Kinokult in Hillesheim
Programm statt Blockbuster: „Eifel-Film-Bühne“ feierte Jubiläum – Viele Preise und Auszeichnungen abseits des Mainstreams eingeheimst
Hillesheim – Die „Eifel-Film-Bühne“ in Hillesheim hat Kultstatus. Und zwar nicht nur als Programm- und Kulturkino, sondern auch als Bühne für Konzert, Kabarett und andere Kleinkunst. Seit 73 Jahren gibt es sie als Lichtspielhaus, seit 25 Jahren als Kulturtempel und Programmkino, der auch Filme abseits des Mainstreams zeigt und Dokumentationen und Vorträge von Filmschaffenden oder Fachreferenten bringt.
Die Eifel-Film-Bühne Hillesheim organisiert und zeigt Schulkinowochen, Reihen mit französischen oder britischen Filmen, Themenreihen, Kurz- und Kinderfilme: In der Region ist das ein seltenes Angebot für Cineasten. Am Sonntag, 9. Oktober, wurde das Vierteljahrhundert Eifeler Filmvorführgeschichte gefeiert.
„Ich habe den Kopf voller Filme!“, sagt Betreiberin Christine Runge (62), eine bekennende Cineastin, im Interview mit dem Journalisten Stefan Lieser. Doch als es darum ging, vor 25 Jahren Bestuhlung und Leinwand in dem 1949 gebauten Kino hinter dem Radio- und TV-Fachgeschäft von ihr und Ehemann Günter zu renovieren , war das keine einfache Entscheidung.
„Es war alles ziemlich abgerockt“, so die gebürtige Gerolsteinerin. Hopp – oder topp? Christine und Günter Runge entschieden sich dafür, ins Kino zu investieren. Christine: „Schließlich war die Fortführung ein Herzenswunsch meiner Schwiegereltern.“
13 Vorstellungen die Woche
25 Jahre später sind aus damals acht Vorstellungen pro Woche 13 mit immer zwei Hauptfilmen geworden. Vom anfänglich reinen Wochenendbetrieb ist keine Rede mehr. Im Gegenteil: „Wir zeigen den Film jeden Abend, und wenn es nur ein Besucher ist, der ihn sehen will.“ Mut gehört da schon zu oder eben nur „mein Dickkopf“, wie Christine Runge lachend feststellt.
Stefan Lieser schreibt zum Wochenende in „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Kölnische Rundschau“: „Ausgerechnet im kleinen Hillesheim ein Programmkino anzubieten, auf einnahmeträchtigen Blockbuster und Action-Filme zu verzichten – das ist nicht selbstverständlich.“
Die Fans kommen laut Kölner Tageszeitungen seit Jahren je zur Hälfte aus den Landkreisen Bitburg-Prüm und Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz und aus dem Südkreis Euskirchen. Doch auch von der Ahr oder aus Köln finden Besucher hierhin, um zu sehen, was sie anderswo nicht sehen können.
„In Köln laufen in drei Programmkinos spezielle Dokumentarfilme oder Filme in Originalsprache mit deutschen Untertiteln, abere auch nicht länger als bei uns“, so Christine Runges Erfahrung. Sie ist froh, „dass es mittlerweile eine feste Gruppe von Freunden unseres Kinos gibt, die neugierig sind auf ungewöhnliche Filme“.
221 Sitzplätze und Wandbespannung
Und es gibt nicht wenige, die neben der Neugier auch aus Prinzip zur „Eifel-Film-Bühne“ kommen. Sie warten die wenigen Wochen ab, bis eine Kopie etwa der Komödie „Toni Erdmann“ zu sehen ist. So unterstützen sie den Fortbestand des Lichtspieltheaters mit seinem unverwechselbaren 50er-Jahre-Charme: Wandbespannung, mit Holz eingefasste Sperrsitze im oberen Teil über dem sanft ansteigenden Parkett – alles ist original erhalten. Insgesamt 221 Plätze hat das Kino. Dass eine Eintrittskarte zum Hauptprogramm nur sieben Euro kostet, ist für manch einen vielleicht auch ein Argument, nach Hillesheim zu kommen.
Doch wie findet Christine Runge das, was ihr als Cineastin – und vielleicht auch dem Publikum – gefällt? „Ich fahre zur Berlinale und zum Leipziger Filmfest“ sagt sie im Interview. Sie nimmt einen stundenlangen Marathon bei einem speziellen Preview-Programm für sich und die anderen Mitglieder in der Arbeitsgemeinschaft Kino in Kauf. Stefan Lieser: „Und dann heißt es zugreifen und eine Filmkopie buchen“.
Alleine die Dokumentarfilme, die beim Publikum immer beliebter werden, schlagen mit jeweils an die 1000 Euro Leihgebühren pro Jahr zu Buche. Das sind kleine Summen im Vergleich zur Umrüstung der Projektion auf Digitaltechnik im Jahre 2011. 120 000 Euro teuer war das Ganze – ohne Landes- und Bundeszuschüsse wäre diese Investition nicht zu stemmen gewesen.
Gäbe es die zahlreichen jährlichen Prämien und Auszeichnungen fürs Programm nicht, wäre irgendwann Schluss. Doch Christine und Günter Runge blicken nach vorne: „Das nächste Projekt ist wieder ein Vorhang, der sich vor der Leinwand mit Beginn des Kurzfilms oder Hauptfilms öffnet und danach wieder schließt. Wie es früher üblich war.“
pp/Agentur ProfiPress
PREISE UND JUBILÄUM
Für ihr Filmprogramm hat die „Eifel-Film-Bühne“ in Hillesheim bereits zahlreiche Auszeichnungen eingeheimst. Den Filmtheaterpreis des rheinland-pfälzischen Kultusministeriums gab es von 1994 bis 2015, den Preis für das Kinder- und Jugendprogramm von 2000 bis 2013 und 2015.
Den Filmtheaterprogrammpreis des Staatsministers für Kultur und Medien erhielten die Hillesheimer von 1997 bis 2015 und den Preis für das Kurzfilmprogramm von 2003 bis 2015. Zum ersten Mal wurden die Kino-Macher 2015 mit dem Preis für das Dokumentarfilmprogramm durch das rheinland-pfälzische Kultusministerium ausgezeichnet.
Das 25-jährige Bestehen des Programmkinos wurde am Sonntag mit einer kostenlosen Vorstellung europäischer Kurzfilme für Kinder gefeiert. Am Abend standen ein Festakt und eine Verlosung auf dem Programm. (pp)