Wichtiger Schritt für die Stadtentwicklung
Bürgerversammlung zu neuen Baugebieten: Verwaltungsspitze und Planer erläuterten Pläne – Befürchtungen und Kritik mit Fakten entkräftet
Mechernich-Kommern – Zahlreiche Anwohner in Kommern-Süd und Mechernich-Nord sind nicht einverstanden mit den Plänen der Stadt Mechernich, dort drei neue Baugebiete zu schaffen. Zu einer Bürgerversammlung, zu der die Stadt Mechernich ins Kommerner Bürgerhaus eingeladen hatten, erschienen mehr als 200 Anlieger, um ihrem Ärger Luft zu machen.
Sie äußerten vor allem ihre Bedenken hinsichtlich des zu erwartenden zusätzlichen Verkehrsaufkommens und ihre Ängste, dass die weitere Bebauung ähnlich dramatische Hochwasserereignisse wie in den vergangenen Monaten provozieren könnte. Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, Stadtplaner Thomas Schiefer, Wilfried Claesgens vom mit der Entwässerungsplanung beauftragten Ingenieurbüro Gotthard und Knipper in Gemünd sowie der Verkehrsplaner Dr.-Ing. Peter Sienko vom Ingenieurbüro Isaplan aus Leverkusen bemühten sich, mit Fakten die Befürchtungen zu entkräften.
Peter Sienko erklärte, dass die voraussichtlich zirka 520 Neubürger in den drei neuen Wohngebieten zu 950 zusätzlichen Fahrbewegungen pro Tag führen würden, die sich auf drei Anschlusspunkte verteilen. „Darin eingerechnet sind beispielsweise auch schon die Fahrten der Müllfahrzeuge und etwaige Lieferdienste“, betonte er und sprach von einer auch zukünftig aus verkehrsplanerischer Sicht „sehr entspannten Verkehrssituation“. Den Berechnungen seines Büros zufolge erreiche keine der Straßen die Einstufung als so genannte Sammelstraße, stattdessen bewege man sich hinsichtlich des prognostizierten Verkehrsaufkommens im Bereich zwischen Wohnweg und Wohnstraße. Für Teile des Mechernicher Weges gebe es sogar eine Entlastung.
Auch Wilfried Claesgens wurde nicht müde, immer wieder die Planungen hinsichtlich der Entwässerungen bis ins Detail zu erläutern. Tatsächlich werden im Zuge der neuen Bebauung Maßnahmen geschaffen, die für die Bürger in Kommern und Mechernich eine erhebliche Verbesserung des Hochwasserschutzes bedeuten. So sollen beispielsweise die aktuell bestehenden beiden Versickerungsbecken in Mechernich-Nord durch ein riesiges Rückhaltesystem mit rund 4.000 Kubikmetern Stauraum unterhalb des Neubaugebiets „Auf dem Wacholder“ ersetzt werden. Ein weiteres Becken soll unterhalb von Kommern-Süd entstehen. So nimmt der Wasserabfluss im Raum Mechernich-Nord/Kommern-Süd trotz der zusätzlichen Bebauung keinesfalls zu, vielmehr kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der aktuellen Entwässerungssituation.
Eine Bürgerin warf der Verwaltung vor, die Nahversorgung zu vernachlässigen, Brötchen etwa könne man nur noch kaufen, indem man sich ins Auto setze. Dass es nicht gelungen sei, in Mechernich-Nord einen Bäcker anzusiedeln, sei vor allem dem Kaufverhalten der Leute geschuldet, entgegnete Thomas Schiefer: „Sobald das Brötchen irgendwo zwei Cent billiger ist, kaufen die Leute dort ein, das ist die Erfahrung.“
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und Stadtplaner Thomas Schiefer betonten unisono, von welch großer Bedeutung die beiden Erweiterungsflächen in Mechernich-Nord sowie das dritte Neubaugebiet „Am Großen und Kleinen Bruch“ in der Randlage von Kommern-Süd für die Stadtentwicklung sind: „Es geht um die Bevölkerungsstruktur und darum, wie wir mit dem demographischen Wandel umgehen. Nur durch Neubaugebiete können wir die Bevölkerungszahl stabil halten.“ Sinkende Einwohnerzahlen würden dazu führen, dass wichtige Punkte der Infrastruktur wie etwa Schulen oder Kindergärten nicht mehr erhalten werden können oder sich die Kosten zum Beispiel für Wasser- und Abwassergebühren erheblich verteuern würden. Vor diesem Hintergrund habe der Rat der Stadt Mechernich bereits im Jahr 2000 dem Gebietsentwicklungsplan, der die drei Neubaugebiete einschließt, einstimmig zugestimmt.
„Die Grundstücke sind fast alle verkauft“, stellte Bürgermeister Schick klar. Die Nachfrage aus den Ballungsräumen sei enorm. Kein Wunder angesichts des Vergleichs, den Thomas Schiefer eingangs angestellt hatte: Ein 136-Quadratmeterhaus mit sechs Zimmern auf einem 750 Quadratmeter großen Grundstück ist in Mechernich zum Preis von 189.000 Euro zu haben, in Köln-Widdersdorf kostet das gleiche Haus auf einem halb so großen Grundstück mehr als das Doppelte, nämlich 409.000 Euro.
Zu einem Konsens zwischen Bürgern und Verwaltung kam es auch nach dreistündiger Diskussion nicht. „Es ist eine maßgebliche Entwicklung, aber auch ein abschließender Prozess in diesem Bereich, denn die Landesregierung setzt uns durchaus Grenzen hinsichtlich der Nutzung des Naturraums“, sagte Erster Beigeordneter Thomas Hambach nach der Versammlung im Gespräch mit der Agentur ProfiPress. Dass kritische Stimmen laut würden, so Hambach, sei verständlich und nachvollziehbar. „Doch letztlich wird es so sein, dass mit Ausnahme der äußeren Häuserreihe kaum ein Anlieger etwas von den Veränderungen zu spüren bekommt.“ Auch der Erholungsraum bleibe in seiner Grundform erhalten, hatte Thomas Schiefer zu Beginn der Versammlung klargestellt. Alle Anregungen und Bedenken, so Hambach würden berücksichtigt und ins Planverfahren einfließen.
pp/Agentur ProfiPress