Spüren, fühlen, staunen
„Duo Reflexivo.org“ gewinnt Hörende mit Haut und Haar – Förderverein Mechernich hatte zum Frühjahrskonzert ins Kreiskrankenhaus Mechernich eingeladen – Weitere Konzerte sind geplant
Mechernich – Töne wie Meeresrauschen vermischen sich andächtig mit leicht sphärischen Klängen. Schon die ersten Klänge „entwaffnen“ den Zuhörer im St. Elisabethsaal. Tief breitet sich die Musik durch das Ohr bis zum Bauchraum aus, lässt drinnen Emotionen und Entspannung frei, löst leichte Glücksströme aus und gewinnt den Hörenden mit Haut und Haar. Beim sinnlichen Konzert des „Duo Reflexivo.org“ im Kreiskrankenhaus Mechernich, das mit Unterstützung des Fördervereins präsentiert werden konnte, darf man spüren, fühlen und staunen.
Das Duo, das ist auf der einen Seite Nicole Besse, die diplomierte Instrumentalpädagogin und Orchestermusikerin, die am Gymnasium Am Turmhof ihr Abitur absolvierte, seit 2015 am Musikpädagogischen Institut der Universität zu Köln unterrichtet und zudem internationale Vorträge und Workshops hält. Zum Duo gehört auf der anderen Seite Sara Hubrich, die Violine und Viola in Hannover studierte und in London, Köln und Pratjau lebt und arbeitet. An der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf und an der Hochschule Darmstadt forscht und lehrt sie zur „Zukunftsmusik“ und „Die Muse küsst und dann….“. Am Klavier begleitet sie bei diesem Konzert der studierte Kirchenmusiker und Kantor in Zülpich, Holger Weimbs.
Mit ungewöhnlichen, dennoch nicht unbekannten Werken zeigen die Protagonisten eine breite Bandbreite und vor allem ihr Können. Äußerst harmonisch wirken sie in Wilhelm Friedemann Bachs Duo aus „Drei Duette F. 60-62“. Besonders rhythmisch mitreißend dagegen beim Polstertanz des Béla Bartók für zwei Violinen. Bittersüßes Melisma bietet Nicole Besse mit ihrer Singstimme bei „Music for a while“ aus „Oedipus“. Auch schwingt eine schauspielerische Note mit, etwa wenn Besse und Hubrich Henry Purcells „My dearest, my fairest“ keck anstimmen.
Musik für Patienten
Doch gibt es neben den Klängen weiteres zu erzählen. Uta Horstmann, eine ausgebildete Musiktherapeutin, bringt Musik ins Mechernicher Krankenhaus. Ein Projekt, das der Förderverein gerne unterstützt und das Ergebnisse vorweisen kann.
„In der Geriatrie und deren Tagesklinik gab es jetzt schon einige Singkreise, es gab aber auch Momente, in denen ich Klangschalen, Gitarre oder die Stimme ans Krankenbett getragen habe und mit den bettlägerigen Patienten gesungen habe oder ihnen eine kleine Begleitmusik für den Tag mitgegeben haben“, so Horstmann.
Es gebe mittlerweile viele Menschen, die nachfragten, wann denn die Musik denn wiederkomme. Die intensive Resonanz auf der Station macht schon jetzt eine entspanntere Atmosphäre spürbar. Einige Kostproben hatten auch schon die kleinen Patienten auf der Kinderstation. Das Projekt ist auf drei Monate bisher angelegt, dann wolle man Erfahrungen sichten, berichtet die Musiktherapeutin.
Zahlreiche Studien, die belegten wissenschaftlich, dass die Vibrationen feinstofflich wirken. Bei Frühchen setze nachweislich die Entspannung ein, erklärt Besse: „Das sind Schichten des Erlebens, die man sonst gar nicht erreicht. Die Vibrationen sind sehr intensiv. Vor allem, wenn die Mutterstimme noch dazu singt.“ Präventiv werde die Methode zum Beispiel bei schweren Operationen eingesetzt, vorab können Patienten leichter und tiefer entspannen und brauchen weniger Narkotika.
Englische Brexit-Note
„Art breaks it“ – Musik überwindet Grenzen – der Titel des Programms sei bewusst gewählt worden, angesichts des Brexit-Desasters, das Großbritannien der EU bereite. Hubrich hat lange in London gelebt. „Heute ist der Stichtag, der uns besonders viel Sorge bereitet und noch bereiten wird, viele Familien sind verunsichert. Und: Wie arm wären wir, dürften wir nur Musik aus unserem eigenen Land hören und spielen.“ so Besse. Aus diesem Grund hat man dem Abend eine englische Note gegeben.
Mit herzlichen Worten begrüßt Manfred Herrmann, Geschäftsführer Kreiskrankenhaus Mechernich die zahlreichen, interessierten Zuhörer. Der Eintritt zu dem Konzert war frei, um Spenden war gebeten worden. „Der Reinerlös unseres heutigen Benefizkonzertes kommt dem Förderverein zugute“, so Ralf Claßen, der neue Vorsitzende des Fördervereins.
Offiziell verabschiedet wird am Abend auch Wolfram Königsfeld als nun ehemaliger Vorsitzender des Fördervereins. 2003 war er als Nachfolger von Helmut Rosen, dem ehemaligen Stadtdirektor Mechernichs gewählt worden. „Wolfram Königsfeld hat den Förderverein mit seiner ruhigen und diplomatischen Art hervorragend geführt, geprägt und weiter entwickelt. Der Förderverein und auch das Krankenhaus haben ihm viel zu verdanken“, sagt Claßen anerkennend.
Der Dezernent der Stadt Mechernich verrät, dass Nicole Besse für den Vorstand als Kulturbeauftragte gewonnen werden konnte. Im Laufe des Jahres sollen weitere Konzerte angeboten werden, das nächste voraussichtlich im Sommer.
pp/Agentur ProfiPress