss gab es nach dem Zoch für jeden noch ein Eis auf dem Schulhof. In der Aula erhielt Willy Gemünd im Beisein von Schülern und Kollegium Klassen- und Schulorden überreicht. Tschüss, Willy! Es war ein herrlich jecker Abschied.
Weitere Daten
Willy Gemünd geht nach 27Jahren als Schulleiter an der Katholischen Grundschule Kommern in den Ruhestand. Eigentlich war sein Weggang schon für 2017 geplant. Weil aber kein Nachfolger in Sicht war, hatte er eine Verlängerung seiner Dienstzeit bei der Bezirksregierung beantragt.
31 Jahre war er im Stadtgebiet Mechernich beschäftigt. Zunächst vier Jahre als Konrektor der Mechernicher Grundschule, die weitern 27 Jahre wirkte er in Kommern als Schulleiter. „Schule muss menschlich bleiben“ lautete sein Credo.
Der Schulleiter hat viel bewegt und die Schule vorangebracht. Der Schulhof ist mit seinen vielseitigen Spielmöglichkeiten – vom modernen Klettergerüst bis hin zum praktischen Fußball-Feld – zum Vorzeigeobjekt geworden. 1991 hatte er in Kommern angefangen. „Ich gehe mit einer gewissen Wehmut – allein der Pänz wegen!“
Den närrischen Lindwurm rief er 2002 für die Kleinen, Kommern und für die Region ins Leben – entgegen so mancher Zweifel, die in den Anfängen in seinem Umfeld laut wurden. Der Zoch etablierte sich und zog schnell und immer wieder tausende Besucher in den Ortskern des Dorfes.
pp/Agentur ProfiPress