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Waschen, rubbeln, bleichen

Großer Waschtag im LVR-Freilichtmuseum Kommern – Kleine und große Besucher kamen, staunten und machten kräftig mit – Wohlhabende wuschen nur zwei, drei Mal im Jahr, ärmere Leute mit weniger Wäsche in der Truhe jeden Monat

„Ist denn auch wirklich alles sauber?“ Mutter und Tochter begutachten ihre Arbeit. Foto: Paul Düster/pp/Agentur ProfiPress

Mechernich-Kommern – Mit der Frage, was Bleuel, Waschbrett, Stampfer oder Bleiche sein könnten, sind heute nicht nur Kinder überfordert. Bereits in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts traten Waschmaschinen und Schleudern ihren Siegeszug an. Heute lebt in Mitteleuropa kaum noch eine Hausfrau, die ihre Wäsche „auf der Hand“ wäscht – sieht man einmal von besonders wertvollen und empfindlichen Woll- oder Seidenstoffen ab.

Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein war das Waschen eine schwere körperliche Arbeit, die fast ausschließlich von Frauen verrichtet wurde. Das LVR-Freilichtmuseum Kommern demonstriert seit nunmehr 15 Jahren, wie die „Große Wäsche“ vor dem Waschautomatenzeitalter bewältigt wurde. Am Sonntag strömten wieder viele Hundert Menschen in die Baugruppe Niederrhein auf den Heyerhof aus Korschenbroich, um den Museumsbäuerinnen und Hauswirtschafterinnen bei ihrem aufwändigen Handwerk zuzuschauen und auch selber die alten Geräte zum Reinigen der Wäsche auszuprobieren.

Zu sehen gab es ebenso eine manuelle Wäschetrommel, die anstelle eines Elektromotors von Hand angekurbelt wurde, aber auch das gute alte Waschbrett fehlte nicht. Auch eine so genannte Waschglocke konnten die Besucher bestaunen. Sie diente dazu, Sauerstoff in die Wäsche zu transportieren – eine Aufgabe, die heute von Waschmitteln chemisch besorgt wird. Schließlich war auch ein ganz besonderes Ausstellungsstück zu bewundern: Eines der ersten „Miele“-Waschfässer. Das rund 120 Jahre alte Gerät wurde noch mit Muskelkraft betrieben.

Das Museumspersonal gab in authentischen Gewändern gerne und kompetent Auskunft aus vergangenen Zeiten. Früher, berichteten die Museumsmitarbeiter, wurde ganze Tage lang gewaschen, dabei teilten sich die Frauen die Arbeiten auf. Eine übernahm das Einweichen, eine das Rubbeln und eine das Bleichen. In großen Höfen war eine Magd abgestellt, die währenddessen für das leibliche Wohl der Waschfrauen zu sorgen hatte.

Sie stand in der Küche und bereitete herzhafte Speisen zu, um ihre Kolleginnen, die mit der harten körperlichen Arbeit beschäftig waren, zu verköstigen. In wohlhabenden Häusern gab es zwei oder drei solcher Waschtage im Jahr, ärmere Familien mit weniger Vorratswäsche in der Truhe mussten einmal im Monat ran.

In ländlichen Regionen gab es keine Waschhäuser und Großwaschküchen, wie in der Stadt. Die Arbeit wurde daheim oder an öffentlich zugänglichen Plätzen, Bach- und Flussläufen bewerkstelligt, in deren Nähe musste es natürlich auch Wiesen geben zum Auslegen der weißen Wäsche, die in der Sonne gebleicht wurde. Auch heute noch erinnern Straßennamen wie „Bleichstraße“ oder „Auf der Großen Bleiche“ an diese Plätze.

Natürlich wurde darauf geachtet, dass Hühner oder Gänse auf solchen Bleichwiesen nicht frei herumlaufen konnten, denn sonst wäre die ganze Arbeit umsonst gewesen. Auch musste immer genügend Wasser in der Nähe sein. Denn die auf dem Gras ausgelegte Wäsche musste zum Bleichen immer nass gehalten werden, „sonst brennen sich die Flecken ein“, erklärte Museums-Wäscherin  Brigitte Richartz den Besuchern. Denn unter der Einwirkung des Sonnenlichts entwickle das Gras Bleichsauerstoff.

Als Waschmittel wurde früher Buchenholzasche benutzt, entweder in ein Säckchen eingenäht oder einfach in das kochende Wasser gestreut. Damit wurde die Wäsche bereits am Vortag des eigentlichen Waschtags eingeweicht. Der Schmutz wurde am Waschtag selbst von Hand auf dem Waschbrett aus den Fasern gerubbelt und gerieben. „Moderne Bekleidung würde diese Behandlung nicht lange aushalten. Das geht nur mit dem damals verwendeten Leinentuch gut“, erläuterte Brigitte Richartz den Besuchern im Freilichtmuseum.

Um 1940 brachte die Erfindung des Wäschestampfers eine kleine Revolution in die Waschküchen. Denn damit konnte man den Sauerstoff zur Reinigung in die Wäsche bringen, ohne sich die Hände nass zu machen. „Das war schon eine große Erleichterung, nicht umsonst gibt es das geflügelte Wort »Du hast Hände wie ein Waschweib«“, sagte Brigitte Richartz. Bevor man diesen Vorgang durchführen konnte, wurde der grobe Schmutz auf einem Waschbrett mit einem flachen Waschstein aus der eingeweichten Wäsche geklopft und gerubbelt.

Seife sei nur bei besonders hartnäckigen Stellen wie am Kragen oder den Manschetten benutzt worden, so Richartz. Ansonsten musste das Einweichen der Wäsche in kochendem Wasser zusammen mit Asche reichen. Anschließend wurden die Seifenrückstände in klarem Wasser ausgewaschen und nach dem kräftigen Auswringen zum Trocknen auf die Leine gehangen. Allerdings war auch nach dem Waschtag für die Frauen keine Freizeit angesagt. Dann nämlich wurde geflickt, gemangelt und gebügelt, ehe die saubere Kleidung wieder in die Wäschetruhe wandern konnte.

Bei schönem Sommerwetter mit angenehmen Temperaturen zählte das LVR-Freilichtmuseum Kommern alleine am Sonntag rund 1500 Besucher bei der „Großen Wäsche“. Der stellvertretende Museumsleiter Dr. Michael H. Faber war mit der Resonanz hochzufrieden: „Die »Große Wäsche« gehört zu unseren Traditionsveranstaltungen und wird von Groß und Klein wie auch von Männer und Frauen gleich gut angenommen. Daher wird der Waschtag auch 2013 wieder zum Terminplan gehören.“

 pp/Agentur ProfiPress