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Mechernich kämpft weiter für die Fachhochschule

Mechernich kämpft weiter für die Fachhochschule
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick und die Ratsfraktionen kritisieren “Alleingang von Landrat Rosenke am Kreistag und den Bürgermeistern vorbei”
Mechernich – Die Stadt Mechernich wollte und sollte eine der geplanten neuen Ingenieurs-Fachhochschulen in NRW als infrastrukturellen Ausgleich für vom Bleiberg abziehende Bundeswehreinheiten bekommen. Unter anderem hatte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick Ministerpräsident Jürgen Rüttgers auf höchster und den Euskirchener Landrat Günter Rosenke auf örtlicher Ebene um Mithilfe, Unterstützung und Wohlwollen gebeten.
Das sagte der Landrat auch zu, dessen Wirtschaftsförderungsabteilung ebenso in die Überlegungen mit einbezogen wurde wie die Aachener Gesellschaft für Innovationstransfer (AGIT) und die Fachhochschule Aachen selbst. Bürgermeister Hans-Peter Schick: “Verhandelt hat der Landrat dann im Geheimen, weder der Kreistag noch die Bürgermeister wurden informiert.”
Vollendete Tatsachen
Am Ende dieser Geheimbemühungen stellte Landrat Günter Rosenke jetzt die Bürgermeisterkonferenz des Kreises Euskirchen vor vollendete Tatsachen. Und die lauten: Rosenke hat sich mit Aachener Professoren hinter verschlossenen Türen darauf verständigt, dass der Kreis Euskirchen eine FH für Ingenieure im Ungang mit dem Werkstoff Holz erhalten soll.
Als Standorte ausgeguckt wurden Nettersheim wegen des dort bereits befindlichen Holzkompetenzzentrums – und Euskirchen wegen des Vorhandenseins von computergesteuerten Fräsmaschinen und dergleichen Maschinenpark am BZE. Mechernich aber, die zweitgrößte Kommune im Kreis, die dazu zurzeit noch von massivem Truppenabbau der Bundeswehr bedroht ist, soll leer ausgehen.
Bürgermeister Schick und mit ihm die Stadtratsfraktionen fielen aus allen Wolken – und formulierten schärfsten Protest. Sowohl Radio Euskirchen als auch die beiden Tageszeitungen vor Ort berichteten groß und ausführlich über die geplante Fachhochschule und die Umstände, wie die Stadt Mechernich ausgebremst wurde. Bürgermeister Schick sprach in den Interviews von “Politik nach Gutsherrnart”, “Arroganz” und “selbstherrlicher Art” Rosenkes.
Im Stich gelassen
Insgesamt fühle sich die Stadt Mechernich von Rosenke und dem scheidenden Bundestagsabgeordneten Dr. Wolf Bauer “im Stich gelassen”. Bauer habe im vergangenen Jahr offensichtlich nur dem Schein nach für den Bundeswehrstandort Mechernich verhandelt, aber letztendlich eine Garantie für den Bestand der Euskirchener Mercator-Kaserne und ihrer Einheiten erwirkt – zu Ungunsten Mechernichs, das die 400 Mann starke Luftwaffeninstandhaltungsgruppe 23 im Jahre 2009 nach Niedersachsen ziehen lassen muss.
Bürgermeister Schick sagte heute in einem Interview mit der Agentur ProfiPress, Rosenke und Bauer schrieben “zwar Briefe nach Düsseldorf und Berlin”, aber ein wirkliches Interesse an den Problemen der Stadt Mechernich sei nicht erkennbar. Die Stadt am Bleiberg werde im jüngsten Fall von Benachteiligung allerdings nicht klein beigeben, sondern die Bewerbung Mechernichs um Ansiedlung einer FH im Zusammenhang mit Mechatronics und der Papierverarbeitung aufrechterhalten.
Zweiter Besuch bei Innovationsminister Pinkwart
Dazu wollen Bürgermeister Hans-Peter Schick und die übrigen Stadtväter auch persönliche Kontakte in Düsseldorfer Ministerien hinein nutzen. Unter anderem ist in Kürze ein zweiter Besuch bei Professor Andreas Pinkwart, dem Innovationsminister des Düsseldorfer Landeskabinetts, geplant. Bürgermeister Schick und sein Euskirchener Kollege Uwe Friedl hatten in Sachen Fachhochschule Ministerpräsident Rüttgers auch angeschrieben.

Auch die Stadtratsfraktionen teilen Schicks Empörung über den heimlichen Alleingang des Landrats in Sachen Fachhochschule. Der Journalist Dr. Michael Thalken schreibt: “Angesichts des massiven Arbeitsplatzverlustes am Bundeswehrstandort Mechernich sucht Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick nach infrastrukturellen Alternativen für seine Stadt.” Dabei dürften die Verantwortungsträger Schick und seine Kommune nicht alleine lasse, fordert Thalken in einem Kommentar im “Kölner Stadt-Anzeiger”.
Darin heißt es unter anderem: “Aus seiner Fürsorgepflicht für die Stadt Mechernich kann der Kreis Euskirchen sich allerdings so nicht stehlen. Gemeinsam mit der Stadt muss jetzt intensiv nach Alternativen zur drohenden Industriebrache am vielleicht bald schon entmilitarisierten Bleiberg gesucht werden.
750 Arbeitsplätze auf dem Spiel
Und dabei sollten diesmal wirklich nur die Stadt Mechernich und ihre besonderen Probleme als bröckelnde Garnisonsstadt im Zentrum der Überlegungen stehen, nicht kreisweite Interessen, die – auch wenn sie zu einem insgesamt positiven Ergebnis führen – in Mechernich derzeit niemandem weiterhelfen.”
Thalkens Kollege Ronald Larmann schreibt in der “Kölnischen Rundschau”: “Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick ist mächtig sauer. Die Bundeswehr in seiner Stadt Mechernich wird immer kleiner, nach dem beschlossenen Weggang der Luftwaffeninstandhaltungsgruppe 23 (LIG 23) ist auch die Zukunft des Depots unsicher geworden. Insgesamt stehen bis zu 750 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Ersatz muss her – und so hatte sich Schick bereits im vergangenen Jahr dafür stark gemacht, eine Fachhochschule in die Stadt am Bleiberg zu bekommen.
Doch vorgestern gab es dafür einen gehörigen Dämpfer. Landrat Günter Rosenke verkündete in der Bürgermeisterkonferenz, dass er eine Chance sehe, eine Dependance der Fachhochschule Aachen in den Kreis zu holen. Das Kompetenzfeld sei “Holz” – möglicher Standort sei daher Nettersheim mit dem Holzkompetenzzentrum (HKZ) im Verbund mit dem Berufsbildungszentrum (BZE) in Euskirchen.
“Es reicht nicht aus, schöne Briefe zu schreiben, es müssen auch Taten folgen”, kritisiert Bürgermeister Schick den Landrat, der jetzt in Sachen drohender Depotschließung in Mechernich einen so genannten “offenen Brief” an Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung geschrieben hatte, der außer an den eigentlichen Adressaten an die Medien verschickt wird.
Regionalen Konsenz auf eigene Faust hergestellt
Bürgermeister Hans-Peter Schick stört die Vorgehensweise des Landrats in Sachen Fachhochschule ganz erheblich. “Das war ein klassischer Alleingang, am Kreistag und an den Bürgermeistern vorbei”, so Dr. Hans-Peter Schick. “Rosenke ist eigenmächtig losgezogen und hat den größeren regionalen Konsens mit Rheinland-Pfalz, Bitburg, Prüm, Düren, Aachen und Ostbelgien gesucht und sich bereits an die FH Aachen gewandt”, sagte der Mechernicher Bürgermeister heute: “Dass der Landrat in seiner selbstherrlichen Art uns hier einfach vor vollendete Tatsachen stellt, ist unerträglich!”
Landrat Günter Rosenke erklärte den Medien auf Anfrage, dass eine Fachhochschule unabhängig ihrer Fachrichtung und ihres genauen Standorts “eine einmalige Chance für den Kreis Euskirchen” darstelle. Da man von den 7500 neuen Studienplätzen bereits 5000 im Ruhrgebiet “festgeklopft” habe, habe er sein Augenmerk vor allem auf die Tatsache gelegt, dass bestehende Fachhochschulen durch Dependancen gefördert werden könnten. Und da biete sich das Cluster Holz von Aachen aus für eine Zweigstelle in der Eifel an.
Der Euskirchener Bürgermeister Dr. Uwe Friedl sagte, die Einrichtung der FH im Kreis Euskirchen sei nach derzeitigem Verhandlungsstand keineswegs sicher: “Der Landrat hat noch keinen Fuß in der Tür, aber immerhin den kleinen Zeh.” Drei Fachhochschulen wollen NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und sein Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart neu eröffnen.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

19.06.2008