21 Katzen in Bürvenich gerettet
Großeinsatz für Tierschützer und Mitarbeiter des Kreisveterinäramtes: Katzen, Hunde und Kaninchen aus einem völlig verwahrlosten Haus in Bürvenich befreit
Bürvenich/Mechernich – Mit einem besonders üblen Fall des sogenannten „Animal Hoarding“ mussten sich am Freitag, 4. März das Kreisveterinäramt und das Mechernicher Tierheim befassen. Aus einem völlig verwahrlosten Haus in Bürvenich befreiten die Mitarbeiter des Kreisveterinäramtes und des Tierschutzvereins Mechernich 21 Katzen, drei Hunde und drei Kaninchen. Die Zustände seien „unvorstellbar“ gewesen, sagt Kreisveterinär Dr. Jochen Weins, der nach eigenen Worten ja schon einiges gesehen habe. „Der Boden in den Zimmern war mit einer dicken Schicht Kot bedeckt und kaum betretbar.“
Eine Katze musste aufgrund zahlreicher eiternder Wunden sofort eingeschläfert werden. Die anderen Katzen wurden bei der Aufnahme im Tierheim erst einmal entwurmt und entfloht.
Bei den Hunden handelte es sich um zwei kleine Malteser, deren normalerweise lockiges weiches Fell zu dicken Platten verfilzt war. Sie wurden komplett beziehungsweise zum Teil geschoren und mussten außerdem wegen eingewachsener Krallen und schlechter Zähne behandelt werden. „Dem Rüden wurden zwölf Zähne gezogen“, berichtet Tierpfleger Björn Hoss. Nach der Schur sei der kleine Kerl tagelang berührungsempfindlich gewesen, weil sich die Haut unter dem verfilzten Fell entzündet hatte.
Der dritte Hund, ein zirka dreijähriger reinrassiger Akita-Rüde, befindet sich in vergleichsweise gutem Zustand. Er wurde wohl auch mehr oder weniger regelmäßig im Dorf ausgeführt, wie Zeugen berichtet hätten. Bewohnt wurde das Haus von einem Paar mittleren Alters und der 15-jährigen Tochter, so der Kreisveterinär. Der Vermieter des Hauses hatte das Kreisveterinäramt informiert, weil ihn Nachbarn darauf aufmerksam gemacht hätten, dass man die Leute seit Tagen nicht mehr gesehen hätte, aber in den Fenstern Katzen zu sehen seien.
Weil die Familie nicht anwesend war, betraten die zur Hilfe gerufenen Tierschützer und Kreismitarbeiter das Haus mit Hilfe des Vermieters. Der Anblick, der sich ihnen bot, war unbeschreiblich. „Es herrschte Chaos“, so Dr. Weins. Alle Räume waren zugemüllt, mit Kot und Urin verdreckt. Die Mieter, die erst vor einigen Monaten eingezogen, aber nie einen Cent Miete gezahlt hätten, seien offensichtlich regelmäßig ein- und ausgegangen. „Der Herd wurde noch vor kurzem benutzt, außerdem haben Nachbarn gesehen, dass sich nachts jemand im Haus aufgehalten hat“, erklärt Dr. Jochen Weins.
Wie er weiter berichtet, habe sich die Familie im Dezember bei ihm gemeldet und sich als Pflegestelle für den Tierschutz angemeldet. Daraufhin habe er dem Haus einen Kontrollbesuch abgestattet. Bei seinem ersten Besuch sei ihm „ein Haufen Pröll“ im Hof aufgefallen. Auf seine Nachfrage habe man ihm erklärt, man habe gerade einen Hoftrödel veranstaltet. „Ansonsten war alles in Ordnung“, so Weins. Zwei Bartagamen habe er jedoch mitnehmen müssen, weil die Reptilien nicht artgerecht untergebracht waren. Bei einem weiteren Besuch habe er niemanden angetroffen, auf die Mitteilung, die er im Briefkasten hinterlassen habe, gab es keine Reaktion.
Seit dem Einsatz hat sich die Familien weder nach dem Verbleib der Tiere erkundigt noch wurde sie in Bürvenich gesehen. Dr. Weins hat Anzeige erstattet und gegen die Familie ein Tierhalteverbot ausgesprochen. Doch der Amtstierarzt geht davon aus, dass die Familie beides ebenso ignoriert wie die mehrfach seitens des Vermieters zugestellte Räumungsklage und sich aus dem Staub gemacht hat. Weins: „Über ihren weiteren Verbleib erfahren wir im Prinzip erst etwas, wenn sie erneut auffällig wird.“ Denn krankhafte Tiersammler sind oft „Wiederholungstäter“.
Für den Leiter der Abteilung „Veterinärwesen“ beim Kreis Euskirchen ist der Fall in Bürvenich einer von vielen. „Animal Hoarding“ habe in den letzten Jahren auch im Kreis Euskirchen stark zugenommen, sagt Weins, der bereits vom „ganz normalen Wahnsinn“ spricht. Als eine Ursache nennt er die zunehmende Vereinsamung: „Immer mehr Menschen leben alleine. Dann holt man sich ein Tier oder zehn. . . “ Da die Tiere in der Regel nicht kastriert seien, gerate die Haltung irgendwann außer Kontrolle.
NRW-weit zähle der Kreis Euskirchen zu den Kommunen mit den meisten Beschlagnahmungen von Kleintieren, sagt Reiner Bauer, Vorsitzender des Tierschutzvereins Mechernich. Er und seine Mitarbeiter im Mechernicher Tierheim haben nun alle Hände voll zu tun mit der Pflege und Vermittlung der in Bürvenich konfiszierten Tierschar.
pp/Agentur ProfiPress