Aktuelles

ProfiPress

Agentur für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, journalistische und redaktionelle Dienstleistungen.

Nachrichten

Kreise abschaffen,

Kreise abschaffen,
Kommunen vergrößern
Die Vision aus der Neujahrsansprache des Mechernicher Bürgermeisters Dr. Hans-Peter Schick löst eine kreisweite Diskussion über die von ihm geforderte Kommunalreform aus – Seine Amtskollegen und auch der Landrat teilen Schicks Zukunftsaussichten – Zustimmung auch in Zeitungskommentar
Mechernich/Kreis Euskirchen – Da mag manch einer die Ohren gespitzt haben, als Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick den Gästen beim Neujahrsempfang von einer Vision erzählte: Es gebe nur noch zehn statt 16 Bundesländer sagte der Verwaltungschef, während die Zahl der Städte im Kreis Euskirchen von zehn auf vier gesunken sei, die Kreise selber seien als Verwaltungseinheit abgeschafft und besäßen nur noch Bedeutung als territoriale Bezeichnungen.
“Nur als Beispiel, wie es kommen könnte”, wollte Schick beim Neujahrsempfang seinen Ausblick ins Jahr 2030/31 verstanden wissen – da noch nicht ahnend, dass er mit seiner Idee der Kommunalreform eine kreisweite öffentliche Diskussion auslösen würde.
Vier statt elf Kommunen,
Kreis nur noch ein Name
Der Redakteur Franz-Albert Heinen griff das Thema im “Kölner Stadt-Anzeiger” auf. “Einen echten Knaller”, so kommentierte Heinen, habe Schick in seine Neujahrsansprache eingebaut, fordere er nicht weniger als eine Kommunalreform, mit dem Ziel, neue, zukunftsfähige Gebilde zu schaffen. Dafür brauche man keine “hellseherischen Fähigkeiten”, hatte Schick vor 400-köpfigem Publikum in der Aula des Gymnasiums gesagt. Heinen schrieb in der Stadtanzeiger-Ausgabe vom vergangenen Wochenende: “Schick geht davon aus, dass die derzeitige Kreisstruktur keine große Zukunft mehr hat.” Darauf meldeten sich eine ganze Reihe anderer Bürgermeister zu Wort, die Hans Peter Schicks Forderungen voll und ganz unterstützen.
Schon jetzt hat der demographische Wandel in den Kommunen des Kreises deutliche Spuren hinterlassen und wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass vor allem die kleinen Kommunen weiter schrumpfen. Bereits heute leben in der Gemeinde Dahlem nur noch 4.000 Menschen. In der Gemeinde Hellenthal verteilen sich auf 62 Ortsteile 8.500 Einwohner. “Immer weniger Menschen werden immer höhere Gebühren zahlen müssen, um die kommunale Infrastruktur erhalten zu können”, sagte Schick im Interview mit F.A. Heinen.
Sowohl der Bürgermeister als auch sein Kämmerer, Ralf Claßen, der die Idee einer Kommunalreform unterstützt, haben bereits eine Vorstellung davon, wie die Grenzen der neuen Großkommunen verlaufen könnten: Entstehen müssten dabei mehrere gleich große Gemeinden – ohne dabei den Süden zusätzlich zu schwächen oder den ohnehin starken Norden zu bevorteilen.
Heinen schreibt: “Schick hat allerdings nicht nur die Kommunen im Visier, sondern auch die Kreisverwaltung. Die frühere Landespolitik habe die Bezirksregierungen abschaffen wollen. Heute sei der Trend umgekehrt: Die Regierungspräsidien würden sogar gestärkt. Wenn man auch auf staatlicher Ebene die Verwaltungen billiger machen wolle, bleibe als verzichtbare Behörde nur die Ebene der Kreisverwaltungen übrig.”
Auch, wenn er für seine Vision im Kalender 20 Jahre nach vorne geblättert hat: Angesichts der Tatsache, dass in den nächsten sechs Jahren bundesweit 40 Prozent der Kommunalbeschäftigten altersbedingt ausscheiden, hält Schick die Diskussion um eine Kommunalreform keineswegs für verfrüht.
Dabei ist sich der Chef von Mechernichs Rat und Verwaltung darüber im Klaren, dass seine radikalen Überlegungen mancherorts auch auf Widerstand stoßen werden. Doch wenn der “Selbsterhaltungstrieb der Verwaltungen” größer sei als die Bereitschaft, Aufgaben und Entscheidungsspielräume abzugeben, müssten die neue Strukturen eben durch “Druck von oben” geschaffen werden.
“Die Uhr tickt, Entwicklung
ist nicht aufzuhalten”
“In die richtige Richtung” ziele Schick mit seinen Forderungen, kommentierte Heinen. Dieser müsse sich jedoch auf Gegenwehr gefasst machen. “Aber die Uhr tickt, die Entwicklung ist nicht aufzuhalten, und die schiere Not wird irgendwann der Widerspenstigen Zähmung erzwingen”, so der Redakteur, der glaubt: “Am Ende wird der Innenminister die Gebietsreform anordnen.”
Mehrere von Schicks Bürgermeister-Kollegen haben keine Probleme damit, seine Vision nachzuvollziehen. Heinen hat sich am vergangenen Montag für den “Stadt-Anzeiger umgehört und erfahren: “Fast alle Bürgermeister haben die Misere erkannt.” So etwa Euskirchens Dr. Uwe Friedl, der ihm sagte: “Ich bin der festen Überzeugung, dass man einer Funktionalreform nicht entgehen kann. Die muss zwingend kommen.”
Wie Friedl im Gespräch mit dem Redakteur betonte, schließe er sich Schicks Forderungen nicht erst seit dessen Äußerungen uneingeschränkt an: “Diese Meinung vertrete ich seit mindestens fünf Jahren.”
Und zwar nicht nur im stillen Kämmerlein, sondern auch bei denjenigen, die es direkt betrifft: Gegenüber den Bürgermeisterkollegen und in den Gremien des Städte- und Gemeindebundes. Zu seinem Dahlemer Kollegen Reinhold Müller habe Friedl bereits mehrfach gesagt: “Reinhold, sachlich betrachtet, hast Du keine Überlebenschancen.”
Beim Thema Gemeinschaftsschule zeigt sich, dass die Eifeler Bürgermeister durchaus erkannt haben, dass sie ihre Probleme nicht alleine lösen können. Gleichwohl macht die strikte Ablehnung des “Ahr-biturs” bei den einen und die kompromisslose Durchsetzung der neuen Schulform auf der anderen Seite deutlich, dass nötige Entwicklungen nicht unbedingt einmütig stattfinden. So glaubt auch der Euskirchener Bürgermeister nicht daran, dass es auf freiwilliger Basis zur Reform kommen wird.
“Größere Gebiete sind
mühelos zu verwalten”
Diese Skepsis teilt sein Schleidener Kollege Ralf Hergarten, der daran erinnerte, dass es seit der bislang letzten Gebietsreform 1972 bis heute bestehende Rivalitäten gebe. Aber auch er hält die heutigen Kommunalgrößen nicht mehr für zeitgemäß. Dank technischer Fortschritte ließen sich hingegen auch größere Gebiete mühelos verwalten. Ähnlich äußert sich der Hellenthaler Bürgermeister Rolf Westerburg, der damit rechnet, dass das Thema in spätestens zehn Jahren auf der Tagesordnung stehen wird.
Auch den Landrat hat der “Stadt-Anzeiger” zum Thema befragt und von Günter Rosenke eine deutliche Ansage erhalten: “Wir müssen uns Gedanken machen, ob eine Kommune mit 4.000 Einwohnern noch haltbar ist, oder ob man nicht Mindestgrößen von 20.000 Einwohnern fordern müsste. Da fällt gerade Dahlem natürlich ins Auge.”
Heinen weiter: “Für Rosenke wäre ein günstiger Zeitpunkt für Gebietsveränderungen, wenn Bürgermeister sich ohnehin in den Ruhestand verabschiedeten: »Dann könnte man Nägel mit Köpfen machen, und es wäre sozialverträglich«, scherzte der Kreishauschef. Klar ist für den Landrat: »Die Großen werden was draufkriegen, die Kleinen müssen dran glauben. Die Zeit ist reif.«”
Auch bei der Frage nach der Existenzberechtigung seiner Behörde habe der Landrat “kein Blatt vor den Mund genommen: “Es kann nicht bleiben, wie es ist.”
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

02.02.2011