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Heilkräuter an „Mariä Himmelfahrt“ gesegnet

Kleiner Freiluftgottesdienst vor dem Schützendorfer Kapellchen in der Baugruppe Eifel des Rheinischen Freilichtmuseums in Kommern

Mechernich – Zeitgleich auf das Event „Zeitblende“, das alljährlich an die Gründungsphase des Mechernicher Freilichtmuseums in Kommern vor über 50 Jahre erinnert, fiel dieses Jahr das katholische Hochfest „Mariä Himmelfahrt“. Am 15. August werden dann auch im Rheinischen Freilichtmuseum „Krautwische“ gesegnet.

Die Teilnehmer des kleinen Freiluft-Gottesdienstes vor dem Schützendorfer Kapellchen in der Baugruppe Eifel und weitere Museumsbesucher konnten anschließend gesegnete Sträuße mit nach Hause nehmen. Museumsbäuerinnen erklären ihnen den Brauch und die Heilkräuter.

Am Samstag nahmen drei Dutzend Menschen an dem Gottesdienst mit dem Ständigen Diakon Manfred Lang teil. Museumsbäuerin Johanna Hilger stimmte Marienlieder an, die Museumsleitung war mit Sabine Thomas-Ziegler und Claus Cepok vertreten.

Im Mechernicher Freilichtmuseum in Kommern fand am Samstag neben dem Gründungsevent „Zeitblende“ auch die traditionelle Kräuterweihe am Hochfest „Mariä Himmelfahrt“ statt. Foto: ml/pp/ProfiPress
Im Mechernicher Freilichtmuseum in Kommern fand am Samstag neben dem Gründungsevent „Zeitblende“ auch die traditionelle Kräuterweihe am Hochfest „Mariä Himmelfahrt“ statt. Foto: ml/pp/ProfiPress

Seit nachweislich 1000 Jahren wurden und werden zu Mariä Himmelfahrt Kräutersträuße in der Kirche gesegnet. Noch vor einigen Jahrzehnten war der Brauch in ländlichen Regionen des Rheinlands verbreitet. Der „Krautwisch“ wird aus verschiedenen Heilkräutern und Nutzpflanzen gebunden.

Je nach Region enthalten die Sträuße sieben bis 99 verschiedene Kräuter. Neben Rainfarn, wildem Oregano, Johanneskraut, Weidenröschen und Großem Wiesenkopf gehören in der Stadt Mechernich auch die vier Haupt-Getreidearten Roggen, Gerste, Weizen und Hafer dazu.

Früher fehlte der Krautwisch in keinem Haushalt. Er schützte Menschen und Vieh vor Krankheit, Feuer und sonstigem Unglück. Bei Krankheit von Mensch oder Tier wurden Teile als Tee oder Aufguss verwendet. Im Frühjahr wurden Wohnhaus und Ställe mit dem Krautwisch ausgeräuchert. Der Krautwisch war nicht nur Haussegen, sondern auch ein langlebiger Hausschmuck.

Museumsbäuerin Johanna Hilger (vorne) band Krautwische für die Museumsbesucher. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress
Museumsbäuerin Johanna Hilger (vorne) band Krautwische für die Museumsbesucher. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Der Krautwisch galt auch als Schutz gegen Unwetter. So verbrannte man bei Gewittern einige Zweige im Herdfeuer. Auch der „Krockwösch“ des Vorjahres wurde nicht einfach weggeworfen, sondern dem Feuer überantwortet. Beim Neubau eines Hauses legte man geweihte Kräuter unter die Türschwelle. Dies sollte Unglück vom Haus und seinen Bewohnern fernhalten.

Wermut, Schafgarbe, Johanneskraut und die Haupt-Getreidearten

Die wohl umfangreichste Liste für Kräuter, die für den Krautwisch mit regionalen Unterschieden genommen werden, stammt von dem Bitburger Schulrat Lentz. Er befragte „seine“ Lehrer, wie der Krautwisch auf ihren Dörfern zusammengesetzt sei (in Klammern die Zahl der Übereinstimmungen) :

Wermut (Batteralsem, Magenkraut) (15), Schafgarbe (Tausendblättchen, Schwarzwurzel, Sichelschnitt, Jungferbrauen) (12), Salbei (Heilkraut) (12), Pfefferminze (11), Dill (11), Rainfarn (Wurmkraut, Jag’ den Teufel, Herrgottsknöpchen, Muttergottesrute) (10), Hartheu (Johanniskraut, Johannisblut, Herrgottskraut, Herrgottsblut, Herz-Jesu-Blut, Hartenau, Hoadenau) (10), Liebstöckel (Liesstock, große Sellerie (9), Beifuß (Beifels, Wischkraut) (8), Weidenröschen (Jungfrauenhaar, Marienhaar, Herrgottshaar) (7), Tausendguldenkraut (7), Raute (Totenkräutchen) (6), Malve (4), Dorsten (Muttergottesbettstroh, Wohlgemut) (4), Kümmel (4), Schachtelhalme (Katzenschwanz) (4), Wegewarte (Zichorie, Mischkraut) (4), Kamille (3), Thymian (3), Sauerampfer (Strof, Strippblättchen) (3), Heidekraut (2), Frauenflachs (Gröllchen) (2),

Der Lückerather Diakon Manfred Lang segnete in einem kleinen Freiluftgottesdienst im Freilichtmuseum Heilkräuter, Erntegaben und Blumen. Foto: pp/Agentur ProfiPress
Der Lückerather Diakon Manfred Lang segnete in einem kleinen Freiluftgottesdienst im Freilichtmuseum Heilkräuter, Erntegaben und Blumen. Foto: pp/Agentur ProfiPress

Melde (2), Sellerie (2), Petersilie (2), Bohnenkraut (2), Fenchel (2), Jakobskreuzkraut (2), Wasserminze (2), Wegerich (2), Rote Flockenblume (Knopfblume, Knoppstrieh (2) und Wiesenfuchsschwanz (2).

In nur je einem Eifeler „Krockwösch“ wurden Augentrost, Dahlie, Ringelblume (Goldblume), Wucherblume, Odermennig (Herrgottsnagelchen), Seifenkraut, Frauenmantel, Skabiose, Bärenklau (Kuhgans), Hirtentäschel (Herzkraut), Hanf, Klette (Kormessen), Schwertlilie, Kauke, Winde, Kleine Brennessel, Rhabarber, Ginster, Hundskamille, Wohlverleih, Rettich, Eibisch (Herbströschen), Huflattisch, Donnerkraut oder Dachwurz, Beinwell, Königskerze oder Wollkraut, Hohlzahn (Dannessel), Ziest, Wasserbraunwurz (heidnisches Wundkraut), Betonia, Wolfsfuß, Fuchsschwanz (Amaranthus) und Erdrauch (Zitterkraut) ausgemacht.

Diakon Lang brachte in seiner Predigt Marienverehrung mit dem alten Kräuterbrauch überein. Der Festtag Mariä Himmelfahrt sei in der Eifel immer auch ein Tag, mit Maria für Gottes gute Gaben zu danken, auch für die Schönheit der Natur, ihre heilvolle Kraft und den Segen der Erntegaben.

Von Ort zu Ort unterschiedlich, aber immer verbindlich ist die Zusammensetzung des „Krautwischs“, was die Art und Zahl der darin enthaltenen Kräuter anging. Immer spielte die Zahl eine Rolle, egal ob es sieben (Schöpfungstage) Kräuter sein mussten, neun (dreimal drei = Dreifaltigkeit), zwölf (Apostel, Stämme Israels), 24 (Altes und Neues Testament, 12 Stämme Israels plus 12 Apostel) oder sogar 72 (Jünger Jesu).

pp/Agentur ProfiPress