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Mechernich gegen Schulversuch

Mechernich gegen Schulversuch
Sechs Mechernicher Anmeldungen dürfen nicht für die geplante Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim mitgezählt werden – Kein Eingriff in die Wahlfreiheit: Denn sollte der Schulversuch genehmigt werden, dürfen auch Mechernicher und Kaller Kinder die neue Schulform besuchen – 16 zu 15 Stimmen im Mechernicher Stadtrat, nachdem sich die Schulleiter gegen den Schulversuch ausgesprochen hatten
Mechernich – Rechtlich geht es bei der geplanten Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim um einen Schulversuch, dem auch die Nachbargemeinden zustimmen müssen. Bildungspolitisch geht es um die Abwehr von Konkurrenz angesichts dramatisch sinkender Kinderzahlen, also um den Erhalt der eigenen kommunalen Schulen. Staatsbürgerlich schließlich geht es um die Wahl- und Entscheidungsfreiheit von Bürgern.
In diesem Schmelztiegel der Gesichtspunkte wurde die Diskussion um die geplante Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim in den vergangenen Monaten zum hochemotionalen Schlagabtausch. Die Kommunen Kall und Mechernich stehen in der Medienlandschaft im Mittelpunkt, weil sie angeblich den Eltern die freie Wahl der Schule für ihre Kinder nehmen, die sich für einen Besuch der geplanten Gemeinschaftsschule entscheiden wollen.
Landesregierung hat für den
Schulversuch klare Regeln erlassen
“Dabei ist etwas völlig anderes passiert”, so Willi Göbbel, der für die Schulen in der Schulstadt Mechernich zuständige Fachmann im Rathaus: “Es geht um die Gründung einer Schule, die es noch gar nicht gibt, also um einen so genannten Schulversuch.” Göbbel sagte der für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Mechernich tätigen Agentur ProfiPress: “Natürlich herrscht auch in Mechernich weiterhin die freie Schulwahl. Aber für einen solchen Schulversuch hat die Landesregierung eigene Regeln erlassen.”
Ehe ein solcher Schulversuch genehmigt werde, müssten gewisse Kriterien erfüllt werden, darunter eine Mindestzahl von Anmeldungen. Und zwar, um zu sehen, ob die neue Schulform überhaupt auf Sicht lebensfähig ist.
Um nicht wilden Spekulationen bei Schülerzahlen und dem Bau von Wolkenkuckucksschulen Vorschub zu leisten, haben die Nachbarkommunen vom Gesetzgeber ein Mitspracherecht bekommen, ob Anmeldungen aus ihrem Territorium für das Erreichen der Mindestschülerzahlen mitgezählt werden dürfen oder nicht, so Willi Göbbel.
Die Kommunen Mechernich (sechs Schüler) und Kall (sieben Schüler) haben sich verwaltungsseitig gegen die mathematische Berücksichtigung “ihrer” Kinder für den Schulversuch Blankenheim/Nettersheim ausgesprochen. In Kall hat allerdings der Gemeinderat noch nicht entschieden. Willi Göbbel: “Damit sinkt die Schülerzahl unter die für eine Realisierung der geplanten Gemeinschaftsschule erforderlichen 115 Kinder.” Bleibt es dabei, wird das Land die Bildung der neuen Schulform nicht genehmigen.
Gelingt der Schulversuch, ist
Wahlfreiheit wiederhergestellt
“Bekommen die aber aus ihren eigenen Gemeindegebieten oder sonst woher noch die mindestens 115 Anmeldungen zusammen”, so Willi Göbbel, “dann dürfen selbstverständlich auch die sechs Mechernicher Kinder diese dann ja tatsächlich existierende Gemeinschaftsschule besuchen.” Im Fall der Realisierung sei “selbstverständlich” auch wieder die Wahlfreiheit der Eltern gewährleistet.
Die Leiter der Real- und Hauptschule Mechernich, Willy Krause und Heinz Wolfgarten, bezogen am Dienstag im Mechernicher Stadtrat eindeutig Position. Sie rieten davon ab, mit Mechernicher Anmeldungen die geplante Gemeinschaftsschule zu stärken. Werde der Schulversuch nämlich genehmigt, dann werde es in Zukunft womöglich nicht bei den jetzt sechs angemeldeten Schülern bleiben.
Es würden in den folgenden Jahren viel mehr potenzielle Haupt- und Realschüler folgen, weil die Gemeinschaftsschule den Kindern zumindest theoretisch alle Schulabschlüsse bis zum Abitur ermöglichen könnte.
Signifikantere Abwanderungszahlen aber würden in Zukunft den Bestand der eigenen städtischen Mechernicher Schulen gefährden, weil ja parallel demographisch auch die Kinderzahlen in den nächsten Jahren dramatisch zurückgehen. Willy Krause sagte dem Stadtrat zur Frage einer Zulassung von sechs Mechernicher Schülern zu den Anmeldungszahlen der Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim: “Auf Dauer würde das zur Existenzgefährdung des dreigliedrigen Schulsystems am Schulstandort Mechernich führen.” Namentlich die Hauptschule wäre in ihrem Bestand in Frage gestellt und in der Folge vermutlich auch die Realschule als eigenständige Schule.
Mit Petra Kurtensiefen kam die Mutter eines jener sechs Kinder zu Wort, die zur geplanten Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim gehen sollen, falls der Schulversuch genehmigt wird. Die frühere Sekretärin von Stadtdirektor Bernhard Wachter und Mitarbeiterin der Stadtverwaltung Mechernich warb um Verständnis, weil eine nach allen Möglichkeiten und Abschlüssen offene Schulform wie die geplante Gemeinschaftsschule für ihren Sohn Nils ideal sei.
Kampfabstimmung
im Mechernicher Stadtrat
Der Stadtrat entschied sich dennoch gegen eine Zulassung der sechs Mechernicher Schüler zu den 114 Anmeldungen für die Gemeinschaftsschule. Das tat der Stadtrat mit dem zu diesem Zeitpunkt denkbar knappsten Abstimmungsergebnis von 16:15 Stimmen.
Die am Ort erscheinenden Tageszeitungen vermelden in ihren heutigen Ausgaben, CDU und FDP hätten gegen die Berücksichtigung der Mechernicher Anmeldezahlen gestimmt, SPD, Grüne, UWV und die Vertreterin der Linken aber dafür. Wären alle Ratsvertreter da gewesen (zwei fehlten wegen Krankheit), hätte das Abstimmungsergebnis anders ausgesehen, mutmaßten Medienvertreter.
Ohne die sechs Mechernicher Schüler und sieben Kaller Schüler kann die geplante fünfzügige Gemeinschaftsschule Blankenheim/Nettersheim nach dem Erkenntnisstand vom 18. Mai zum Schuljahresbeginn 2011/2012 nicht starten.
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick sagte laut Presseberichten in der Ratssitzung, der ursprünglich geplante Schulzweckverband Blankenheim, Nettersheim, Dahlem, Hellenthal, Schleiden und Kall sei an “Standortanimositäten” gescheitert. Blankenheim, Nettersheim und Dahlem aber hätten mit ihrem neuerlichen gemeinschaftlichen Vorstoß, so Schicks Vorwurf, mit falschen Zahlen operiert. Der Mechernicher Bürgermeister prophezeite für die Zukunft ab Sekundarstufe I eine auf drei, vier Schulstandorte im Kreis reduzierte Bildungslandschaft.
pp/Agentur ProfiPress

Manfred Lang

20.05.2011