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“Arbeitsgruppe Bergbau”

Fakten, Fakten, Fakten
“Arbeitsgruppe Bergbau” trifft sich jeden Dienstag in Anton Könens Studierstube – Erkenntnisse werden in losen Blättern an Interessierte weitergegeben – Das Expertengremium hilft, wenn es gefragt wird, und deckte schon manchen historischen Irrtum auf – Erkenntnisse müssen “wasserdicht” sein
Mechernich – “Arbeitsgruppe Bergbau”
“Auch die Vereinsgeschichte ist ja Teil der Stadtgeschichte”, stellt Könen seine Überzeugung unmissverständlich klar. Man müsse sich daher an die Fakten halten und nicht daran, ob einem so ein Vereinsjubiläum jetzt gerade in den Kram passe oder nicht. Aufgrund seiner Treue zum historisch Gesicherten macht sich der Mechernicher daher nicht immer Freunde. “Aber was will man machen”, sagt er, “wenn man einen Fehler nicht richtigstellt, dann setzt er sich auf ewig weiter fort, und irgendwann lernen selbst die Kinder in der Schule nur noch Unrichtiges.”
Beispiele dafür kann er genug nennen. Vor allem, wenn es um den Bergbau in der Stadt am Bleiberg geht. Da gebe es viele Irrtümer, die immer weiter kolportiert würden. Dass beispielsweise bereits Kelten und Römer in Mechernich Bergbau betrieben hätten, dafür fehle bis heute jeglicher wissenschaftliche Beweis. Dennoch würden manche Honoratioren der Stadt dies immer wieder gern behaupten. Dabei gebe es durchaus andere interessante Dinge, die des Berichtens wert seien. Zum Beispiel, dass man im Tagebau Virginia das Skelett eines Kleinsauriers gefunden habe.
Doch neben seinem Interesse für Vereinsgeschichte ist Könen auch von der Bergbaugeschichte der Stadt Mechernich fasziniert. Jeden Dienstagnachmittag trifft sich daher ein besonderer Kreis von Bergbaukundigen in Könens kleinem Büro in Mechernich. Die “Arbeitsgruppe Bergbaugeschichte”, wie sie sich selber nennt, geht dann bei einem starken Kaffee Fragen rund um den einstigen Bergbau in Mechernich nach, recherchiert, analysiert und wertet Dokumente aus und gibt schließlich ihre Erkenntnisse in Form einer kleinen Loseblattsammlung an jeden, der sie haben möchte, kostenlos weiter. “Hier geht nichts raus, was nicht wasserdicht ist”, sagt Könen selbstbewusst. Und seine beiden Mitstreiter an diesem Nachmittag, Hubert Schomer (80) und Hans-Georg Brunemann (56) (Könens 58-jähriger Sohn Peter Lorenz, der ebenfalls mit zum Team gehört, ist an diesem Nachmittag verhindert) geben ihm Recht. Ein weiterer Mitstreiter, der einstige Mineralaufbereitungsexperte Erich Wegener, ist bereits verstorben. Weiterhin gehörte Günter Conrads jahrelang mit zu der Arbeitsgruppe.
1400 Bilder ausgewertet
Gegründet hat sich die Arbeitsgruppe im September 1994. Damals waren 1400 Negative von der Bergbaufirma Preussag, die bis 1957 Bleibergbau in Mechernich betrieb, aufgetaucht, die leider alle nicht beschriftet waren. Das LVR-Freilichtmuseum Kommern ließ die Negative auf Papier abziehen. Hans-Georg Brunemann, Diplom-Mineraloge in der Grube Wohlfahrt, sollte diese identifizieren. Brunemann betreut seit 1986 Projekte in der geologischen Öffentlichkeitsarbeit. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war er für die TH Aachen und den Deutsch-Belgischen Naturpark am Aufbau von Besucherbergwerken – wie eben auch der Grube Wohlfahrt – und Lehrpfaden beteiligt. Er ist Mitautor zahlreicher Touren-Bücher durch den Nationalpark Eifel, die im Bachem-Verlag erschienen sind.
Brunemann suchte für seine Aufgabe nach Insidern und landete schließlich über Umwege bei Anton Könen. “Ich rechnete damals damit, dass man eineinhalb Jahre benötigen würde, um die Bilder einordnen zu können”, sagt Könen. Und er sollte Recht behalten. Nach besagter Zeit und mit der Hilfe von Menschen, die man auf den Bildern erkannt hatte, konnten fast alle Fotos historisch zugeordnet werden. “Seit dieser Zeit treffen wir uns jeden Dienstag”, so Könen.
Fast zwangsläufig entwickelte die Arbeitsgruppe auch immer mehr Fachwissen rund um den Bergbau. Bis heute machen die Mitglieder allerdings keinen Hehl daraus, dass viele Mechernicher diesem Fachwissen eher ablehnend gegenüber stehen und auf die historischen Erkenntnisse der Arbeitsgruppe verzichten. Anders der “Kölner Stadt-Anzeiger”, der 1997/98 die Ergebnisse über die Bergbaugeschichte in einer mehrteiligen Serie veröffentlichte.
Schon damals machte sich die Gruppe auch Gedanken darüber, wie man das gesamte ehemalige Bergbaugelände am besten unter Schutz stellen konnte. “Denn hier gibt es seltene Tier- und Pflanzengesellschaften”, so Brunemann. Die Bezirksregierung Köln trat denn auch eines Tages an die Gruppe heran. Man habe sich die Ortskunde der Bergbauinteressierten zunutze gemacht und später sei in der Tat eine Unterschutzstellung der empfindlichen Geländebereiche erfolgt.
Sagenhaftes Gedächtnis
Hubert Schomer lobt derweil das sagenhafte Gedächtnis von Anton Könen. Es gebe kaum ein Datum, das er nicht sofort parat habe, wenn es um die Historie seiner Region gehe. “Und wenn es ganz knüppelhart kommt, dann steigt er kurzerhand auf den Dachboden und präsentiert uns nach ein paar Handgriffen genau das Dokument, das wir zur Einordung eines Sachverhalts benötigen.” Schomer selbst hat noch im Mechernicher Bergwerk gearbeitet, bevor er dann 25 Jahre lang für Klöckner-Humboldt-Deutz in Südafrika tätig war und dort die Aufbereitung von Mineralien betreut hat.
“Eine systematische Ordnung habe ich nicht”, gibt Könen zu. Alles ist nach und nach so gewachsen. So bewahrt der Mechernicher neben zahlreichen Originaldokumenten, die ihm oft von Bürgern einfach im Plastikbeutel an die Türklinke gehängt werden, auch 25 000 Zeitungsausschnitte und gut 4000 historische Bilder auf. Könen hat zahllose Aufsätze, Artikel und Chroniken veröffentlicht, von geschichtlichen Abhandlungen über den Bleierzabbau “Auf Spandau” über “Mechernicher Verzällche” (zum Teil mit Maria Schwer) bis hin zu Sammlungen von Märchen und Legenden.
Auf die Frage, ob er etwas über die vielen Toten sagen könne, die der Bergbau gefordert habe und die stets gern verschwiegen wurden, hat er mit wenigen Handgriffe einen kleinen Karteikasten zur Hand, in dem alle von ihm bislang recherchierten Todesfälle aufbewahrt werden. Die Sammlung geht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Jakob Schröder aus Lückerath, so kann man dort beispielsweise lesen, ereilte 1670 durch herabstürzendes Gestein im Stollen der Tod. Später im 19. Jahrhundert heißt es dann immer häufiger lapidarisch “Tod durch Blei”.
“Die Bleikrankheit konnten die Arbeiter nur in der Hütte beim Herauslösen des Bleis aus dem Gestein bekommen, nicht im Bergwerk”, klärt Könen einen weiteren landläufigen Irrtum auf. Im Stollen sei vielmehr die Staublunge ein weitaus größeres Problem gewesen, an dem die Arbeiter erkrankten.
Die Arbeitsgruppe verfügt heute über gute Kontakte zu zahlreichen Museen, die sich wie das Bergbaumuseum Bochum dem Bergbau verschrieben haben oder sich für Werks- und Kleinbahnen interessieren. Auch sie gehören mit zu den bevorzugten Abnehmern der Info-Blätter. Des Weiteren hat die Dienstagsrunde schon beratend fürs Fernsehen gearbeitet. 2005 wurde Könen für seine heimatgeschichtlichen Verdienste mit dem Rheinlandtaler ausgezeichnet.
“Wir wollen diese Blätter, die bislang auch im Kreis- und Stadtarchiv, im Städtischen Gymnasium Schleiden und im Hermann-Josef-Kolleg in Steinfeld gern angenommen werden, jetzt weiter fortsetzen”, berichtet Hans-Georg Brunemann. Geplant sei, mehrere der Einzel-Veröffentlichungen in einer Mappe zusammenzustellen und sie dann als Ganzes anzubieten. Ein Thema könne beispielsweise “Römer und Kelten” sein, ein anderes die Ersterwähnung der Stadt Mechernich im Jahre 1308. Auch diese Erwähnung hat übrigens Anton Könen aufgespürt und damit die 700-Jahrfeier der Stadt Mechernich in die Wege geleitet. “Bei den Aufsätzen handelt es sich jedes Mal um relativ kurze Kapitel, die aber insgesamt ein Ganzes ergeben”, so Brunemann weiter. Selbstverständlich werde das Material auch weiterhin kostenlos zur Verfügung gestellt.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

06.07.2010