Am Mittelmeer und in der Eifel
Im Nationalpark Eifel hat sich offenbar die Sumpfspitzmaus angesiedelt – Forscher aus Bonn untersuchen das Großschutzgebiet – Andreas Wiebe: „Mit Naturschutzbemühungen auf einem erfolgreichen Weg“
Schleiden-Gemünd – Eigentlich ist sie in Westeuropa nicht zu Hause, sondern im Mittelmeerraum. NRW-weit wurde sie zuletzt 1978 bei Freilingen gesichtet. Doch am Urftseerandweg im Nationalpark Eifel ist ein rares Exemplar der Sumpfspitzmaus (Neomys anomalus), der kleinen Schwester der Wasserspitzmaus, entdeckt und vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn identifiziert worden.
Nun will es das Nationalparkfostamt Eifel genauer wissen. Forscher starteten im Sommer detaillierte Untersuchungen in dem Großschutzgebiet. „Wir hoffen, durch die Untersuchungen mehr Informationen zu Verbreitung, Verhalten und Ökologie der hier seltenen Sumpfspitzmaus zu erfahren“, sagte Zoologe Sönke Twietmeyer vom Nationalparkforstamt Eifel.
Kleinsäugerexpertin Janine Schmidt vom Forschungsmuseum Alexander Koenig untersuchte in den vergangenen drei Wochen im Auftrag des Nationalparkforstamts die für Sumpfspitzmäuse attraktiven Lebensräume im Nationalpark. Dazu gehören vor allem die Ufer naturnaher Gewässer mit Hochstaudenfluren wie an der Urft. Die im Rahmen dieser Studie gewonnen genetischen Daten fließen zudem in die internationale Datenbank GBOL (German Barcode of Life) ein. Realisiert wurden die Untersuchungen durch die finanzielle Unterstützung des Fördervereins Nationalpark Eifel.
Mausexpertin Schmidt hat bereits vor zwei Jahren fünf für den Nationalpark repräsentative Lebensräume auf kleine Säugetiere hin unter die Lupe genommen und dabei eine eigene standardisierte Untersuchungsmethodik mit unterschiedlichen Lebendfallen entwickelt. Mit Assistentin Thalia Jentke und Nationalpark-Praktikantin Sophia Austrupp ist sie von den frühen Morgenstunden bis spät in die Nacht unterwegs, um die an insgesamt 50 Punkten aufgestellten drei Fallen zu prüfen und bei Funden die Maus sowie das Habitat, sprich: den Lebensraum rundherum, zu vermessen und zu beschreiben. „Die Tiere sollen möglichst kurz gefangen sein, nicht zu großen Stress haben und schnell ihrer Nahrungssuche und ihrem natürlichen Mäuseleben wieder nachgehen können“, sagte Schmidt. Deshalb werden die Fallen alle fünf bis sechs Stunden kontrolliert.
Rötelmaus, Wald- und Gelbhalsmaus oder die Schabrackenspitzmaus sind die häufigsten Besucher, die vermessen und markiert, wieder in die Freiheit entlassen werden. Befindet sich eine Spitzmaus in der Falle, dann schlagen nicht nur die Mäuseherzen höher. „Könnte es sich vielleicht um eine der sehr seltenen Sumpfspitzmäuse handeln?“ Um hundertprozentige Sicherheit zu erlangen, werden der Maus vorsichtig ein paar Fellproben entzupft, deren DNA im Labor definitiv Aufschluss geben kann. „Wir haben alleine in den Bachbereichen in der vergangenen Woche 160 Mäuse gefangen, das ist verdammt viel“, freut sich die begeisterte Mausforscherin Schmidt. Bisher waren eine bestätigte und zwei eventuelle Sumpfspitzmäuse darunter. Die Tiere zählen wie ihre große Schwester, die Wasserspitzmaus, zu den giftigen Säugetieren. Drüsen unter der Zunge produzieren ein Gift, das kleine Wirbeltiere innerhalb weniger Minuten tötet.
Andreas Wiebe, Leiter von Wald und Holz NRW ist sich sicher: „Die Entdeckung der Sumpfspitzmaus im Nationalpark wird in der Öffentlichkeit sicher nicht so hohe Wellen schlagen wie die großen, auf den ersten Blick attraktiveren Arten wie Wildkatze oder Schwarzstorch. Für uns ist sie aber genauso wichtig, denn die Sumpfspitzmaus ist ein weiterer Beleg, dass wir mit unseren Naturschutzbemühungen im Wald und unseren waldnahen Biotopen auf einem guten und erfolgreichen Weg sind.“
pp/Agentur ProfiPress